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42. Urteil vom 24. August 1989 i.S. W. gegen Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn | |
Regeste |
Art. 8 Abs. 2 EOG, Art. 12a Abs. 1 EOV, Art. 3 Abs. 2 FLV. |
- Die Frage, ob eine hauptberufliche Tätigkeit im Sinne von Art. 12a Abs. 1 EOV vorliegt, beurteilt sich sinngemäss nach den für hauptberuflich tätige Kleinbauern im Sinne von Art. 3 Abs. 2 FLV massgebenden Kriterien (Erw. 3a). | |
Sachverhalt | |
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B.- Die gegen diese Verfügung eingereichte Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn gestützt auf eine Aufstellung der Ausgleichskasse betreffend die von Samuel und Anton W. 1988 ausgeübten Tätigkeiten mit Entscheid vom 9. Februar 1989 ab.
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C.- Samuel W. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Zusprechung der Betriebszulage für die Zeit vom 18. April bis 7. Mai 1988.
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Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
1. a) Personen, die in der schweizerischen Armee Militärdienst leisten, haben für jeden besoldeten Diensttag Anspruch auf eine Entschädigung (Art. 1 Abs. 1 EOG). Als Entschädigung werden u.a. Betriebszulagen ausgerichtet, deren Anspruchsvoraussetzungen in Art. 8 EOG umschrieben sind. Anspruch auf Betriebszulagen haben danach die Dienstleistenden, die als Eigentümer, Pächter oder Nutzniesser einen Betrieb führen oder als Teilhaber einer Kollektivgesellschaft, als unbeschränkt haftende Teilhaber einer Kommanditgesellschaft oder als Teilhaber einer anderen auf einen Erwerbszweck gerichteten Personengesamtheit ohne juristische Persönlichkeit an der Führung eines Betriebes ![]() | 6 |
Gestützt auf diese Delegationsnorm hat der Bundesrat Art. 12a EOV erlassen, der lautet:
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Anspruch auf Betriebszulage haben Dienstleistende, die als mitarbeitende
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Familienglieder hauptberuflich in einem Landwirtschaftsbetrieb tätig sind
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und als selbständige Landwirte im Sinne von Art. 1 Abs. 2 FLG gelten (Abs.
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1).
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Der Anspruch auf Betriebszulage steht nur Dienstleistenden zu, die
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ununterbrochen mindestens 13 Tage Dienst leisten und für die während
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mindestens 10 Tagen im Betrieb eine Ersatzkraft tätig ist, deren Barlohn
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im Tagesdurchschnitt mindestens die Höhe der Betriebszulage erreicht
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(Abs. 2).
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b) Als Sohn des Betriebsinhabers ist der Beschwerdeführer ein mitarbeitendes Familienglied im Sinne von Art. 12a Abs. 1 EOV in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 lit. a FLG. Ferner sind auch die Erfordernisse der Mindestdienstleistung und des Mindestbarlohnes der Ersatzkraft gemäss Art. 12a Abs. 2 EOV erfüllt.
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a) Nach Art. 8 Abs. 2 EOG haben Dienstleistende, die als "mitarbeitende Familienglieder in einem Landwirtschaftsbetrieb tätig sind", Anspruch auf Betriebszulagen. Das Erfordernis, dass das mitarbeitende Familienglied hauptberuflich im Landwirtschaftsbetrieb tätig sein muss, erwähnt das formelle Gesetz nicht. Diese Anspruchsvoraussetzung findet sich erst in Art. 12a Abs. 1 EOV. Weil damit der Kreis der Zulagenberechtigten durch die Verordnung im Vergleich zum übergeordneten Gesetz erheblich eingeschränkt wird, fragt sich und ist von Amtes wegen zu prüfen, ob Art. 12a Abs. 1 EOV diesbezüglich gesetzeskonform ist.
