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24. Urteil vom 30. Juni 1987 i.S. Kantonales Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Bern, gegen N. und Versicherungsgericht des Kantons Bern | |
Regeste |
Art. 30 Abs. 3 AVIG: Einstellung in der Anspruchsberechtigung. | |
Sachverhalt | |
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B.- Beschwerdeweise beantragte der Versicherte, die Einstellung in der Anspruchsberechtigung sei aufzuheben; eventuell sei sie zu reduzieren. Das Versicherungsgericht des Kantons Bern hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 20. August 1986 insofern gut, als es die Einstellungsdauer von 25 auf 19 Tage herabsetzte mit der Begründung, die Einstellungsdauer könne nicht länger sein als die Dauer der Arbeitslosigkeit; im übrigen wies es die Beschwerde ab.
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C.- Das kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die angefochtene Verfügung zu bestätigen; eventuell sei die Einstellungsdauer von 19 auf 22 Tage zu erhöhen.
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Die Vorinstanz beantragt Abweisung des Hauptantrages und Gutheissung des Eventualantrages. Während sich der Versicherte zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht hat vernehmen lassen, schliesst das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit auf deren Gutheissung.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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Die Dauer der Einstellung bemisst sich nach dem Grad des Verschuldens (Art. 30 Abs. 3 AVIG) und beträgt 1 bis 10 Tage bei leichtem, 11 bis 20 Tage bei mittelschwerem und 21 bis 40 Tage bei schwerem Verschulden (Art. 45 Abs. 2 AVIV). Die Einstellung fällt binnen sechs Monaten nach Beginn der Einstellungsfrist dahin (Art. 30 Abs. 3 letzter Satz AVIG).
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3. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung bemisst sich gemäss Art. 30 Abs. 3 AVIG nach dem Grad des Verschuldens. Dabei ist die tatsächliche Dauer der Arbeitslosigkeit für die Beurteilung des Verschuldens unerheblich, weil sie zumindest bei intensiver Stellensuche der Einflussnahme durch den Versicherten weitgehend entzogen ist. Bei Arbeitslosigkeit durch eigenes Verschulden steht das zu beurteilende Verhalten des Versicherten, welches zum Eintritt des Versicherungsfalles führt, in keinem kausalen Zusammenhang zur Dauer der nachfolgenden Arbeitslosigkeit, setzt der Versicherte doch die zum Eintritt der Arbeitslosigkeit führenden Gründe zu einem Zeitpunkt, in dem er noch nicht ![]() | 9 |
Sodann ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung, wonach nicht bestandene Einstellungstage binnen sechs Monaten nach Beginn der Einstellungsfrist dahinfallen (Art. 30 Abs. 3 AVIG), dass die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung die Dauer der Arbeitslosigkeit überschreiten kann. Wie sich der Botschaft des Bundesrates zu einem neuen Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung vom 2. Juli 1980 entnehmen lässt, wollte der Gesetzgeber das Problem des Verfalls noch nicht bestandener Einstellungstage grosszügig regeln und die Arbeitsannahme gleichsam belohnen, indem einem Versicherten, der vor Ablauf der Einstellungszeit eine neue Stelle angenommen hat, die nicht bestandenen Einstellungstage schon sechs Monate nach Beginn der Einstellungsfrist gestrichen werden (BBl 1980 III 590). Der Gesetzgeber war sich der von der Vorinstanz kritisierten Konsequenz offenbar bewusst, dass der Versicherte, der vor Ablauf von sechs Monaten seit Beginn der Arbeitslosigkeit seine neue Stelle unverschuldeterweise wieder verliert, noch den Rest der verfügten Einstellungstage zu bestehen hat - unter der zu bejahenden Voraussetzung, dass die Dauer der verschuldeten Arbeitslosigkeit bei der Bemessung der Einstellungsdauer nicht mitberücksichtigt wird. Der Gesetzgeber befürwortete ein Dahinfallen von Einstellungstagen klarerweise erst nach Ablauf von sechs Monaten seit Beginn der Einstellungsfrist. Dass sich aus der erwähnten Ordnung für die Versicherten Härtefälle ergeben können, ist nicht zu verneinen, liegt aber in der Natur gesetzlicher, der Rechtssicherheit dienender Fristen.
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Das nachträgliche Bestehen noch nicht verfallener Einstellungstage beruht auch nicht auf pönalen Überlegungen, sondern es kommt damit - nach einem zeitlichen Unterbruch - die angeordnete, dem Grad des Verschuldens angemessene verwaltungsrechtliche ![]() | 11 |
In der Nichtberücksichtigung der Dauer der Arbeitslosigkeit bei der Festsetzung der Einstellungsdauer liegt auch kein Verstoss gegen den bei verwaltungsrechtlichen Sanktionen zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismässigkeit (vgl. BGE 108 V 252 Erw. 3a mit Hinweisen; BGE 111 V 320 Erw. 4; ARV 1987 Nr. 1 S. 39). Ferner würde die Konzeption der Vorinstanz zur für die Praxis untragbaren Konsequenz führen, dass in jedem Fall das Ende der Arbeitslosigkeit abgewartet werden müsste, bis die Einstellungsdauer unter gebührender Berücksichtigung der Dauer der Arbeitslosigkeit festgesetzt werden könnte. Dabei ist auch auf das Interesse der Verwaltung hinzuweisen, die allenfalls umfangreichere Abklärungen erfordernde Frage der Einstellung rasch zu beantworten und gegebenenfalls zu verfügen.
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Bildet wie hier allein die Dauer der Einstellung in der Anspruchsberechtigung (und nicht die Taggeldberechnung) Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, so ist auch nicht zu prüfen, wie sich die zu bestehenden Einstellungstage auf die Anzahl der für eine bestimmte Kontrollperiode auszurichtenden Taggelder auswirken (nicht veröffentlichtes Urteil W. vom 3. Februar 1987). Massgebend ist, wie bereits gesagt, gemäss Art. 30 Abs. 3 AVIG allein der Grad des Verschuldens, nicht aber die tatsächliche Dauer der Arbeitslosigkeit. Eine Reduktion der Einstellungsdauer im Sinne des vorinstanzlichen Entscheides ist somit nicht zulässig.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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