![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
10. Auszug aus dem Urteil vom 6. Februar 1987 i.S. Alpina gegen B. und Versicherungsgericht des Kantons Zürich | |
Regeste |
Art. 37 Abs. 1 UVG, Art. 9 Abs. 1 und Art. 48 UVV. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
B.- Der Versicherte erhob hiegegen Beschwerde, wobei er u.a. ein Attest des Dr. med. G., Konsiliarius für Psychiatrie und ![]() | 2 |
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Alpina die Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides.
| 3 |
Der Versicherte lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, ebenso das Bundesamt für Sozialversicherung.
| 4 |
Aus den Erwägungen: | |
5 | |
b) (Nach der Rechtsprechung zu Art. 67 Abs. 1 KUVG gilt der Suizid als Unfall, wenn die zum Tode führende Handlung in einem von der betreffenden Person nicht verschuldeten Zustand völliger Unzurechnungsfähigkeit begangen worden ist; vgl. BGE 100 V 79 Erw. 1b.)
| 6 |
c) Der Unfallbegriff gemäss Art. 9 Abs. 1 UVV stimmt mit jenem der unter der Herrschaft des KUVG ergangenen Rechtsprechung materiell überein (MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 164 und S. 167 f.). Hingegen ist bei der unfallversicherungsrechtlichen Behandlung von Selbsttötung und Suizidversuch zu beachten, dass nach dem neuen Recht der Verordnungsgeber selber die Voraussetzungen umschrieben hat, unter denen diese Tatbestände ausnahmsweise als leistungsbegründende Unfälle gelten.
| 7 |
![]() ![]() | 8 |
9 | |
"Nun kam ihm nach seinen Angaben plötzlich der
| 10 |
Gedanke, jetzt stehe die entscheidende Verhandlung mit seiner Frau über
| 11 |
sein Schicksal bevor und man würde ihn ins Gefängnis bringen. Dieser
| 12 |
Gedanke habe ihn in blinder Panik beherrscht, so dass er nur noch den
| 13 |
Suizid als Ausweg gesehen habe. In dieser Verfassung habe er sich aus dem
| 14 |
Warteraum in die anschliessende Toilette gestürzt und von dort durch das
| 15 |
enge Fenster in die Tiefe. Der Explorand gibt jetzt ohne weiteres zu, dass
| 16 |
er sich das Leben nehmen wollte. Das Motiv zu dieser Suizidhandlung war
| 17 |
aufgrund der Zusammenhänge eindeutig in den depressiven Wahnideen
| 18 |
begründet...
| 19 |
Alle mir zugegangenen Informationen weisen darauf hin, dass der
| 20 |
Explorand im Zeitpunkt der Suizidhandlung diese kritische Steuerung seines
| 21 |
Handelns nicht mehr besessen hat. Nur so lässt sich erklären, dass er sich
| 22 |
aus dem engen Toilettenfenster zwängte, gewissermassen auf blinder Flucht
| 23 |
in den Tod, vermutlich weil er glaubte, vor der Haustür warte bereits das
| 24 |
Auto, um ihn abzuholen. Es sei ihm also ein anderer Ausweg versperrt.
| 25 |
Diese letztere Interpretation ist zwar eine Vermutung, weil der Explorand
| 26 |
keine klare Erinnerung an seine inneren Erlebnisse vor dem
| 27 |
28 | |
den einzigen Ausweg sah, um dem Schicksal der Verurteilung oder Versenkung
| 29 |
zu entgehen. Dass es sich um einen schwer wahnhaften, psychotischen
| 30 |
Zustand gehandelt hat, wird auch durch den Umstand bewiesen, dass er nach
| 31 |
dem Sturz noch während längerer Zeit angehalten hat. Erst durch eine
| 32 |
Behandlung mit hohen Dosen eines Psychopharmakons beruhigte sich der
| 33 |
Explorand im Spital T. und bekam Abstand von seinem Wahndenken. Im Sinne
| 34 |
des ZGB muss der Explorand m. E. für seine Suizidhandlung als völlig
| 35 |
urteilsunfähig bezeichnet werden."
| 36 |
b) Auf diese schlüssigen und einleuchtenden fachärztlichen Darlegungen ist abzustellen. Die Beschwerdeführerin bringt nichts vor, was an der Stellungnahme des Prof. Dr. med. K. erhebliche Zweifel wecken könnte. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit des Administrativexperten. Dass sich, wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend gemacht wird, der Zustand des Beschwerdegegners in den Tagen nach der Klinikeinweisung gebessert haben soll und dass eine Selbsttötung oder ein Suizidversuch nicht erwartet wurde, ändert nichts daran, dass der seelisch kranke Versicherte durch die Umstände am 5. März 1985 in panische Angst geriet und jegliche vernünftige Einsicht über die tatsächliche Lage verlor. Schliesslich deckt sich die Stellungnahme des Prof. Dr. med. K. mit den übrigen, in den Akten befindlichen Unterlagen, insbesondere mit dem Attest des Dr. med. G. vom 12. November 1985, welcher den Beschwerdegegner nach dem Unfall als psychiatrischer Konsiliarius im Spital T. betreute und aus eigenen Untersuchungen ein schweres depressives Zustandsbild mit paranoiden Zügen diagnostizierte, das den Versicherten zwangsläufig zum Suizidversuch trieb. Bei dieser Aktenlage hat das kantonale Gericht zu Recht die Urteilsfähigkeit verneint, weshalb die Voraussetzungen des Art. 48 UVV erfüllt sind mit der Folge, dass die Beschwerdeführerin die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen hat.
| 37 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |