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28. Urteil vom 14. Juli 1987 i.S. Ausgleichskasse des Kantons Luzern gegen B. und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern | |
Regeste |
Art. 25 Abs. 1, 4 und 5 AHVV: Festsetzung der Beiträge aus selbständiger Erwerbstätigkeit. |
- Von einer Beitragsfestsetzung im ordentlichen Verfahren, die einer Berichtigung gemäss Art. 25 Abs. 5 AHVV unzugänglich ist, kann erst dann gesprochen werden, wenn die Ausgleichskasse über die erforderlichen Einkommensangaben verfügt, welche die weitere Anwendung des ausserordentlichen Beitragsfestsetzungsverfahrens nach Art. 25 Abs. 4 AHVV ausschliessen. |
- Die Berichtigung der Beitragsfestsetzung (Art. 25 Abs. 5 AHVV) kann auch darin bestehen, dass aufgrund der erst nachträglich erhaltenen Einkommensangaben das ausserordentliche Beitragsfestsetzungsverfahren gemäss Art. 25 Abs. 4 AHVV weitergeführt wird. | |
Sachverhalt | |
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B.- Jakob B. führte gegen die Verfügungen vom 28. Februar 1986 Beschwerde mit dem Antrag auf deren Aufhebung, soweit damit die Beiträge für die Jahre 1983 bis 1985 neu festgesetzt worden waren. Er machte geltend, die Ausgleichskasse habe über seine Beitragspflicht für die Jahre 1983 bis 1985 bereits früher rechtskräftig verfügt, weshalb sie nicht habe darauf zurückkommen können.
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Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern gelangte zum Schluss, dass die Verwaltung mit den Verfügungen vom 2. März ![]() | 3 |
C.- Die Ausgleichskasse führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben.
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Während Jakob B. die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt, schliesst das Bundesamt für Sozialversicherung auf deren Gutheissung.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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Demgegenüber findet das ausserordentliche Verfahren u.a. Anwendung, wenn der Beitragspflichtige eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt; in einem solchen Fall ermittelt die Ausgleichskasse das massgebende reine Erwerbseinkommen für die Zeit von der Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit bis zum Beginn der nächsten ordentlichen Beitragsperiode und setzt die entsprechenden Beiträge fest (Art. 25 Abs. 1 AHVV). Die Beiträge sind für jedes Kalenderjahr aufgrund des jeweiligen Jahreseinkommens festzusetzen. Für das Vorjahr der nächsten ordentlichen Beitragsperiode sind die Beiträge aufgrund des reinen Erwerbseinkommens festzusetzen, das der Beitragsbemessung für diese Periode ![]() | 7 |
Nach der Rechtsprechung hat die Beitragsfestsetzung im ausserordentlichen Verfahren - abgesehen von den besonderen Verfahrensregeln - zwar nach den gleichen allgemeinen Grundsätzen zu erfolgen wie die Festsetzung im ordentlichen Verfahren; insbesondere sind die Rechtswirkungen hinsichtlich Rechtskraft und Vollstreckbarkeit im Prinzip die gleichen. Das Eidg. Versicherungsgericht hat jedoch seit je die Ausnahme festgehalten, dass die Verwaltung unter den Voraussetzungen von Art. 25 Abs. 5 AHVV trotz eingetretener Rechtskraft auf die Beitragsfestsetzung im ausserordentlichen Verfahren zurückkommen und je nachdem zu wenig bezahlte Beiträge nachfordern oder zuviel bezahlte Beiträge zurückerstatten muss (ZAK 1982 S. 187 Erw. 2 in fine, bestätigt in BGE 110 V 261).
