![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
60. Auszug aus dem Urteil vom 18. August 1986 i.S. Schweizerische Krankenkasse Helvetia gegen K. und Versicherungsgericht des Kantons Zürich | |
Regeste |
Art. 30bis Abs. 3 lit. a KUVG: Kostenauflage. |
- Begriff des leichtsinnigen oder mutwilligen Verhaltens im Prozess (Erw. 5). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Aus den Erwägungen: | |
4. a) Die Krankenkasse stützt ihren Antrag in erster Linie auf den Umstand, dass gemäss dem Wortlaut von Art. 30bis Abs. 3 lit. a KUVG im Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht einzig dem Beschwerdeführer bei leichtsinniger oder mutwilliger Beschwerdeführung die Gerichtskosten überbunden werden können. Das Nichterwähnen des Beschwerdegegners in der ![]() | 2 |
b) Das Eidg. Versicherungsgericht hat in seiner bisherigen Rechtsprechung sich nur in seltenen Fällen zur Regelung von Art. 30bis Abs. 3 lit. a KUVG - bzw. zur identischen Regelung von Art. 85 Abs. 2 lit. a AHVG - ausgesprochen. In EVGE 1968 S. 22 musste es den Fall beurteilen, wo eine Vorinstanz nicht dem Beschwerdeführer, sondern dem Beschwerdegegner die Gerichtskosten wegen leichtsinniger oder mutwilliger Prozessführung überbunden hat. Es gelangte zum Schluss, dass aufgrund des Gesetzeswortlautes diese Kosten-Auferlegung zweifellos unzulässig sei.
| 3 |
Anderseits musste es zur Frage Stellung nehmen, ob die Kosten eines gerichtlichen Gutachtens vom Gericht oder von der Verwaltung zu tragen sind. Es hat sie dahin beantwortet, dass die Begutachtungskosten zu den Gerichtskosten gehören und deshalb vom Gericht übernommen werden müssten; eine Ausnahme von dieser Regel könnte gemacht werden, wenn eine Verwaltungsstelle die Verfügung aufgrund unvollständiger Akten erlassen und durch ihren Leichtsinn das Gericht zur weitern Abklärung gezwungen hat (EVGE 1955 S. 206; RKUV 1985 Nr. 637 S. 196; RSKV 1973 Nr. 167 S. 66 Erw. 4).
| 4 |
c) Im Sinne der letzterwähnten Urteile ist nicht einzusehen, warum nur der Beschwerdeführer (d.h. normalerweise der Versicherte), der sich im kantonalen Verwaltungsgerichtsverfahren leichtsinnig oder mutwillig verhält, die Kosten übernehmen soll; es wäre unbillig, bei einem gleichen Verhalten den Beschwerdegegner (d.h. praxisgemäss meistens die Verwaltung) nicht die gleichen Folgen tragen zu lassen. Entgegen der Auffassung der Krankenkasse kann somit nicht auf ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers geschlossen werden. An der durch EVGE 1968 S. 22 begründeten Praxis kann somit nicht festgehalten werden. Bei leichtsinnigem oder mutwilligem Verhalten sollen jeder Partei die Kosten überbunden werden können.
| 5 |
6 | |
a) Leichtsinnige oder mutwillige Prozessführung kann vorliegen, wenn die Partei ihre Stellungnahme auf einen Sachverhalt abstützt, von dem sie weiss oder bei der ihr zumutbaren Sorgfalt ![]() | 7 |
Leichtsinnige oder mutwillige Prozessführung liegt aber so lange nicht vor, als es der Partei darum geht, einen bestimmten, nicht als willkürlich erscheinenden Standpunkt durch den Richter beurteilen zu lassen; dies gilt auch dann, wenn der Richter die Partei im Laufe des Verfahrens von der Unrichtigkeit ihres Standpunktes überzeugen und zu einem entsprechenden Verhalten (Beschwerderückzug) veranlassen will (unveröffentlichte Urteile Brülhart vom 28. August 1978, Boss vom 9. Juni 1978 und Billari vom 16. Oktober 1967).
| 8 |
b) Vorliegend begründete die Vorinstanz in Gutheissung der Beschwerde die Leistungspflicht der Krankenkasse gegenüber der Versicherten in erster Linie damit, dass die operative Brustverkleinerung nicht blossen kosmetischen Bedürfnissen (wie die Kasse geltend machte), sondern der Behebung von krankhaften Folgeerscheinungen gedient habe. Im übrigen müsste die Krankenkasse ihre Leistung aber auch aufgrund der klaren Kostenübernahmezusicherung erbringen, die sie der Versicherten abgegeben habe, nachdem sie von dieser in genügender Weise orientiert worden sei. Mit der Überbindung der Gerichtskosten werde auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die vorinstanzliche Hauptverhandlung nur wegen mutwilligen Verhaltens der Krankenkasse habe durchgeführt werden müssen. Die Versicherte habe nach Erhalt der Vorladung zur Verhandlung die Unterlagen von vier Ärzten dem Gericht zugestellt; das Gericht seinerseits habe diese Urkunden, die sich zuvor noch nicht bei den Akten befunden hätten, umgehend der Kasse zukommen lassen in der Meinung, diese würde die Beschwerde anerkennen, da sich aufgrund der neuen Unterlagen eine Leistungspflicht der Kasse ohne weiteres ergeben habe.
| 9 |
c) Die Krankenkasse macht ihrerseits geltend, der Vorwurf, sie habe die Beschwerde nicht anerkannt, sei unbegründet. Denn ![]() | 10 |
d) Es mag als wenig verständlich erscheinen, dass die Krankenkasse die Beschwerde nicht "anerkannt" hat, nachdem sie die fraglichen Urkunden zugestellt erhalten und die Rechtsbelehrung des Gerichtes entgegengenommen hatte. Es ist aber zu bedenken, dass eine "Anerkennung" der Begehren der Versicherten erst kurz vor der vorinstanzlichen Hauptverhandlung in Frage gekommen wäre, dann nämlich, als die Versicherte die Belege der vier Ärzte dem Gericht aufgelegt hatte. In diesem Zeitpunkt war die Möglichkeit für die Kasse, ihre angefochtene Verfügung im Sinne von Art. 58 VwVG in Wiedererwägung zu ziehen, längst vorbei. Die Kasse macht daher zu Recht geltend, dass das Gericht auch bei einer "Anerkennung" ein materielles Urteil hätte fällen müssen. Weshalb die Versicherte die genannten Belege erst in einem so späten Prozessstadium auflegte, ist hier nicht zu prüfen; aber es ist klar, dass sich damit für die Kasse eine ganz andere Prozesssituation ergab, als wenn jene Belege von Prozessbeginn an bei den Akten gelegen hätten. Aufgrund dieser Umstände kann das Verhalten der Krankenkasse nicht als leichtsinnig oder mutwillig im Sinne der erwähnten Rechtsprechung erscheinen.
| 11 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |