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28. Urteil vom 27. Mai 1991 i.S. Stiftung für Personalfürsorge der H.-Unternehmungen und Stiftung Vorsorgekasse der H.-Unternehmungen gegen W. und Versicherungsgericht des Kantons Zürich | |
Regeste |
Art. 91 BVG, Art. 331b OR, Art. 89bis Abs. 6 ZGB. |
- Für nicht registrierte Personalfürsorgestiftungen gilt Art. 91 BVG betreffend die Garantie der erworbenen Rechte nicht (Erw. 5a). |
- Enthält ein Stiftungsreglement eine über das Obligatorium hinausgehende Freizügigkeitsordnung, so lässt sich die rückwirkende Anwendung einer geänderten Freizügigkeitsskala zuungunsten des Versicherten nicht beanstanden, sofern auch die neue Freizügigkeitsregelung gesetzeskonform ist und ihr keine wohlerworbenen Rechte entgegenstehen (Erw. 5b und c). | |
Sachverhalt | |
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B.- L. W. liess am 16. Oktober 1987 beim Versicherungsgericht des Kantons Zürich eine erste Klage gegen die Pensionskasse einreichen mit dem Begehren, diese sei zu verpflichten, gemäss altem Reglement eine Freizügigkeitsleistung zu gewähren, welche nicht nur dem Stand per 31. Dezember 1984 entspreche, sondern auch die Zeit vom 1. Januar 1985 bis 31. Juli 1986 berücksichtige; sie sei gegenüber der auf Fr. 27'374.85 bezifferten Freizügigkeitsleistung um mindestens Fr. 8'270.85 zu erhöhen; eventualiter habe sie zusätzlich zumindest die Freizügigkeitsleistung gemäss BVG von Fr. 5'405.30 zu erbringen.
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Nachdem die Beklagte als nicht registrierte, ausschliesslich im Bereich der weitergehenden Vorsorge tätige Personalfürsorgestiftung ihre Passivlegitimation bezüglich der BVG-Freizügigkeitsleistung bestritten hatte, liess L. W. am 4. März 1988 eine zweite Klage gegen die BVG-Kasse einreichen mit dem Begehren, diese sei zu verpflichten, ihr die zusätzliche Freizügigkeitsleistung gemäss BVG ![]() | 3 |
Das Versicherungsgericht des Kantons Zürich vereinigte die beiden Verfahren, hiess die Klagen mit Entscheid vom 29. Juni 1989 teilweise gut und verpflichtete die Pensionskasse zur Bezahlung von Fr. 27'897.35, unter Anrechnung der bereits erbrachten Leistung von Fr. 27'374.85, und die BVG-Kasse zur Bezahlung von Fr. 5'405.30 an die Klägerin. Dabei gelangte das Gericht zum Schluss, dass dem neuen Reglement keine Rückwirkung zukomme und hinsichtlich der Klägerin nur für die Zeit vom 1. Januar 1985 bis 31. Juli 1986 Wirkung entfalte. Die gesamte Freizügigkeitsleistung setzt sich danach wie folgt zusammen: Anspruch gegenüber der Pensionskasse gemäss altem Reglement per 31. Dezember 1984: Fr. 27'374.85 plus zusätzliche Leistung gemäss neuem Reglement für die Zeit vom 1. Januar 1985 bis 31. Juli 1986: Fr. 522.50; total Fr. 27'897.35. Zudem besteht laut genanntem Entscheid ein Freizügigkeitsanspruch gegenüber der BVG-Kasse gemäss deren Reglement für die Zeit vom 1. Januar 1985 bis 31. Juli 1986 von Fr. 5'405.30.
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C.- Die Pensionskasse und die BVG-Kasse lassen Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die Klagen vollumfänglich abzuweisen.
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L. W. lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, während das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) deren Gutheissung beantragt.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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"Die Freizügigkeitsleistung besteht aus
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- der Summe der persönlichen Beiträge einschliesslich Zinsen bis zum
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Austrittstag;
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- nach mindestens fünfjähriger Dauer des
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Arbeitsverhältnisses aus einem Anteil an der Summe der Firmenbeiträge
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zuzüglich Zinsen bis zum Austrittstag; der Anteil wird in der Regel auf
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der Grundlage von 5% pro volles Dienstjahr berechnet."