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b) Das kantonale Gericht hält das Vorgehen nach Art. 25 Abs. 5 AHVV vorliegend deshalb für unzulässig, weil die Ausgleichskasse die früheren Verfügungen vom 2. März 1983 und 19. September 1984 nicht im ausserordentlichen Verfahren (Gegenwartsbemessung nach Art. 25 Abs. 1 und Abs. 3 AHVV) festgesetzt, sondern vielmehr das ordentliche Beitragsfestsetzungsverfahren angewendet habe. Diese Interpretation des Vorgehens der Verwaltung erweist sich bei näherer Prüfung als offensichtlich unrichtig. Wohl wurden die Verfügungen vom 2. März 1983 und 19. September 1984 nach Eingang von Steuermeldungen erlassen. Aus diesem Umstand allein kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Ausgleichskasse nach dem ordentlichen Beitragsfestsetzungsverfahren vorgegangen ist; denn in der Meldung vom 15. Februar 1983, von der die Verfügung vom 2. März 1983 ausging, teilte die Steuerbehörde nicht das vom Beschwerdegegner in den Berechnungsjahren 1979/80 erzielte Erwerbseinkommen mit, sondern das im Jahre 1982 erreichte Gegenwartseinkommen. Dies erklärt sich damit, dass die Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit des Beschwerdegegners auf den 1. Januar 1982 auch steuerrechtlich einen Grund für die Gegenwartsbemessung darstellt. Gleich verhalten hat es sich offenbar auch hinsichtlich der nicht in den Akten befindlichen Steuermeldung, welche zum Erlass der Verfügung vom 19. September 1984 geführt hat, indem die Ausgleichskasse wiederum nahezu auf das im Jahre 1982 aus selbständigem Erwerb erzielte Einkommen (Fr. 13'648.-- statt Fr. 13'880.--) abstellte. Darin kann kein Übergang zum ordentlichen Bemessungsverfahren erblickt werden; denn die Ausgleichskasse war aufgrund der damals verfügbaren Einkommensangaben noch gar nicht in der Lage zu entscheiden, ob nunmehr das ordentliche Beitragsfestsetzungsverfahren im Sinne von Art. 25 Abs. 1 in ![]() | 11 |
c) Zusammenfassend ergibt sich, dass von einer Beitragsfestsetzung im ordentlichen Verfahren, die einer Berichtigung gemäss Art. 25 Abs. 5 AHVV unzugänglich ist, erst dann gesprochen werden kann, wenn die Ausgleichskasse über die erforderlichen Einkommensangaben verfügt, welche die weitere Anwendung des ausserordentlichen Beitragsfestsetzungsverfahrens nach Art. 25 Abs. 4 AHVV ausschliessen. Dies war vorliegend beim Erlass der Verfügungen vom 2. März 1983 und 19. September 1984 nicht der Fall. Es steht fest, dass das vom Beschwerdegegner im ersten Beitragsjahr 1982 erzielte Erwerbseinkommen im Sinne von Art. 25 Abs. 4 AHVV und der dazu ergangenen Rechtsprechung (BGE 107 V 65) unverhältnismässig stark von dem in den folgenden Jahren erzielten Einkommen abweicht. Die Ausgleichskasse war deshalb befugt, mit den angefochtenen Verfügungen vom 28. Februar 1986 die Beiträge für die Jahre bis und mit 1985 - dem Vorjahr der übernächsten Beitragsperiode - im ausserordentlichen Verfahren festzusetzen. Der Hinweis der Vorinstanz auf ZAK 1981 S. 385 geht fehl, weil vorliegend - anders als im dort beurteilten Fall - keineswegs von "stabilen Einkommensverhältnissen" die Rede sein kann. Die Berichtigung der Beitragsfestsetzung gemäss Art. 25 Abs. 5 AHVV kann somit auch darin bestehen, dass aufgrund der erst nachträglich erhaltenen Einkommensangaben das ausserordentliche Beitragsfestsetzungsverfahren im Sinne von Art. 25 Abs. 4 AHVV weitergeführt wird. Dazu bedarf es der Voraussetzungen für ein wiedererwägungsweises Zurückkommen auf eine in formelle Rechtskraft erwachsene Verfügung (vgl. BGE 112 V 373 Erw. 2c mit Hinweisen) nicht.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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