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64. Urteil vom 15. August 1988 i.S. Kantonales Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Bern, gegen K. und Versicherungsgericht des Kantons Bern | |
Regeste |
Art. 30 Abs. 3 AVIG, Art. 45 Abs. 1 AVIV: Einstellung in der Anspruchsberechtigung. |
- Die Einstellungsfrist von sechs Monaten beginnt unabhängig davon zu laufen, ob der Versicherte in diesem Zeitpunkt die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosenentschädigung erfüllt (Erw. 2c). | |
Sachverhalt | |
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B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 4. Juni 1987 gut und hob die angefochtene Verfügung auf. Zur Begründung führte es im wesentlichen an, der Beginn der Einstellungsfrist sei auf den 1. Juni 1986 festzulegen, weshalb am 28. Januar 1987 zufolge ![]() | 2 |
C.- Das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, in Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die Kassenverfügung vom 28. Januar 1987 zu bestätigen.
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Marc K. hat sich nicht vernehmen lassen, während das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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b) Die Dauer der Einstellung bemisst sich nach dem Grad des Verschuldens und beträgt 1 bis 10 Tage bei leichtem, 11 bis 20 Tage bei mittelschwerem und 21 bis 40 Tage bei schwerem Verschulden (Art. 45 Abs. 2 AVIV). Die Einstellung gilt nur für Tage, für die der Arbeitslose die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung erfüllt. Sie wird auf die Höchstzahl der Taggelder nach Art. 27 AVIG angerechnet. Die Einstellung fällt binnen sechs Monaten nach Beginn der Einstellungsfrist dahin (Art. 30 Abs. 3 AVIG).
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Gemäss Art. 45 Abs. 1 lit. a AVIV gilt die Einstellung in der Anspruchsberechtigung ab dem ersten Tag nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn der Versicherte aus eigenem Verschulden arbeitslos geworden ist oder wenn er sich vor der Arbeitslosigkeit nicht genügend um zumutbare Arbeit bemüht hat.
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b) Bei der Einstellungsfrist von sechs Monaten des Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG handelt es sich um eine Vollstreckungsfrist. Es geht um bereits verfügte Einstellungen, die nach Ablauf der sechs Monate nicht mehr "bestanden" werden können, mit der Folge, dass die Einstellung dahinfällt und der Anspruch auf Vollstreckung mit dem unbenützten Ablauf der Frist infolge Verwirkung untergeht (BGE 113 V 73 Erw. 4b am Ende). Die Vollstreckungsfrist von sechs Monaten steht einer nachträglichen Einstellung in der Anspruchsberechtigung grundsätzlich nicht entgegen. Die Einstellung kann daher auch nach Ablauf der sechsmonatigen Einstellungsfrist verfügt werden. Dies setzt jedoch voraus, dass die Einstellungstage bereits während der Einstellungsfrist bestanden wurden und damit der Vollzug der Einstellung rechtzeitig innerhalb der Verwirkungsfrist von sechs Monaten erfolgte (vgl. BGE 113 V 74 Erw. 4c). In diesem Sinne ist BGE BGE 113 V 71 zu verstehen und nicht dahin, dass eine Einstellung in jedem Fall noch nach Ablauf der Vollstreckungsfrist verfügt werden könne. Die Einstellungsfrist von sechs Monaten beschlägt zwar nicht das Recht der Verwaltung, eine Einstellung zu verfügen, sondern bloss die Vollstreckung einer Einstellung. Die zeitliche Begrenzung der Vollstreckung ist aber nicht ohne Einfluss auf die Möglichkeit, nachträglich einen Einstellungsgrund durch Verfügung geltend zu machen. Denn wenn eine Massnahme der Vollstreckung bedarf, diese jedoch zufolge Zeitablaufs nicht mehr in Betracht kommt, so wird die Anordnung einer solchen Massnahme hinfällig. Bei der rückwirkenden Einstellung in der Anspruchsberechtigung sind dabei zwei Tatbestände auseinanderzuhalten, nämlich ob die Arbeitslosenversicherung bereits Leistungen für Stempeltage ausgerichtet oder solche von vornherein verweigert hat. Wird im ersten Fall (z.B. aufgrund einer Revision der Auszahlungen nach Art. 83 Abs. 1 lit. d AVIG und Art. 110 AVIV) die Frage einer rückwirkenden Einstellung in der Anspruchsberechtigung aufgeworfen, so darf eine solche Massnahme nicht mehr vollstreckt werden und braucht darum auch gar nicht erst verfügt zu werden, wenn seit dem Beginn der in Aussicht genommenen Einstellung mehr als sechs Monate vergangen sind. In diesem Sinne hat das Eidg. ![]() | 10 |
c) Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ist u.a. die Erfüllung der Kontrollvorschriften (Art. 8 Abs. 1 lit. g in Verbindung mit Art. 17 Abs. 2 AVIG). Aus diesem Grunde können Einstellungstage frühestens ab dem Zeitpunkt bestanden werden, in welchem der Versicherte - hier am 22. Dezember 1986 - die Kontrollvorschriften erfüllt (ARV 1987 Nr. 2 S. 40). Hievon zu unterscheiden ist die auf sechs Monate begrenzte Frist zur Vollstreckung von Einstellungstagen, deren Beginn nicht an die rechtliche Arbeitslosigkeit anknüpft, sondern gemäss Art. 45 Abs. 1 AVIV an einen bestimmten Zeitpunkt im Anschluss an den mit einer Einstellung zu sanktionierenden Sachverhalt. Für den Beginn der sechsmonatigen Vollstreckungsfrist des Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG ist daher im Unterschied zum ![]() | 11 |
d) Im vorliegenden Fall begann die sechsmonatige Einstellungsfrist gemäss Art. 45 Abs. 1 lit. a AVIV am ersten Tag nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, d.h. am 1. Juni 1986. Am ersten Stempeltag am 22. Dezember 1986, als der Beschwerdegegner sämtliche Kontrollvorschriften erfüllte und das Bestehen von Einstellungstagen überhaupt zulässig gewesen wäre, war die sechsmonatige Einstellungsfrist bereits abgelaufen und waren damit noch nicht bestandene Einstellungstage verwirkt. Daraus folgt, dass die angefochtene Einstellungsverfügung vom 28. Januar 1987 von der Vorinstanz zu Recht aufgehoben wurde.
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