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39. Urteil vom 15. August 1988 i.S. Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit gegen S. und Versicherungsgericht des Kantons Bern | |
Regeste |
Art. 27 Abs. 1 und 3 AVIV: Kontrollfreie Bezugstage. | |
Sachverhalt | |
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Mit Verfügung vom 1. September 1987 verneinte die Arbeitslosenkasse des Kantons Bern die Anspruchsberechtigung der Versicherten auf fünf kontrollfreie Bezugstage vom 24. bis 31. August ![]() | 2 |
B.- Beschwerdeweise verlangte die Versicherte dem Sinne nach fünf kontrollfreie Bezugstage; weil auf der Bezügerabrechnung vom 5. Juni 1987 vermerkt gewesen sei: "Anspruch kontrollfreie Tage: 5.0". Gestützt darauf habe sie diese Tage Ende August 1987 bezogen.
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Das Versicherungsgericht des Kantons Bern hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 3. Februar 1988 gut, indem es die Kassenverfügung aufhob und die Arbeitslosenkasse anwies, die Taggelder für die Zeit vom 24. bis 28. August 1987 nachzuzahlen.
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C.- Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde, indem es die Aufhebung des Entscheides des kantonalen Versicherungsgerichts und die Wiederherstellung der Kassenverfügung beantragt. Auf die Begründung wird in den rechtlichen Erwägungen zurückzukommen sein.
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Ursula S. trägt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an.
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Das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA) verzichtet auf eine Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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Nach der Anmeldung beim Arbeitsamt müssen sich die Versicherten entsprechend der Anordnung des Kantons, mindestens aber zweimal wöchentlich zur Vermittlung sowie zur Überprüfung ![]() | 9 |
Unter dem Randtitel "Kontrollfreie Bezugstage" normiert Art. 27 AVIV folgendes: Nach je 75 Tagen kontrollierter Arbeitslosigkeit innerhalb der Rahmenfrist hat der Versicherte Anspruch auf fünf aufeinanderfolgende kontrollfreie Bezugstage, die er frei wählen kann. Während dieser fünf kontrollfreien Bezugstage muss er nicht vermittlungsfähig sein, jedoch die übrigen Voraussetzungen (Art. 8 AVIG) erfüllen (Abs. 1). Nimmt er Arbeit an, bevor er die kontrollfreien Tage bezogen hat, so werden ihm die entsprechenden Taggelder ausgerichtet, es sei denn, es handle sich um eine Beschäftigung, bei der er lediglich einen Zwischenverdienst erzielt (Abs. 2). Als Tage kontrollierter Arbeitslosigkeit zählen gemäss Abs. 3 von Art. 27 AVIV jene "Tage, für die der Versicherte Arbeitslosenentschädigung bezogen hat, sowie bestandene Wartezeiten (Art. 11, 14 und 28 AVIG) und Einstellungstage (Art. 30 AVIG)".
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2. a) Nach der vorinstanzlichen Auffassung entspricht die von der Arbeitslosenkasse in der Ablehnungsverfügung erwähnte Zahl von bisher 176,2 Tagen nicht den Tagen kontrollierter Arbeitslosigkeit im Sinne von Art. 27 AVIV, sondern lediglich der Anzahl voller Taggelder, welche der Versicherten bis am 24. August 1987 ausgerichtet worden sind. Diese Taggelder könnten jedoch nicht den Tagen kontrollierter Arbeitslosigkeit gleichgesetzt werden. Art. 27 Abs. 3 AVIV bezeichne denn auch als Tage ![]() | 11 |
Das BIGA seinerseits hält dem entgegen: Aus Art. 27 Abs. 3 AVIV ergebe sich, dass als Tage kontrollierter Arbeitslosigkeit solche Tage zählen würden, für die der Versicherte Arbeitslosenentschädigung bezogen habe, sowie bestandene Wartezeiten und Einstellungstage. Daher sei der Begriff der Tage kontrollierter Arbeitslosigkeit eindeutig wertmässig zu interpretieren, weil die Arbeitslosenentschädigung nur in Form von Taggeldern bezogen werden könne. Die kontrollfreien Bezugstage seien systematisch in gleicher Weise zu behandeln wie die Warte- und Einstellungstage. Dass dabei die Einstellungstage wertmässig betrachtet werden müssten, sei aus Art. 30 Abs. 3 AVIG erkennbar, wonach die Einstellungstage auf die Höchstzahl der Taggelder nach Art. 27 AVIG anzurechnen seien. Und dass Wartetage nicht zeitlich, sondern wertmässig (als Taggelder) interpretiert werden müssten, habe das Eidg. Versicherungsgericht in seinem Urteil vom 7. Mai 1987 in Sachen Z. (ARV 1987 Nr. 4 S. 62) entschieden.
