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16. Urteil vom 18. Mai 1989 i.S. S. gegen Basellandschaftliche Beamtenversicherungskasse und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft | |
Regeste |
Art. 29 BVG, Art. 331c OR: Übertragung der Freizügigkeitsleistung. |
- Voraussetzungen, unter denen in der weitergehenden Vorsorge der Versicherte bezüglich der in die neue Vorsorgeeinrichtung eingebrachten Freizügigkeitsleistung ein Wahlrecht hinsichtlich der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten der Erhaltung des Vorsorgeschutzes hat (Erw. 4b). | |
Sachverhalt | |
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Walter S. hatte sich bei der BVK statutengemäss auf das 30. Altersjahr, d.h. auf den 10. Oktober 1984 zurück einzukaufen. Die Einkaufssumme belief sich auf Fr. 13'862.40, welchen Betrag die BVK mit den ihr von der Pensionskasse überwiesenen Fr. 24'672.55 verrechnete. Das für den Einkauf nicht erforderliche Kapital von Fr. 10'810.15 schrieb die BVK dem Versicherten gut, wobei sie eine Verrechnung mit künftigen Prämienzahlungen oder Einkaufsgeld bei Lohnerhöhungen gestützt auf ihre Statuten ausschloss.
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B.- Walter S. wandte sich an das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft und beantragte, es sei das für den Einkauf nicht erforderliche Kapital von Fr. 10'810.15 auf ein gesperrtes Vorsorgekonto bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank, lautend auf seinen Namen, zu überweisen.
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Das Versicherungsgericht wies dieses Rechtsbegehren mit Entscheid vom 30. März 1988 ab.
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C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert Walter S. den vor der Vorinstanz gestellten Antrag.
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Während die BVK auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) deren Gutheissung.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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2. a) Im Obligatoriumsbereich sieht Art. 29 BVG als Mindestvorschrift (Art. 6 BVG) unter dem Marginale "Übertragung der Freizügigkeitsleistung" vor: Der Betrag der Freizügigkeitsleistung ist der neuen Vorsorgeeinrichtung zu überweisen. Diese schreibt ihn dem Versicherten gut (Abs. 1). Der Versicherte kann den Betrag bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung belassen, wenn ihre reglementarischen Bestimmungen dies zulassen und der neue Arbeitgeber zustimmt (Abs. 2). Kann der Betrag weder einer neuen Vorsorgeeinrichtung überwiesen noch bei der alten belassen werden, so ist der Vorsorgeschutz durch eine Freizügigkeitspolice oder in anderer gleichwertiger Form zu erhalten (Abs. 3). Der Bundesrat regelt die Errichtung, den Inhalt und die Rechtswirkungen der ![]() | 8 |
b) Für die Übertragung der Freizügigkeitsleistung aus weitergehender Vorsorge (Art. 49 Abs. 2 BVG) gilt nicht Art. 29 BVG, sondern Art. 331c OR, welche Bestimmung für die weitergehende zivil- und auch für die öffentlichrechtliche berufliche Vorsorge von Bund, Kantonen und Gemeinden massgeblich ist (Art. 342 Abs. 1 lit. a OR; BGE 113 V 124 Erw. 3b mit Hinweis). Abs. 1 und 2 von Art. 331c OR lauten:
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Die Personalfürsorgeeinrichtung hat ihre der Forderung des Arbeitnehmers
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entsprechende Schuldpflicht in der Weise zu erfüllen, dass sie zu
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dessen Gunsten eine Forderung auf künftige Vorsorgeleistungen gegen die
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Personalfürsorgeeinrichtung eines anderen Arbeitgebers, gegen eine der
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Versicherungsaufsicht unterstellte Unternehmung oder, unter voller
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Wahrung des Vorsorgeschutzes, gegen eine Bank oder Sparkasse begründet,
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welche die vom Bundesrat festgesetzten Bedingungen erfüllt (Abs. 1).
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Die Forderung auf künftige Vorsorgeleistungen wird in jedem Fall nach
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den Bestimmungen des Reglementes der Personalfürsorgeeinrichtung füllig
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und kann vom Arbeitnehmer vor der Fälligkeit gültig weder abgetreten
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noch verpfändet werden (Abs. 2).
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c) Der Bundesrat hat u.a. gestützt auf die erwähnten Art. 29 Abs. 4 BVG und Art. 331c Abs. 1 OR die Verordnung über die Erhaltung des Vorsorgeschutzes und die Freizügigkeit vom 12. November 1986, in Kraft seit 1. Januar 1987, erlassen. Diese Verordnung gilt sowohl im obligatorischen als auch im weitergehenden Bereich der beruflichen Vorsorge (ZAK 1988 S. 48 Erw. 4a). Nach Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung wird der Vorsorgeschutz durch eine Freizügigkeitspolice oder durch ein Freizügigkeitskonto erhalten, wenn die Versicherung im Freizügigkeitsfall weder bei einer neuen noch bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung weitergeführt wird. Der Vorsorgenehmer kann jederzeit das Vorsorgekapital in eine Vorsorgeeinrichtung einbringen (Art. 4 lit. a der Verordnung). Ist der Betrag der Freizügigkeitsleistung höher als das vom Vorsorgenehmer nach BVG erworbene Altersguthaben, so muss dieses Altersguthaben gesondert angegeben werden (Art. 11 Abs. 1 der Verordnung). Nach Art. 13 Abs. 3 gibt der Versicherte der Vorsorgeeinrichtung bekannt, an welche neue Vorsorgeeinrichtung die Freizügigkeitsleistung zu überweisen ist (Satz 1). Kann die Freizügigkeitsleistung nicht einer neuen Vorsorgeeinrichtung überwiesen oder bar ausbezahlt werden, gibt ihr der Versicherte bekannt, in welcher Form der Vorsorgeschutz zu erhalten ist (Satz 2).