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b) (Überprüfung der Verordnungen des Bundesrates)
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Dieser Auffassung wurde in den folgenden parlamentarischen Beratungen nicht widersprochen. Weil die aus den Materialien schlüssig hervorgehende Absicht, dem Bundesrat für die Regelung ![]() | 22 |
d) Das durch die Verordnung aufgestellte Erfordernis der hauptberuflichen Beschäftigung ist auch unter dem Gesichtspunkt der systematischen und teleologischen Auslegung des Gesetzes nicht in Zweifel zu ziehen. Denn einerseits kommen auch die Betriebsinhaber selbst und die ihnen nach Art. 8 Abs. 1 EOG gleichgestellten Personen nur dann in den Genuss der Betriebszulage, sofern sie nicht aus unselbständiger Erwerbstätigkeit ein höheres Einkommen erzielen. Kann aber selbst der Betriebsinhaber, der überwiegend unselbständig erwerbstätig ist, keine Betriebszulagen beanspruchen - weil er eben für den dienstlichen Erwerbsausfall bereits durch die Entschädigungsarten der Art. 4 ff. EOG, bemessen nach dem durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommen aus unselbständiger Tätigkeit, entschädigt wird (Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 EOG) -, ist nicht ersichtlich, weshalb das bloss nebenberuflich mitarbeitende Familienglied Anspruch auf Betriebszulage haben soll. Andererseits zeigt auch die Beratung im Nationalrat, dass die Einführung der Betriebszulage auf hauptberuflich mitarbeitende Familienglieder in landwirtschaftlichen Betrieben beschränkt bleiben sollte. Dem Antrag von Nationalrat Thévoz, der das Erfordernis, dienstbedingt eine Ersatzkraft im Betrieb einstellen zu müssen, abschwächen wollte, hielt Bundesrat Hürlimann u.a. entgegen, ein entscheidender Gesichtspunkt für die Bezahlung der Betriebszulage sei, dass die Ersatzkraft bezahlt werden müsse. Der Landwirtschaftsbetrieb, auf dem Vater und Sohn arbeiten, müsse bei dienstlicher Abwesenheit des Sohnes weitergeführt werden, was in den meisten Fällen nur möglich sei, wenn für den ausscheidenden Sohn eine Ersatzkraft angestellt wird. "Wenn Sie dem Antrag Thévoz folgten, würde das bedeuten, dass jedes Familienmitglied in einem Landwirtschaftsbetrieb, das Militärdienst leistet, Anspruch auf eine Betriebszulage hätte, was nach unserer Überzeugung nicht gerechtfertigt wäre, weil wir dann ungerecht wären gegenüber allen nicht landwirtschaftlichen Kleinbetrieben, die im Grunde genommen mit genau gleichem Argument eine solche Zulage geltend machen könnten. Was wir wollen, ist nichts anderes als eine Entschädigung für den Bauern, der nicht ![]() | 23 |
Diese Auffassung setzte sich im Nationalrat klar durch (Sten.Bull. N 1975 II 1165), während Art. 8 Abs. 2 der Vorlage im Ständerat zu keinen Diskussionen Anlass gegeben hatte (Sten.Bull. S 1975 364). Die Materialien machen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, mit der Betriebszulage an mitarbeitende Familienglieder eigentlichen Notlagen entgegenzuwirken. Von einer Notlage kann indessen nicht gesprochen werden, wenn ein bloss nebenberuflich in einem landwirtschaftlichen Familienbetrieb Tätiger infolge Militärdienstes einen Erwerbsausfall erleidet. Dieser kommt in den Genuss der ihm nach Massgabe von Art. 4 bis 7 EOG zustehenden Entschädigungen, nicht aber der Betriebszulage.
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e) Zusammenfassend ergibt sich, dass das Erfordernis der hauptberuflichen Tätigkeit unter keinem Auslegungsgesichtspunkt zu beanstanden ist. Das Eidg. Versicherungsgericht ist denn auch in dem in ZAK 1978 S. 34 veröffentlichten Urteil H. vom 12. September 1977 implizit von der Gesetzmässigkeit von Art. 12a EOV ausgegangen. Zu prüfen bleibt somit, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzung der hauptberuflichen Tätigkeit erfüllt ist.