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b) Nach Art. 14 Abs. 4 AVIG haben Personen, die von der Erfüllung der Beitragszeit innerhalb der Rahmenfrist des Art. 9 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG als Voraussetzung für den Taggeldanspruch befreit sind, vor dem erstmaligen Bezug in der Rahmenfrist während einer vom Bundesrat festzusetzenden Wartezeit keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Als Wartezeit zählen nur Tage, für die der Versicherte die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt (Art. 6 Abs. 4 AVIV). Erzielt der arbeitslose Versicherte einen Zwischenverdienst, so wird der Gesamtbetrag der Arbeitslosenentschädigung, auf den er ohne Zwischenverdienst während der Kontrollperiode Anspruch hätte, gemäss Art. 24 Abs. 2 AVIG um die Hälfte des Zwischenverdienstes gekürzt, und der Restbetrag der Arbeitslosenentschädigung wird als Taggeld ausbezahlt. In dem vom BIGA zitierten Urteil Z. hat das Eidg. Versicherungsgericht entschieden, dass die Wartezeiten wertmässig, d.h. mit Taggeldern und nicht mit kontrollierten Tagen zu tilgen sind. Das bedeutet, dass dem Versicherten nur Wartetage angerechnet werden können, für die ihm volle Taggelder zustehen würden, so dass jeweils zu prüfen ist, wieviel ![]() | 13 |
Der Zweck der Wartezeit, mit dem sich das Eidg. Versicherungsgericht im Urteil Z. zu befassen hatte, besteht darin, "einen gewissen Ausgleich für die Begünstigung zu schaffen, die sich aus der Befreiung von der vorgängigen Beitragszeit ergibt. Es geht dabei weniger um die nicht entrichteten Beiträge als um die Besserstellung gegenüber allen übrigen Versicherten, welche bei Fehlen auch nur eines einzigen Beitragsmonats keinen Anspruch haben" (Botschaft des Bundesrates zum AVIG, BBl 1980 III 566). Dieser Zweck lässt sich nur dadurch in für alle Versicherten rechtsgleicher Art erreichen, dass die Wartetage wertmässig getilgt werden müssen.
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c) Das Institut der kontrollfreien Bezugstage dagegen gründet sich auf schutzrechtlichen Überlegungen, wie sie bezüglich der Ferien im Arbeitsverhältnis zum Tragen kommen. Der arbeitslose Versicherte soll damit die Gelegenheit erhalten, wenigstens während einiger Tage völlig frei disponieren zu können (GERHARDS, Kommentar zum AVIG, Bd. I, S. 261, N. 72 zu Art. 17). Es geht hier nicht um die finanzielle Entlastung der Versicherung, sondern bloss darum, wie der Versicherte seiner Kontrollpflicht zu genügen hat. Diese trifft auch jenen Versicherten, der eine Teilzeitbeschäftigung ausübt und daher nur teilweise arbeitslos ist oder der eine Ersatzarbeit annimmt oder einen Zwischenverdienst erzielt (Art. 22 AVIV). Daraus folgt, dass die Tage, während denen die Versicherten eine Teilzeitbeschäftigung oder eine Ersatzarbeit verrichten oder einen Zwischenverdienst erzielen, als Tage kontrollierter Arbeitslosigkeit gelten, obschon sie ihre Kontrollpflicht nicht jeden Tag erfüllen müssen. Dafür spricht insbesondere auch ![]() | 15 |
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Das kantonale Versicherungsgericht hat unwidersprochen festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin vom Februar 1986 bis Januar 1987 insgesamt 218 und im Mai 1987 weitere 19, insgesamt somit 237 Tage kontrollierter Arbeitslosigkeit nachweisen kann. Nach den Darlegungen in Erw. 2c ist es unerheblich, dass sie in ![]() | 17 |
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