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64. Urteil vom 5. November 1986 i.S. Krankenkasse ARGOVIA und Kons. gegen Bundesamt für Sozialversicherung und Eidgenössisches Departement des Innern | |
Regeste |
Art. 35 ff. KUVG und Art. 30 Abs. 1 Vo I; Art. 6 des Bundesbeschlusses vom 20. Juni 1980 über die Herabsetzung von Bundesleistungen in den Jahren 1980-1985. |
Die anerkannten Krankenkassen können deshalb während der Geltungsdauer des Bundesbeschlusses keine Vorschüsse (bzw. Zinsen auf nichtgeleisteten Vorschüssen) beanspruchen, wie sie Art. 30 Abs. 1 Vo I in der bis 24. April 1986 gültig gewesenen Fassung vorgesehen hat. | |
Sachverhalt | |
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Im Rahmen der Massnahmen zum Ausgleich des Bundeshaushaltes wurden ab 1978 für die einzelnen Kopfbeiträge Höchstgrenzen festgelegt, die Subventionen an die Kassen ab 1981 um 5% gekürzt und in den Voranschlägen des Parlamentes die Bundesbeiträge plafoniert. Mit dem Wirksamwerden dieser Massnahmen setzte das BSV die Vorschüsse von bisher 80% jährlich stufenweise herab, wobei die Zahlen im einzelnen seit 1980 betragen: 59,3% (1980), 47,52% (1981), 41,52% (1982), 33,19% (1983), 23,89% (1984) und 17,64% (1985).
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Am 10. Juni 1985 und später erliess das BSV zu Lasten der Krankenkasse ARGOVIA und 52 weiteren Krankenkassen eine Verfügung in dem Sinne, dass es die Vorschusszahlungen für das Betriebsjahr 1984 auf 23,89% festlegte und die Verzinsung der geforderten Vorschüsse der Jahre 1980 bis 1984 ablehnte, soweit diese 80% nicht erreicht hatten.
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B.- Namens der 53 Krankenkassen focht das Konkordat der schweizerischen Krankenkassen diese Verfügung beschwerdeweise beim Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) an, dies mit dem Antrag, es seien die Vorschüsse für die Bundesbeiträge gemäss Art. 35 bis 38 KUVG auf je 80% der für das Jahr 1983 abgerechneten Beiträge festzulegen. Das Begehren um Verzinsung schränkte das Konkordat ein, indem es lediglich die Verzinsung des für 1984 nachgeforderten Vorschussanteiles ab 1. Januar 1985 beantragte. Mit Entscheid vom 5. Dezember 1985 wies das EDI die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.
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"1. Der angefochtene Entscheid sei aufzuheben.
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2. Es sei festzustellen, dass den Beschwerdeführern für das Jahr 1984 je ein Vorschuss im Umfang von 80% der für das Jahr 1983 abgerechneten Bundesbeiträge (Art. 35/38 KUVG) zustand.
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3. Es sei den Beschwerdeführern auf den gemäss Ziffer 2 geschuldeten Bundesbeiträgen ein Verzugszins von 5% für die Zeit vom 1. Januar 1985 bis zum Zeitpunkt der Auszahlung der Bundesbeiträge pro 1984 zuzuerkennen.
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4. (Kosten- und Entschädigungspunkt)."
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Das EDI beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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Das Bundesgericht beurteilt auf verwaltungsrechtliche Klage hin Streitigkeiten aus den in Art. 116 lit. a-k OG erwähnten Tatbeständen. Das Eidg. Versicherungsgericht beurteilt als einzige Instanz verwaltungsrechtliche Klagen im Sinne von Art. 116 lit. b-h und k OG auf dem Gebiete der Sozialversicherung (Art. 130 OG). Keiner dieser Tatbestände liegt hier vor, insbesondere nicht der Art. 116 lit. e OG, welcher die Auszahlung bewilligter oder die Rückerstattung ausbezahlter Zuwendungen und die Herausgabe unrechtmässig erworbener anderer öffentlichrechtlicher Vermögensvorteile betrifft (vgl. BGE 104 Ib 160 Erw. 1). Anfechtungsgegenstand sind vielmehr die vorinstanzlich bestätigten Verfügungen, mit denen das BSV die Begehren auf höhere Bevorschussung und Verzinsung der nicht vorschüssig ausgerichteten Bundesbeiträge an die 53 anerkannten Krankenkassen ablehnte. Daher handelt ![]() | 12 |
b) Fraglich ist allerdings, ob der Ausschlussgrund des Art. 129 Abs. 1 lit. c OG zutrifft, geht es doch vorliegend nicht um die Bundesbeiträge als solche - auf welche die anerkannten Krankenkassen bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen fraglos Anspruch haben (Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 35 ff. KUVG) -, sondern um die Bevorschussung bzw. die Verzinsung nicht vorschüssig ausgerichteter Bundesbeiträge. Ob Art. 30 Abs. 1 Satz 2 Vo I in der bis 24. April 1986 gültig gewesenen Fassung im Lichte der Eintretensvoraussetzung des Art. 129 Abs. 1 lit. c OG einen Anspruch auf Bevorschussung bzw. Verzinsung begründet (vgl. - zu Art. 99 lit. h OG - BGE 110 Ib 300 Erw. 1), kann vorliegend offenbleiben, weil die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ohnehin abzuweisen ist, wie sich aus Erw. 2 ergibt.