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b) Das Reglement vom 2. Oktober 1984 sieht diesbezüglich in Ziff. 16.2 folgendes vor:
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"Die Freizügigkeitsleistung setzt sich zusammen aus
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a) der Summe der in der Pensionskasse verbleibenden Beiträge und der
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verbleibenden Einlagen des Versicherten, abzüglich:
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b) einem Abzug für Risikoprämien von 20% der Summe der in der
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Pensionskasse verbleibenden Beiträge des Versicherten (vgl. Reglement
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BVG-Kasse 13.2);
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c) einem Zuschlag in Prozenten des Betrages gemäss a) und
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b), berechnet nach der Tabelle im Anhang C (vgl. Reglement BVG-Kasse
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13.2). "
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c) Ziff. 25 des Reglementes vom 2. Oktober 1984 enthält sodann folgende Übergangsregelungen:
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"25.1 Übergangsregelungen bei Erlass oder Änderung des Reglementes werden
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im Anhang D festgehalten und den betroffenen Versicherten abgegeben.
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Ziff. 3 Anhang D der Übergangsregelung zum Reglement der Pensionskasse lautet:
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"Versicherte, die am 31.12.1984 bereits der Pensionskasse angehörten,
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werden ab 1.1.1985 nach dem neuen Reglement versichert. Der Durchschnitt
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des versicherten Lohnes und die massgebenden Beitragsjahre für die
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Berechnung der Altersrente (Art. 8.2) gelten ab diesem Datum. Zusätzlich
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wird das am 31.12.1984 vorhandene individuelle Deckungskapital der
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bisherigen Versicherung zur Leistungserhöhung per 1.1.1985 angerechnet.
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Die Anrechnung erfolgt mit Hilfe des Tarifes im Anhang B. Die Altersrente
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aus Pensionskasse und Vorsorgekasse beträgt für Männer mindestens 7,5%,
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für Frauen mindestens 7,1% des am 31.12.1984 versicherten Alterskapitals."
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a) Art. 91 BVG mit dem Randtitel "Garantie der erworbenen Rechte" lautet:
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"Dieses Gesetz greift nicht in Rechte der Versicherten ein, die sie vor
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seinem Inkrafttreten erworben haben." Die Bestimmung ist indessen auf eine nicht registrierte Personalfürsorgestiftung wie die Pensionskasse kraft gesetzlicher Regelung nicht anwendbar. Denn Art. 91 BVG ist in Art. 89bis Abs. 6 ZGB, welcher die für Personalfürsorgestiftungen anwendbaren Bestimmungen des BVG aufzählt, nicht enthalten (vgl. RIEMER, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, § 1, N 43 in fine e contrario). Angesichts dieser klaren Rechtslage verbietet sich ![]() | 46 |
b) Für den Bereich der weitergehenden Vorsorge hält Art. 331b Abs. 1 OR mit dem Randtitel "Forderung des Arbeitnehmers bei Versicherungseinrichtungen" fest: Hat der Arbeitnehmer für die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge Beiträge an eine Versicherungseinrichtung geleistet und erhält er bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses von ihr keine Leistungen, so hat er gegen sie eine Forderung, die mindestens seinen Beiträgen entspricht, unter Abzug der Aufwendungen zur Deckung eines Risikos für die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Sind vom Arbeitnehmer und vom Arbeitgeber oder, aufgrund einer Abrede, von diesem allein für fünf oder mehr Jahre Beiträge geleistet worden, so entspricht die Forderung des Arbeitnehmers einem der Anzahl der Beitragsjahre angemessenen Teil des auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechneten Deckungskapitals (Art. 331b Abs. 2 OR). Die Höhe der OR-Freizügigkeitsleistung muss somit anhand der Statuten oder des Reglements der betreffenden Vorsorgeeinrichtung ermittelt werden (Art. 331b Abs. 3bis OR). Dabei müssen die gesetzlichen Minimalanforderungen, die sich aus Art. 331b Abs. 1 und 2 OR für Versicherungseinrichtungen ergeben, wegen des zwingenden Charakters dieser Bestimmungen (Art. 362 OR) beachtet werden. Nach Art. 331b Abs. 5 OR sind die Versicherungseinrichtungen befugt, reglementarisch eine abweichende Ordnung zu treffen, sofern diese für den Arbeitnehmer mindestens gleichwertig ist (vgl. BGE 114 V 246).
