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23. Urteil vom 25. April 1988 i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt gegen B. und Zivilgericht des Kantons Glarus | |
Regeste |
Art. 15 Abs. 1 und 2 UVG, Art. 22 Abs. 4 und Art. 24 Abs. 1 UVV: Versicherter Verdienst für die Bemessung der Renten. |
Entscheidend ist die normale Beschäftigungsdauer, die aufgrund der bisherigen oder beabsichtigten künftigen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses festgestellt werden kann. |
Anspruch auf Umrechnung auf einen vollen Jahreslohn hat auch der Versicherte, der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall unbezahlten Urlaub bezogen hat. | |
Sachverhalt | |
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Nachdem die SUVA verschiedene Unterlagen, u.a. einen Lohnbuchauszug der Firma W. S. AG für die Zeit vom 9. Mai 1982 bis ![]() | 2 |
Die hiegegen eingereichte Einsprache, mit welcher Dieter B. verlangt hatte, der für die Berechnung der Invalidenrente massgebende Jahresverdienst sei um den während des unbezahlten Urlaubes vom Februar und März 1983 entgangenen Lohn auf Fr. 46'060.-- aufzurechnen, wies die SUVA mit Entscheid vom 31. Januar 1986 ab.
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B.- In Gutheissung der von Dieter B. hiegegen eingereichten Beschwerde verpflichtete das Zivilgericht des Kantons Glarus die SUVA mit Entscheid vom 13. November 1986, die Invalidenrente aufgrund eines massgebenden Jahresverdienstes von Fr. 46'060.-- festzusetzen.
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C.- Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben.
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Dieter B. lässt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) lässt sich mit dem Antrag auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vernehmen.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Gemäss Art. 15 UVG werden die Renten nach dem versicherten Verdienst bemessen (Abs. 1). Als versicherter Verdienst gilt für die Bemessung der Renten der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn (Abs. 2). Nach Art. 15 Abs. 3 UVG hat der Bundesrat den Höchstbetrag des versicherten Verdienstes in einem vorgegebenen Rahmen festzusetzen, die dazu gehörenden Nebenbezüge und Ersatzeinkünfte zu bezeichnen und Bestimmungen über den versicherten Verdienst in Sonderfällen zu erlassen, namentlich bei langdauernder Taggeldberechtigung (lit. a), Berufskrankheiten (lit. b), Versicherten, die nicht oder noch nicht den berufsüblichen Lohn erhalten (lit. c), und Versicherten, die unregelmässig beschäftigt sind (lit. d). Gestützt auf diese Ermächtigung hat der Bundesrat unter dem Titel "Versicherter Verdienst" die Art. 22 bis 24 UVV erlassen. Art. 22 UVV umschreibt den versicherten ![]() | 8 |
Art. 24 UVV trägt die Überschrift "Massgebender Lohn für Renten in Sonderfällen" und bestimmt in Abs. 1 folgendes: Hat der Versicherte im Jahre vor dem Unfall wegen Militär- oder Zivilschutzdienst, Unfall, Krankheit, Mutterschaft, Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit einen verminderten Lohn bezogen, so wird der versicherte Verdienst nach dem Lohn festgesetzt, den der Versicherte ohne Militär- oder Zivilschutzdienst, Unfall, Krankheit, Mutterschaft, Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit erzielt hätte.