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c) Im vorinstanzlichen Verfahren beantragten die Beschwerdeführerinnen - im Sinne eines Leistungsbegehrens -, es sei ihnen für das Jahr 1984 je ein Vorschuss im Umfange von 80% der für das Jahr 1983 abgerechneten Bundesbeiträge zu gewähren. Im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung durch das EDI waren die Bundesbeiträge für 1984 bereits abgerechnet und ausbezahlt, womit dieser Leistungsantrag gegenstandslos geworden war. Das Departement liess im Entscheid vom 5. Dezember 1985 die Frage offen, ob auf den entsprechenden Antrag der Beschwerdeführerinnen eingetreten werden könnte. Vor dem Eidg. Versicherungsgericht ändern die Beschwerdeführerinnen ihren Antrag hinsichtlich des Vorschussanspruches für 1984 in ein Feststellungsbegehren um. Nach der Rechtsprechung zu Art. 25 Abs. 2 VwVG ist der Anspruch auf Erlass einer Feststellungsverfügung nur dann gegeben, wenn der Gesuchsteller ein rechtliches und aktuelles Interesse an der sofortigen Feststellung seines Rechtes hat (BGE BGE 102 V 149 Erw. 1, BGE 100 Ib 327; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, S. 144). Ob ein Fall vorliegt, in dem eine Feststellung trotz Wegfalls des aktuellen Rechtsschutzinteresses angebracht ist (BGE 107 Ib 275 Erw. 1c mit Hinweisen; GYGI, a.a.O., S. 154 f.), kann offenbleiben; denn ob den Beschwerdeführerinnen für 1984 ein Vorschuss in der von ihnen beantragten Höhe zustand, muss notwendigerweise als Vorfrage bei der Beurteilung des ![]() | 14 |
d) Die vorliegend streitigen Fragen im Zusammenhang mit der Bevorschussung und Verzinsung hat das Eidg. Versicherungsgericht als Fragen des Bundesrechts frei zu prüfen (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a OG).
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b) Die Beschwerdeführerinnen berufen sich auf Art. 30 Abs. 1 Vo I, nach dessen bisheriger Fassung das BSV den Krankenkassen auf die Grundbeiträge für das laufende Jahr einen Vorschuss gewährte, der "in der Regel" 80% des Bruttobetrages des abgerechneten Kassenausweises beträgt. Ausnahmen von dieser Regel seien praxisgemäss nur unter besonderen, einschränkenden ![]() | 17 |
c) Der Bundesbeschluss vom 20. Juni 1980 über die Herabsetzung von Bundesleistungen in den Jahren 1981, 1982 und 1983 (AS 1980 II 1492 f.), der durch Änderung vom 17. Dezember 1982 bis Ende 1985 verlängert wurde (AS 1983 I 347 f. und 1985 I 660, 669), sieht in Art. 6 vor: Soweit die Einhaltung der bewilligten Kredite es erfordert, können während der Geltungsdauer dieses Beschlusses fällige Zahlungen höchstens ein Jahr aufgeschoben werden, ohne dass der Bund Verzugszinse schuldet. Wie die Beschwerdeführerinnen in Übereinstimmung mit dem EDI zu Recht anerkennen, vermag dieser allgemeinverbindliche Bundesbeschluss - als befristeter rechtsetzender Erlass (Art. 6 Geschäftsverkehrsgesetz, ![]() | 18 |
"Damit das Kürzungsziel bereits im Jahre 1981 erreicht werden kann, wird der Bund unter Umständen aber auch Vorschüsse oder Teilzahlungen reduzieren müssen. Für den Fall, dass dies nicht im erforderlichen Ausmasse möglich ist, muss der Bund zusätzlich ermächtigt werden, notfalls fällige Zahlungen ohne Anspruch auf Verzugszinse um höchstens ein Jahr aufzuschieben... (BBl 1980 I 525)."
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Auf diese schlüssigen, mit Wortlaut und Zweck von Art. 6 des Bundesbeschlusses vereinbarlichen Gesetzesmaterialien darf abgestellt werden (BGE 111 V 155 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 111 II 152 Erw. 4a). Sie zeigen deutlich, dass die gesetzgebenden Organe bei Erlass der Sparbeschlüsse bewusst die Sistierung von Bevorschussungen in Kauf nahmen, wie sie z.B. Art. 30 Abs. 1 Vo I vorgesehen hat. Der Bundesbeschluss hat diese - aus welchen Gründen auch immer - unverändert belassene, formell bis zum 24. April 1986 in Kraft stehende Verordnungsbestimmung derogiert. Angesichts dieser Änderung des übergeordneten Gesetzesrechts können sich die Beschwerdeführerinnen auch nicht auf den Vertrauensschutz berufen (BGE 110 V 155 Erw. 4b Ziff. 5).
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3. Zusammenfassend ergibt sich, dass den Beschwerdeführerinnen kraft Art. 6 des Bundesbeschlusses vom 20. Juni 1980 kein Anspruch auf Gewährung der in Art. 30 Abs. 1 Satz 2 Vo I ![]() | 21 |
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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