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Die sich aus zwingenden gesetzlichen Bestimmungen ergebenden Rechte gelten als wohlerworben und können dem Destinatär nicht entzogen werden; so das grundsätzliche Recht auf Freizügigkeit, das Recht auf die nach Massgabe von Art. 331b OR zu berechnende Summe eigener Beiträge und auf eine sich im Rahmen dieser Bestimmung bewegende Freizügigkeitsskala zur Berechnung der Arbeitgeberbeiträge. Aus dem Gesetz ergibt sich aber kein wertmässiger Anspruch auf bestimmte Arbeitgeberbeiträge, weshalb das Recht auf die Freizügigkeitsleistung, soweit sie mit Arbeitgeberbeiträgen finanziert wurde, lediglich in ihrem Bestand gesetzlich garantiert ist. Der genaue Umfang ist reglementarisch festzulegen und wird nur dann zum wohlerworbenen Recht, wenn die bestehende Skala gemäss Reglement unabänderlich ist.
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c) Im vorliegenden Fall hält sich die Änderung der Freizügigkeitsskala gemäss Ziff. 16.2 des neuen Reglementes vom 2. Oktober 1984 zuungunsten von L. W. unbestrittenermassen im Rahmen der Ordnung des OR. Sodann ist festzuhalten, dass das alte Reglement die Unabänderlichkeit der Freizügigkeitsskala nicht vorsah. Im weiteren lässt sich dem Rundschreiben an alle Mitarbeiter der H.-Unternehmungen über die Neuerungen in der Personalfürsorge vom Dezember 1984, welche Orientierung ausdrücklich nur als generelle Information diente, entgegen der in der Klage gegen die BVG-Kasse vertretenen Auffassung keine spezielle Zusicherung hinsichtlich einer bestimmten Freizügigkeitsleistung entnehmen. Dasselbe gilt mit Bezug auf den per 1. Januar 1985 ausgestellten Versicherungsausweis. Einer (unechten) Rückwirkung der neuen reglementarischen Freizügigkeitsordnung für die Zeit vor 1985 stehen somit keine wohlerworbenen Rechte entgegen. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass ein (konkreter) Anspruch von L. W. auf eine bestimmte Freizügigkeitsleistung gegenüber der Pensionskasse erst mit dem Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses per Ende Juli 1986 und nicht etwa in einem früheren Zeitpunkt entstanden ist, weshalb nicht mit einer potentiell höheren Freizügigkeitsleistung gemäss altem Reglement argumentiert werden kann. Käme der geänderten, für den Versicherten ungünstigeren Freizügigkeitsskala im Sinne des vorinstanzlichen Entscheides keine Rückwirkung zu, so müsste für die Berechnung der Freizügigkeitsleistung ein Split vorgenommen werden, indem für die jeweilige Geltungsdauer des Vorsorgeverhältnisses zwei verschiedene Reglemente zur Anwendung gelangen würden, d.h. im vorliegenden Fall für die Zeit vom 1. Juli 1978 bis Ende 1984 das alte Reglement vom 1. Juli 1960 und für die Zeit vom 1. Januar 1985 bis 31. Juli 1986 das neue Reglement vom 2. Oktober 1984. Dies kann nicht Sinn und Zweck einer Reglementsänderung sein, wenn wie vorliegend das neue Reglement gemäss ausdrücklicher Vorschrift in Ziff. 28.2 zweiter Satz alle bisherigen Reglemente "ersetzt". Auf die nach dem 1. Januar 1985 eingetretenen ![]() | 50 |
d) Hinsichtlich der Höhe der Freizügigkeitsleistung (gemäss neuem Reglement) von Fr. 17'584.95 ist mit dem BSV festzustellen, dass die Arbeitnehmerbeiträge laut Abrechnung der Pensionskasse vom 3. Juli 1986 bis zum Austritt Ende Juli 1986 enthalten sind und nicht nur bis Ende 1984, wie der Rechtsvertreter von L. W. behauptet. Schliesslich geht aus der Zusammenstellung in der erwähnten Abrechnung hervor, dass im Gesamtbetrag von Fr. 22'990.25 die BVG-Freizügigkeitsleistung von Fr. 5'405.30 inbegriffen ist. Wenn die Pensionskasse freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zugunsten von L. W. den höheren Betrag von Fr. 27'374.85 an die Pensionskasse der Bank S. überwies, so hat sie damit entgegen dem vorinstanzlichen Entscheid klarerweise eine rechtsgenügliche Freizügigkeitsleistung erbracht.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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