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24. Urteil vom 10. Januar 1990 i.S. Schweizerische Grütli gegen Bundesamt für Sozialversicherung und Eidgenössisches Departement des Innern | |
Regeste |
Art. 99 lit. b und Art. 129 Abs. 1 lit. b OG: Verfügung betreffend einen Tarif und Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. |
- Die Zulässigkeit einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Zusammenhang mit Tarifen bestimmt sich nicht danach, ob die sich stellende Frage die technische Ausgestaltung des Tarifs und damit einen schwer justiziablen Bereich betrifft oder ob es sich um eine richterlicher Beurteilung zugängliche Rechtsfrage handelt. | |
Sachverhalt | |
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Weil eine Krankenkasse die Rechtmässigkeit dieser Anordnung in Frage stellte, erliess das BSV am 6. Februar 1989 eine an alle anerkannten Krankenkassen gerichtete Verfügung, mit welcher es die im Zirkular Nr. 199 bekanntgegebene Neueinreihung der Regionen in die Risikogruppen bestätigte. Im weiteren hielt es fest, dass einer gegen diese Verfügung gerichteten Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen werde.
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B.- Hiegegen liess die Schweizerische Grütli beim EDI Beschwerde führen mit den Anträgen:
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"1. Es sei festzustellen, dass Art. 13a Abs. 3 der Verordnung II über die
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Krankenversicherung sowie die darauf beruhende Verordnung 5 des
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verfassungs- und gesetzwidrig und damit nichtig sind, als sie den
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Bundesbehörden die Kompetenz zur Festsetzung verbindlicher Mindestbeiträge
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in der Kollektivversicherung einräumen, und es seien demzufolge die
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angefochtene Verfügung des BSV vom 6.2.1989 und das durch sie bestätigte
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Zirkular Nr. 199 vom 15.12.1988 ersatzlos aufzuheben.
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2. Eventuell:
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Für den Fall, dass wider Erwarten die Kompetenz der Bundesbehörden zur
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Festsetzung von verbindlichen Mindestbeiträgen in der
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Kollektivversicherung bestätigt werden sollte, seien die angefochtene
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Verfügung des BSV vom 6.2.1989 und das durch sie bestätigte Zirkular Nr.
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199 vom 15.12.1988 aufzuheben, und es seien die bisherigen Mindestbeiträge
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in der Kollektivversicherung gemäss Tabelle vom 1.3.1988 auch als für die
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Zeit nach dem 1.1.1989 gültig zu bestätigen.
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3. Der durch die angefochtene Verfügung entzogene Suspensiveffekt der
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Beschwerde sei durch die Beschwerdeinstanz unverzüglich gemäss Art. 55
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Abs. 3 VwVG wiederherzustellen und bis zum letztinstanzlichen
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rechtskräftigen Entscheid über die vorliegende Beschwerde bei sämtlichen
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anerkannten Krankenkassen und Rückversicherungsverbänden anzuwenden."
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Mit Zwischenverfügung vom 27. April 1989 wies das EDI das Begehren der Schweizerischen Grütli um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde ab. Die Rechtsmittelbelehrung lautete dahin, dass gegen diesen Entscheid beim Bundesrat Beschwerde erhoben werden könne.
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C.- Die Grütli führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Eidg. Versicherungsgericht und beantragt, die aufschiebende Wirkung der beim EDI eingereichten Beschwerde sei in Aufhebung der Zwischenverfügung vom 27. April 1989 wiederherzustellen.
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Das EDI beantragt, auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei nicht einzutreten.
