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47. Auszug aus dem Urteil vom 2. November 1989 i.S. W. gegen Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt und Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel | |
Regeste |
Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG: Anrechnung von Vermögen. Voraussetzungen und Schranken für die Anwendung von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG. | |
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Streitig ist, ob für die Beurteilung des Ergänzungsleistungsanspruchs vom tatsächlichen Vermögensstand am jeweiligen Stichtag auszugehen oder ob in Anwendung von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG ein hypothetisches Vermögen zu berücksichtigen ist.
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b) Das Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt (nachfolgend Kantonales Amt) ermittelte ein hypothetisches Vermögen. Ausgehend vom Vermögensstand anfangs Oktober 1985 von ![]() | 3 |
Demgegenüber bringt die Beschwerdeführerin sinngemäss vor, es müsse vom tatsächlichen Vermögensstand ausgegangen werden. So wies sie in der vorinstanzlichen Beschwerde auf ihre nunmehrige Mittellosigkeit hin und wandte ein, sie dürfe nicht dafür bestraft werden, weil sie ihr Vermögen zu rasch verbraucht habe. In ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde rügt sie, dass die bereits gegenüber dem Kantonalen Amt belegten Ausgaben nicht berücksichtigt worden seien. In der Beilage zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde beziffert sie diese Ausgaben von September 1985 bis September 1986 auf insgesamt Fr. 53'176.05, wozu noch weiter nicht belegte Kosten für den Lebensunterhalt und für verschiedene Auslandreisen hinzukämen.
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Während sich das Bundesamt für Sozialversicherung zur Frage, welches Vermögen anzurechnen ist, nicht vernehmen lässt und sich insbesondere auch nicht zur vorgängig eingeholten Stellungnahme des Kantonalen Amtes äussert, bringt letzteres vor, dass ein über die Normalitätsgrenze von Fr. 20'000.-- im Jahr hinausgehender Vermögensverbrauch, für den keine objektive Notwendigkeit bestehe, Verzicht im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG darstelle, "in welchem Verschenk und Verputz eingeschlossen sind". Der Auffassung des Kantonalen Amtes kann aus den folgenden Gründen nicht beigepflichtet werden.
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c) Die Ergänzungsleistungen bezwecken eine angemessene Deckung des Existenzbedarfs (vgl. Art. 34quater Abs. 2 BV in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 ÜbBest. BV; BGE 108 V 241). Bedürftigen Rentnern der AHV und IV soll ein regelmässiges Mindesteinkommen gesichert werden (bundesrätliche Botschaft zum Entwurf eines Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen vom 21. September 1964; BBl 1964 II 689, 692 und 694). Die Einkommensgrenzen haben dabei die doppelte Funktion einer Bedarfslimite und eines garantierten Mindesteinkommens (BBl 1964 II 691; BGE 113 V 285 Erw. 5b mit Literaturhinweisen, BGE 103 V 28 Erw. 2b). Es gilt deshalb der Grundsatz, dass bei der Anspruchsberechtigung nur tatsächlich vereinnahmte Einkünfte und vorhandene Vermögenswerte zu berücksichtigen sind, über ![]() | 6 |
Im unveröffentlichten Urteil K. vom 10. Mai 1983 hat das Eidg. Versicherungsgericht im ähnlich gelagerten Fall eines Altersrentners, der bislang bescheiden gelebt hatte, dem bei der Pensionierung vom Arbeitgeber ein Kapital ausgerichtet worden war und der einen Teil seines Vermögens für Auslandreisen, Zahnbehandlung, Anschaffungen und auswärtiges Essen ausgegeben hatte, einen Anwendungsfall im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG verneint und dazu ausgeführt:
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"L'expérience de la vie enseigne qu'un tel comportement est fréquent dans des situations de ce genre et même si le recourant devait être taxé d'imprévoyance, on ne saurait dire pour autant qu'il ait manifesté une intention dolosive au sens des principes rappelés plus haut. Au demeurant, en édictant l'art. 3 al. 1 let. f LPC, le législateur n'a sans doute pas voulu sanctionner l'assuré prodigue. Il s'agissait avant tout d'empêcher qu'un assuré se dessaisisse de tout ou partie de ses biens au profit d'un tiers, sans obligation juridique et de manière à diminuer le revenu déterminant le droit aux prestations complémentaires et leur montant. Mais l'assuré qui dépense sa fortune pour acquérir des biens de consommation, ou pour améliorer son train de vie, use de sa liberté personnelle et ne saurait tomber sous le coup de cette disposition."
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Das Eidg. Versicherungsgericht hat damit nicht bloss die - altrechtlich noch verlangte - Umgehungsabsicht verneint, sondern bereits auch eine relevante Verzichtshandlung. Der Umstand, dass ab 1. Januar 1987 für die Anwendung von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG eine Umgehungsabsicht nicht mehr vorausgesetzt ist, kann darum unter der Herrschaft des neuen Rechts zu keinem andern Ergebnis führen. Mit andern Worten wäre der erwähnte Fall K. heute gleich zu beurteilen.
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d) Das Vermögen der Beschwerdeführerin betrug, wie erwähnt, am 1. Januar 1986 Fr. 50'622.-- und am 1. Januar 1987 noch ![]() | 10 |
e) Die von der Beschwerdeführerin eingereichten Belege über Ausgaben von September 1985 bis September 1986 ergeben folgendes Bild:
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Rückzahlung privater Schulden Fr. 6'777.50 Fr. 8'000.--
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Steuern Fr. 11'497.60 Fr. --.--
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Mietzins Fr. 1'560.-- Fr. 3'540.--
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Krankenkasse Fr. 550.50 Fr. 1'728.--
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PTT Fr. 317.70 Fr. 971.15
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Anschaffungen mit Kreditkarte Fr. 3'582.50 Fr. 7'686.50
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Anschaffungen V. SA Fr. --.-- Fr. 1'018.30
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Tickets für verschiedene
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Flugreisen (Mallorca, Madeira, New York) Fr. 515.-- Fr. 3'070.--
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Zahnarzt, Brille Fr. 300.-- Fr. 261.--
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Schreinerarbeit und Bodenbelag Fr. --.-- Fr. 630.--
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Hausratversicherung Fr. 245.40 Fr. --.--
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Diverse Rechnungen Fr. 400.-- Fr. 160.--
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Saldo Fr. 25'746.20 Fr. 27'064.95
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Mit diesen Ausgaben ist eine Verminderung des ursprünglichen Vermögens von Fr. 88'597.-- auf Fr. 35'785.85 belegt. Der weitere Vermögensrückgang bis zum letztendlichen Stand von Fr. 700.80 am 1. Januar 1987 lässt sich dabei mit sonstigen Aufwendungen für die diversen Auslandaufenthalte einerseits sowie mit den Verpflegungskosten zu Hause und übrigen Baranschaffungen erklären. Dass die Beschwerdeführerin ihr Vermögen durch kleinere bzw. grössere Barbezüge am Bankschalter bzw. Bankomat gleichsam "portionenweise" verbraucht hat, um "etwas besser zu leben", als sie dies bisher gewohnt war, ergibt sich sodann auch aus den Auszügen ihrer beiden Konten. Hingegen sind keine Anhaltspunkte für eine Vermögenshingabe ohne rechtliche Verpflichtung und ohne adäquate Gegenleistung ersichtlich. Das Kantonale Amt macht denn auch diesbezüglich nichts geltend. Unter diesen Umständen besteht keine Veranlassung zur Anrechnung eines hypothetischen Vermögens.
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