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Beim Eintritt in die Kasse hat sich das Mitglied ungeachtet seines Alters
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über die von der letzten Vorsorgeeinrichtung empfangenen Mittel
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auszuweisen und mindestens diese in die Kasse einzulegen (Abs. 1).
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Die eingebrachten Mittel werden zuerst zur Deckung des Einkaufsanteils
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des Mitglieds und danach zur Deckung des Einkaufsanteils des
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Arbeitgebers verwendet (Abs. 2).
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Übersteigen die eingebrachten Mittel
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die gesamte gemäss Absatz 4 erforderliche Einkaufssumme, so hat das
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Mitglied nur in dem Masse einen zusätzlichen Anspruch gemäss § 11 Absatz
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6, als die von der letzten Vorsorgeeinrichtung zugesagten Leistungen die
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neuen übersteigen. Kann diesem Anspruch nicht Folge geleistet werden, so
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wird das allfällige Guthaben dem Mitglied persönlich gutgeschrieben. Eine
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Verrechnung mit künftigen Prämienzahlungen oder Einkaufsgeld bei
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Lohnerhöhungen ist ausgeschlossen (Abs. 3).
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b) Das kantonale Gericht hat zum Antrag im wesentlichen erwogen, das BVG bestimme nicht, auf welche Weise der für den Einkauf nicht erforderliche überschiessende Teil der Freizügigkeitsleistung zu verwenden sei. Einzelne Vorsorgereglemente sähen vor, dass der nichtbenötigte Freizügigkeitsbetrag dem Versicherten als Sparkapital separat gutgeschrieben werde; andere liessen solche Beträge zugunsten des allgemeinen Deckungskapitals ![]() | 38 |
c) Für das BVG-Obligatorium ist, vorbehältlich des hier nicht anwendbaren Art. 29 Abs. 2 BVG, eine Pflicht zur Überweisung der Freizügigkeitsleistung nach Art. 29 Abs. 1 BVG an die neue Vorsorgeeinrichtung zu bejahen. Dies geht einerseits aus dem zitierten Art. 29 Abs. 3 BVG hervor, wonach die Erhaltung des Vorsorgeschutzes durch eine Freizügigkeitspolice oder in anderer gleichwertiger Form voraussetzt, dass der Betrag weder einer neuen Vorsorgeeinrichtung überwiesen noch bei der alten belassen werden kann. Die Überweisung des Altersguthabens an die neue Vorsorgeeinrichtung deckt sich anderseits auch mit Sinn und Zweck der gesetzlich vorgesehenen Freizügigkeitsleistung im Obligatoriumsbereich. Hier entspricht ja die Höhe der Freizügigkeitsleistung dem vom Versicherten bis zu deren Überweisung erworbenen Altersguthaben (Art. 28 Abs. 1 BVG), welches die Grundlage für künftige Rentenleistungen darstellt (Art. 15 Abs. 1 lit. a und b in Verbindung mit Art. 14 BVG betreffend die Altersrente und Art. 24 Abs. 2 BVG betreffend die Invalidenrente). Da nach Art. 11 Abs. 1 der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) vom 18. April 1984, in Kraft seit 1. Januar 1985, die Vorsorgeeinrichtung für jeden Versicherten ein Alterskonto führen muss, aus dem das Altersguthaben nach Art. 15 Abs. 1 BVG ersichtlich ist, wäre es im Falle der Weiterführung der beruflichen Vorsorge mit den Erfordernissen der obligatorischen Mindestversicherung nicht vereinbar, bisher erworbene Altersguthaben in Form einer Versicherungspolice oder auf einem Bankkonto anzulegen. Registrierte Vorsorgeeinrichtungen, welche neben den Minimalleistungen auch Mehrleistungen erbringen ("umhüllende Kassen") wie die BVK, haben im Rahmen einer Schattenrechnung den Nachweis zu erbringen, dass in ihren Leistungen die obligatorischen Leistungen enthalten sind und dass ihre Versicherung jederzeit dem Obligatorium entspricht (HELBLING, Personalvorsorge und BVG, 3. Aufl., S. 274 ff. und 408 ff.; RIEMER, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der ![]() | 39 |
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Eine Aufteilung der Freizügigkeitsleistung ist nach Möglichkeit zu
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vermeiden; sie widerspräche auch den Absichten des Gesetzgebers. Dieser
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hat sich bemüht, die obligatorische Zweite Säule ohne Schaden in das
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bestehende Vorsorgesystem einzubauen und insbesondere die
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BVG-Freizügigkeitsleistung auf jene gemäss OR abzustimmen. Die einzige
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Ausnahme von diesem Grundsatz wäre jener Fall, wo die neue
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Vorsorgeeinrichtung sich streng auf die Anwendung des Obligatoriums
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beschränkt oder nicht den Gesamtbetrag der Freizügigkeitsleistung
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benötigt. Der Versicherte hat dann die Möglichkeit, den Mehrbeitrag auf
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eine Freizügigkeitspolice oder auf ein Freizügigkeitskonto überweisen zu
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lassen.