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D.- Für den Fall, dass das Eidg. Versicherungsgericht seine Zuständigkeit zur Behandlung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde verneinen sollte, führt die Grütli auch Beschwerde beim Bundesrat. Mit Schreiben vom 26. Juni 1989 an das Eidg. Versicherungsgericht eröffnet das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) den Meinungsaustausch über die Frage der Zuständigkeit, wobei es darauf hinweist, dass seiner Stellungnahme nur "vorläufiger Charakter" zukomme.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
1. a) Das Eidg. Versicherungsgericht beurteilt letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne ![]() | 29 |
b) Für das letztinstanzliche Beschwerdeverfahren ist ferner zu beachten, dass gemäss Art. 129 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 101 lit. a OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Zwischenverfügungen nur zulässig ist, wenn sie auch gegen die Endverfügung offensteht. Der Rechtsmittelzug für die Anfechtung von Zwischenverfügungen folgt nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens dem Rechtsweg, der für die Anfechtung von Endverfügungen massgebend ist (BGE 100 Ib 329 f.; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 143). Zu prüfen ist somit im vorliegenden Falle vorab, ob gegen den Endentscheid über die von der Grütli erhobene Beschwerde die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht zulässig wäre.
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2. a) Gemäss Art. 129 Abs. 1 lit. b OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig gegen Verfügungen über Tarife. Ein Tarif stellt in der Regel ein System oder Gefüge von Entgeltleistungen dar, deren Abstufung nicht notwendigerweise nach dem "Wert" der gegenüberstehenden Dienstleistung, sondern nach andern - sozialen, politischen, technischen - Gesichtspunkten erfolgen kann, die dem einzelnen Bürger unter Umständen schwer zugänglich sind und wo der verfügenden Behörde regelmässig ein gewisser Beurteilungsspielraum zusteht (BGE 109 V 200 Erw. 2b mit Hinweisen). Die Prämientarife von Krankenkassen sind Tarife im Sinne dieser Bestimmung (BGE 112 V 287 Erw. 3 und 293 Erw. 1). Nach der Rechtsprechung ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde allerdings nur unzulässig gegen Verfügungen, welche den Erlass oder die Genehmigung als Ganzes zum Gegenstand haben oder wenn unmittelbar einzelne Tarifbestimmungen als solche angefochten werden. Entscheidend dafür ist, dass die Gesichtspunkte, welche der Strukturierung eines Tarifes zugrundeliegen, als nicht oder schwer justiziabel betrachtet werden. Hingegen steht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen gegen Verfügungen, welche ![]() | 31 |
b) In der angefochtenen Verfügung vom 6. Februar 1989 verpflichtete das BSV die Krankenkassen, beim Abschluss von neuen Kollektivverträgen über die Krankenversicherung nach bestimmten Gesichtspunkten festgelegte Mindestbeiträge zu verlangen. Damit wird vom Bundesamt in das Prämiengefüge der Krankenkassen auf dem Gebiet der Kollektivversicherung eingegriffen. Ob dieser Eingriff Rechtens war oder nicht, ist eine Tariffrage im Sinne von Art. 129 Abs. 1 lit. b OG. Daran ändert der Umstand nichts, dass nicht das gesamte Tarifsystem der Kassen im Bereiche der Kollektivverträge Gegenstand der Verfügung ist, sondern lediglich deren jeweils niedrigste Position. In Frage gestellt ist nämlich im vorliegenden Fall nicht die konkrete Anwendung einer Tarifposition im Einzelfall, welche gemäss konstanter Praxis richterlich überprüft werden könnte, sondern eine Tarifposition, welche als solche angefochten ist und die damit einer abstrakten Kontrolle unterzogen würde. Der Endentscheid in der Beschwerde, welche die Grütli gegen die Verfügung des BSV vom 6. Februar 1989 erhoben hat, ist somit als Verfügung über einen Tarif im Sinne von Art. 129 Abs. 1 lit. b OG zu qualifizieren. Weil dagegen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht zulässig ist, kann das Eidg. Versicherungsgericht nach Art. 129 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 101 lit. a OG auf die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht eintreten.
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b)Der zitierte Standpunkt knüpft an die Tatsache an, dass der Ausschluss der Verfügungen über Tarife von der richterlichen ![]() | 34 |
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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