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18. Urteil vom 7. Juli 1987 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen Z. und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden | |
Regeste |
Art. 42 Abs. 2 lit. c und d AHVG: Ausserordentliche Rente ohne Einkommensgrenze. | |
Sachverhalt | |
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Mit Anmeldung bei der AHV vom 4. Juni 1985 beantragte die Versicherte für die Zeit ihrer Wiederverheiratung die Ausrichtung einer Altersrente, was die infolge Wohnsitzwechsels nunmehr zuständige Ausgleichskasse des Kantons Graubünden mit Verfügung vom 22. August 1985 ablehnte. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zusprechung einer ordentlichen Altersrente fehlten mangels eigener Beiträge während der Mindestdauer eines vollen Jahres. Ein Anspruch auf eine ![]() | 2 |
B.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden hiess die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 8. November 1985 gut, hob die angefochtene Verfügung auf und verpflichtete die Ausgleichskasse, Emma Z. auch ab 1. Februar 1984 eine einfache ausserordentliche Altersrente zu gewähren.
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C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und Wiederherstellung der angefochtenen Kassenverfügung. Während die Ausgleichskasse auf eine Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde verzichtet, lässt die Versicherte auf deren Abweisung schliessen.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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b) Ergänzend liess die Versicherte in der Replik im vorinstanzlichen Verfahren folgendes geltend machen: Art. 21 Abs. 1 lit. b AHVG stelle den Grundsatz auf, dass Frauen, welche das 62. Altersjahr zurückgelegt haben, Anspruch auf eine Altersrente haben sollten. Ausnahmen von diesem Grundsatz seien einschränkend auszulegen. Es sei ohnehin eine "Abnormität", dass eine über 62jährige Frau, welche immer in der Schweiz gelebt habe, keinen Anspruch auf eine AHV-Rente habe. Sodann sei ein Verlust des Anspruchs auf eine ausserordentliche Altersrente ohne Einkommensgrenze wegen Verheiratung auch bei der 9. AHV-Revision, welche die Stellung der geschiedenen Frau hinsichtlich der ausserordentlichen Rente verschlechtert habe, nicht eingeführt worden. Ferner wäre die Aufhebung einer gemäss Art. 42 Abs. 2 lit. d AHVG zugesprochenen Altersrente im Falle der Wiederverheiratung auch sachlich nicht begründet, weil die Ehefrau, welche dem beitragspflichtigen Ehemann während der Dauer der Ehe beigestanden und ihm damit ermöglicht habe, während der gleichen Zahl von Jahren wie sein Jahrgang Beiträge zu entrichten, mit ihrem Aufwand sich ihre eigene Altersrente verdient habe. Dabei habe ihr Ehemann quasi für sie die Beiträge entrichtet. Der Umstand der beschränkten Beitragsjahre des neuen Ehemannes könne keinen Einfluss auf diejenigen Altersrenten von geschiedenen ![]() | 8 |
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a) Die Frage, ob eine Änderung des Zivilstandes des Rentenbezügers eine Auswirkung auf seinen Rentenanspruch haben kann, ist zunächst aufgrund der Gesetzessystematik zu beantworten. Der dritte Abschnitt des AHVG regelt den Anspruch und die Festsetzung von ordentlichen und ausserordentlichen Altersrenten. Dabei sind im Teil A. "Der Rentenanspruch" lediglich die allgemeinen, für die ordentlichen und ausserordentlichen Renten geltenden Anspruchsvoraussetzungen umschrieben. Die Erfüllung dieser allgemeinen Voraussetzungen allein begründet aber noch keinen Rentenanspruch. Hiefür müssen vielmehr auch die besonderen Voraussetzungen des Teils B. "Die ordentlichen Renten" oder C. "Die ausserordentlichen Renten" erfüllt sein. Daher erweist sich die von Emma Z. vertretene Auffassung, für ausserordentliche Altersrenten im Sinne von Art. 42 Abs. 2 AHVG gebe es keine andern als die in Art. 21 Abs. 2 AHVG erwähnten Erlöschungsgründe, als irrtümlich. Denn eine geschiedene (bzw. verheiratete) Frau, die ![]() | 11 |
b) Im vorliegenden Fall sind die allgemeinen Voraussetzungen des Art. 21 AHVG gegeben, so dass noch zu prüfen ist, ob auch die besonderen Voraussetzungen von Art. 42 AHVG erfüllt sind, wobei angesichts der Überschreitung der Einkommensgrenze der Anspruch auf eine ausserordentliche Altersrente gemäss Art. 42 Abs. 1 AHVG zum vornherein zu verneinen ist. Bezüglich des Anspruchs der Beschwerdegegnerin auf eine ausserordentliche Altersrente ohne Einkommensgrenze nach Art. 42 Abs. 2 AHVG ist entscheidend, ob lit. c oder lit. d anwendbar ist.