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3. a) Das Begriffspaar haupt-/nebenberufliche Tätigkeit findet sich auch in der Gesetzgebung über die Familienzulagen in der Landwirtschaft. Gemäss dem gestützt auf Art. 5 Abs. 3 FLG erlassenen Art. 3 Abs. 2 FLV gilt als hauptberuflich tätig ein Kleinbauer, der im Verlaufe des Jahres vorwiegend in seinem landwirtschaftlichen Betrieb tätig ist und aus dem Ertrag dieser Tätigkeit in überwiegendem Masse den Unterhalt seiner Familie bestreitet. Die landwirtschaftliche Tätigkeit muss somit den grösseren Teil der Zeit beanspruchen und die überwiegende Erwerbsquelle darstellen, wobei grundsätzlich von einer ganzjährigen Erwerbstätigkeit auszugehen ist (BGE 99 V 119 Erw. 1). Nach der Verwaltungspraxis müssen diese beiden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein, was in der Regel nur dann zutrifft, wenn der Betrieb eine gewisse Mindestgrösse aufweist (Rz. 44 in fine der Erläuterungen des BSV zu den Familienzulagen in der Landwirtschaft). Diese Begriffsumschreibung der hauptberuflichen Tätigkeit nach FLG kann sinngemäss auf den Bereich des Betriebszulagenanspruches ![]() | 26 |
b) In der Beschwerde an die Vorinstanz wurde darauf hingewiesen, dass beide Söhne in der Landwirtschaft tätig seien, wobei "aber nur jeweils ein Sohn gleichzeitig auf dem Betrieb des Vaters" mitarbeite, weshalb dann derjenige Sohn, der jeweils nicht auf dem Landwirtschaftsbetrieb arbeite, für seinen Bruder während dessen Militärdienst einspringen müsse. Laut unbestritten gebliebener Darstellung der Ausgleichskasse hat der Beschwerdeführer 1986 während zwei Monaten und 1987 von Juli bis Oktober als Ersatzkraft für seinen Bruder Anton, der die Rekrutenschule absolvierte, im Betrieb seines Vaters gearbeitet. Für das Jahr 1988 ergibt sich folgendes: Vom 1. Januar bis 11. März besuchte der Beschwerdeführer eine landwirtschaftliche Schule, vom 12. März bis 17. April bezog er Ferien, besuchte einen Melkkurs und arbeitete beim Vater; anschliessend absolvierte er bis 7. Mai den Wiederholungskurs und war vom 8. Mai bis 12. Juni wiederum im väterlichen Betrieb tätig. Ab 13. Juni bis 5. November arbeitete er schliesslich als Ersatzkraft für seinen Bruder Anton im Betrieb seines Vaters.
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Bei dieser Sachlage scheidet eine hauptberufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers im väterlichen Landwirtschaftsbetrieb aus. Zwar trifft es zu, dass er unmittelbar vor der zum Rechtsstreit führenden Dienstleistung (vom 18. April bis 7. Mai 1988) ganztags auf dem Anwesen des Vaters beschäftigt war. Dieser Umstand allein begründet jedoch noch keine hauptberufliche Tätigkeit im Sinne des Gesetzes; diese Eigenschaft muss vielmehr über einen längeren Zeitraum erfüllt sein, könnte doch andernfalls der Betriebsinhaber im Hinblick auf den Betriebszulagenanspruch nach Art. 8 Abs. 2 EOG oder gar zu dessen Erwirkung jeweils so disponieren, dass unter mehreren nur zeitweise Beschäftigten stets dasjenige Familienglied, das jeweils Militärdienst zu leisten hat, als hauptberuflich tätig zu betrachten wäre. Damit würde der Zweck der gesetzlichen Betriebszulagenberechtigung nach Art. 8 Abs. 2 EOG, die angestrebte Milderung von Notlagen landwirtschaftlicher Betriebe, vereitelt. Anders wäre zu entscheiden, wenn ein im wesentlichen gleichzeitiger und ständiger Einsatz beider Söhne auf dem landwirtschaftlichen Anwesen wegen dessen Grösse betrieblich notwendig wäre. Dieser Sachverhalt ist im vorliegenden Fall unbestrittenermassen nicht gegeben. Wenn nun die Ausgleichskasse bereits 1987 und wiederum ab Juli 1988 Anton W. als hauptberuflich im Familienbetrieb tätig betrachtete, ist es ausgeschlossen, ![]() | 28 |
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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