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a) Nach Auffassung der Vorinstanz ist der tatsächliche Jahresverdienst von Fr. 38'826.-- gestützt auf Art. 22 Abs. 4 Satz 2 UVV um den auf die zwei Monate unbezahlten Urlaubes entfallenden Lohn zu erhöhen, weil die normale Beschäftigungsdauer ein volles Jahr betragen und bloss ein einmaliger Unterbruch des Arbeitsverhältnisses zu einem Sonderzweck stattgefunden habe. Demgegenüber anerkennt die SUVA allein den tatsächlich ausgerichteten Lohn von Fr. 38'826.-- als versicherten Verdienst. Der Ansicht der Vorinstanz hält die SUVA entgegen, Art. 22 Abs. 4 UVV könne nach seinem klaren Wortlaut in Fällen, wo das Arbeitsverhältnis während eines Jahres ununterbrochen bestanden habe, nicht angewendet werden. Das BSV weist darauf hin, dass sich aus den Materialien (Protokollen) kein Lösungsansatz gewinnen lasse. Die Festlegung des Verdienstes habe auf dem Hintergrund einer möglichst angemessenen Entschädigung des Berechtigten zu erfolgen. Dabei sei für die Bemessung der Geldleistungen im wesentlichen von der Natur des Arbeitsverhältnisses auszugehen. Eine entscheidende Rolle spiele die "normale Dauer der Beschäftigung", welche sich nach der bisherigen oder beabsichtigten künftigen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses in zeitlicher Hinsicht richte. Grund ![]() | 11 |
b) Der Betrachtungsweise des BSV, die sich im wesentlichen mit den Erwägungen der Vorinstanz deckt, ist beizupflichten. Art. 24 UVV enthält für den zu beurteilenden Fall keine Sonderregelung, wonach der massgebende Verdienst abweichend vom allgemeinen Grundsatz (Art. 15 Abs. 2 UVG) ermittelt werden könnte. Auszugehen ist daher von der allgemeinen Verordnungsbestimmung zum versicherten Verdienst, indem Art. 22 Abs. 4 UVV ausgelegt wird. Dabei ist vorab festzuhalten, dass bereits Satz 2 und 3 dieser Norm Abweichungen von Art. 15 Abs. 2 UVG statuieren, wonach für die Rentenbemessung der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn massgebend ist. Diese Sonderregeln verlangen die Umrechnung des nicht während eines ![]() | 12 |
c) Nach Ansicht der SUVA kommt die Umrechnung des Lohnes auf ein ganzes Jahr nach Art. 22 Abs. 4 UVV nur in Fällen, wo das Arbeitsverhältnis noch kein ganzes Jahr gedauert hat, namentlich bei Stellenwechsel, Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, Übergang von selbständiger zu unselbständiger Tätigkeit sowie Rückkehr aus dem Ausland zum Tragen. Diese streng textgebundene Interpretation entspricht nicht Sinn und Zweck dieser Verordnungsbestimmung. Deren Stossrichtung liegt - nicht anders als bei den in Art. 24 UVV geregelten Sonderfällen - darin, die Versicherten oder ihre Hinterlassenen vor unbilligen Nachteilen zu schützen, welche sich bei bestimmten Sachverhalten aus der Anwendung der Grundregel ergeben würden (MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 326). Wie der Beschwerdegegner in der Vernehmlassung zutreffend geltend macht, würde eine rein auf den Wortlaut beschränkte Auslegung von Art. 22 Abs. 4 UVV zu ungerechten und stossenden Ergebnissen führen. Ein Versicherter, der zwei Monate nach Antritt einer neuen Stelle verunfallt, hätte Anspruch auf Umrechnung des erzielten Lohnes auf einen Jahreslohn, während dem Versicherten, der seit Jahren beim gleichen Arbeitgeber tätig war und kurze Zeit nach einem mehrmonatigen unbezahlten Urlaub verunfallt, diese Möglichkeit verschlossen bliebe. Die konstante Praxis der SUVA zu Art. 79 KUVG, unbezahlten Urlaub bei der Ermittlung des Jahresverdienstes auszuklammern (vgl. dazu das Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts in Sachen W. vom 25. September 1953: publiziert in SJZ 1954 S. 331), lässt sich unter der Herrschaft des neuen Rechts, in welchem die Frage der Lohnergänzung differenzierter und unter vermehrter Berücksichtigung von Sonderfällen gelöst wurde, nicht aufrechterhalten.
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d) Beizufügen bleibt, dass die normale Beschäftigungsdauer im Zusammenhang mit der Lohnaufrechnung schon in der Praxis zu ![]() | 14 |
4. Die Vorinstanz setzte den Jahresverdienst gestützt auf die Meldung der Bauunternehmung W. S. AG vom 2. Juni 1983 auf Fr. 46'060.-- fest. Gemäss Lohnbuchauszug der Firma ergibt sich jedoch ein Jahresverdienst von Fr. 45'966.-- (Fr. 38'826.-- zuzüglich je Fr. 3'570.-- für die Monate Februar und März 1983). In diesem Sinne ist der Entscheid des kantonalen Gerichts in teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu korrigieren.
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