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Im Leistungsbereich der AHV/IV sind Statusänderungen wie diejenige des Zivilstandes grundsätzlich von entscheidender Bedeutung für die Rentenberechtigung. In den meisten Fällen regelt das Gesetz den Leistungsanspruch bei einem gegebenen Status (z.B. Art. 18 AHVG), während die Folgen einer Statusänderung nur in Ausnahmefällen gesetzlich normiert sind (z.B. Art. 22 Abs. 3 AHVG betreffend das Erlöschen des Anspruchs auf eine Ehepaar-Altersrente u.a. bei Scheidung der Ehe oder Tod eines Ehegatten). Das Eidg. Versicherungsgericht hatte in seiner bisherigen Rechtsprechung einige Fälle im Zusammenhang mit Statusänderungen zu beurteilen. So hat es in BGE 106 V 164 Erw. 3 entschieden, dass sich der Leistungsanspruch eines Kindes in der Invalidenversicherung (erst) vom Zeitpunkt der Adoption an gleich beurteilt, wie wenn es als Kind seiner Adoptiveltern geboren wäre. In EVGE 1951 S. 137 führte das Eidg. Versicherungsgericht aus, dass eine ehemalige Schweizerin, die nach der damaligen Rechtslage ihr Bürgerrecht nach ihrer Heirat mit einem italienischen Staatsangehörigen verloren hatte, nach der Heirat ausschliesslich als italienische Staatsangehörige zu behandeln sei, auch wenn der Verlust des Schweizer Bürgerrechts erst nach der Entstehung des Rentenanspruchs erfolgte. Ferner erkannte das Gericht in EVGE 1961 S. 143 f., dass eine vor dem 1. Dezember 1948 verwitwete (zur Übergangsgeneration gehörende) Frau, die im Jahre 1949 eine neue Ehe einging, auch hinsichtlich des Anspruchs auf eine Altersrente ihren vorgängigen Personenstand einer Witwe verloren und den Zivilstand einer verheirateten Frau erworben habe. Durch ihre neue Heirat habe sie in der Person ihres ![]() | 13 |
c) Das Sozialversicherungsrecht kennt bei Zivilstandswechsel keine Besitzstandsgarantie (vgl. ZAK 1983 S. 556 Erw. 2c mit Hinweisen). Heiratet eine Frau, die eine einfache Altersrente bezieht, einen Altersrentner, so werden die zwei einfachen Renten durch eine Ehepaar-Altersrente ersetzt, was in der Regel eine betragsmässige Verschlechterung ergibt. Heiratet eine betagte Frau, die eine ausserordentliche Rente mit Einkommensgrenze bezieht, einen noch im Erwerbsleben stehenden Mann, so werden bei der Bedarfsabklärung aufgrund ihres neuen Zivilstandes Einkommen und Vermögen des Mannes mit berücksichtigt, was in der Regel zum Wegfall ihrer ausserordentlichen Rente führt. So wird auch bei einer geschiedenen Frau, die sich wieder verheiratet, hinsichtlich ihres Anspruchs auf eine Altersrente auf den neuen Zivilstand abgestellt, weshalb diesfalls nicht mehr die Voraussetzungen von lit. d des Art. 42 Abs. 2 AHVG, sondern diejenigen gemäss lit. c dieser Bestimmung erfüllt sein müssen. Die Tatsache allein, dass die Beschwerdegegnerin vor ihrer jetzigen Ehe geschieden war, rechtfertigt es nicht, ihren Anspruch auf eine Altersrente nach gesetzlichen Bestimmungen zu beurteilen, die auf den Zivilstand der Geschiedenen zugeschnitten sind.
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Wird die Ehe einer betagten Frau, die selber keine Beiträge bezahlt hat, geschieden, so beurteilt sich ihr Anspruch auf eine Altersrente nach Art. 42 Abs. 2 lit. d AHVG, unabhängig davon, ob sie vorher an einer Ehepaarrente partizipierte - wie im nicht veröffentlichten Urteil D. vom 13. März 1961 und wie dies im vorliegenden Fall auf die Beschwerdegegnerin zutraf - oder eine ausserordentliche einfache Altersrente gemäss Art. 42 Abs. 2 lit. c AHVG bezog. Im Falle der Wiederverheiratung hat sie entweder (wieder) an einer Ehepaarrente teil oder es wird ihr eigener Anspruch auf eine ausserordentliche Altersrente, wie bereits gesagt, entsprechend ihrem neuen Zivilstand nach Art. 42 Abs. 2 lit. c AHVG beurteilt. Es würde zu Rechtsunsicherheit führen und wäre mit dem Gebot rechtsgleicher Behandlung der Versicherten nicht zu vereinbaren, wenn bei der Beurteilung eines Rentenanspruchs ![]() | 15 |
d) ...
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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