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In der Vernehmlassung führt das BSV aus, primär werde die Freizügigkeitsleistung auf die Vorsorgeeinrichtung des neuen Arbeitgebers übertragen. Dies sei jedoch nicht die einzige Verwendungsart. Auch die Weiterführung der Versicherung bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung, die Errichtung einer Freizügigkeitspolice oder eines Freizügigkeitskontos seien gesetzlich anerkannte, gleichwertige Verwendungsformen. Sie kämen aber erst zur Anwendung, wenn die Übertragung der Freizügigkeitsleistung in eine neue Vorsorgeeinrichtung nicht möglich sei (z.B. bei Stellenlosigkeit, vorübergehender Auslandsabwesenheit). Es stelle sich die Frage, ob nicht ein ähnlicher Fall vorliege, wenn die Freizügigkeitsleistung des neuen Mitglieds von der neuen Vorsorgeeinrichtung für die Zwecke seiner beruflichen Vorsorge nicht vollständig verwendet werden könne. Dies würde bedeuten, dass die Freizügigkeitsleistung von der bisherigen Vorsorgeeinrichtung nur teilweise auf die neue zu übertragen sei, während der Versicherte für den verbleibenden Rest unter den übrigen genannten Formen frei ![]() | 52 |
b) Die Vorsorgeeinrichtungen sind im Rahmen des BVG in der Gestaltung ihrer Leistungen, in deren Finanzierung und in ihrer Organisation frei (Art. 49 Abs. 1 BVG). Dies bedeutet indessen nicht, dass sie für die weitergehende Vorsorge nur die in Art. 49 Abs. 2 ausdrücklich vorbehaltenen Vorschriften des BVG zu beachten hätten. Ähnlich wie die Krankenkassen auch im Rahmen der ihnen in Art. 1 Abs. 2 KUVG gewährleisteten Autonomie die allgemeinen Rechtsgrundsätze zu berücksichtigen haben, wie sie sich insbesondere aus der Bundesverfassung ergeben (vgl. BGE 113 V 215 Erw. 3b, RKUV 1989 Nr. K 794 S. 26 Erw. 2b, je mit Hinweisen), sind von Verfassungs wegen die Vorsorgeeinrichtungen an die Grundsätze der Rechtsgleichheit, des Willkürverbotes und der Verhältnismässigkeit gebunden. Insbesondere darf die Vorsorgeeinrichtung im Rahmen der ihr zustehenden Gestaltungsfreiheit die Rechte der Versicherten nur so weit beschränken, als dies für die sachgerechte Durchführung des Vorsorgeverhältnisses erforderlich ist. Indem § 12 der Statuten der BVK (vgl. Erw. 2d) die Pflicht zur Gutschreibung überschiessender eingebrachter Mittel normiert, ist dies durch den für die Rechtfertigung einer solchen Einschränkung massgeblichen Zweck der Erhaltung des Vorsorgeschutzes schlechterdings nicht gedeckt. Diese Regelung lässt ausser acht, dass das Bundesrecht im Bereich der weitergehenden Vorsorge, wie dargetan (Erw. 2b, c), andere Formen der Erhaltung des Vorsorgeschutzes kennt. Von diesen kann der Versicherte im Bereich der weitergehenden beruflichen Vorsorge dann Gebrauch machen, wenn und insoweit die von der letzten Vorsorgeeinrichtung ausgerichtete vor-, über- und unterobligatorische Freizügigkeitsleistung für die Fortführung seiner weitergehenden beruflichen Vorsorge bei der neuen Pensionskasse angesichts deren statutarischen Leistungssystems bedeutungslos ist. Das trifft hier zu ![]() | 53 |
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b) Gemäss Art. 2 Abs. 3 lit. a der Verordnung über die Erhaltung des Vorsorgeschutzes und die Freizügigkeit gelten als Freizügigkeitskonten besondere, ausschliesslich und unwiderruflich der Vorsorge dienende Verträge, u.a. bei einer Kantonalbank. Da die Überweisung auf ein gesperrtes Vorsorgekonto bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank, lautend auf den Namen des Beschwerdeführers, den Anforderungen nach der erwähnten Verordnungsbestimmung genügt, ist seinem Begehren stattzugeben.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 30. März 1988 aufgehoben und die Basellandschaftliche Beamtenversicherungskasse verpflichtet, den Betrag von Fr. 10'810.15 auf ein auf den Namen des Beschwerdeführers lautendes, ![]() | 58 |
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