BGE 118 V 107 | |||
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14. Urteil vom 19. Juni 1992 i.S. Krankenkasse KPT gegen X und Verwaltungsgericht des Kantons Bern. | |
Regeste |
Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 KUVG, Art. 21 Abs. 1 und Abs. 2 Vo III, Anhang zur Verordnung 9 des EDI. | |
Sachverhalt | |
A.- Die bei der Krankenkasse KPT versicherte X (geb. 1970) unterzog sich vom 22. Juni bis 29. September 1990 einer Methadonbehandlung, deren Kosten sich gemäss Rechnung der B.-Apotheke auf Fr. 532.70 beliefen. Mit Verfügung vom 4. Dezember 1990 lehnte es die Krankenkasse gestützt auf Art. 26 Abs. 4 ihres Leistungsreglementes, wonach für Ersatzdrogen keine Leistungen ausgerichtet werden, ab, die Kosten der Methadonabgabe zu übernehmen. Bei der Behandlung der Drogensucht mit Methadon handle es sich um keine Pflichtleistung, da der medizinische Nutzen nicht erwiesen sei, die Zweckmässigkeit (Umsteigen von einer Droge auf die andere) bezweifelt werde und somit das Erfordernis der Wirtschaftlichkeit der Behandlung nicht erfüllt sei. Die Behandlung biete infolge Verzichts auf intravenöse Injektionen Schutz vor einer HIV-Infektion und anderen Infektionen, was ihr den Charakter einer Präventivmassnahme verleihe, die nicht zu Lasten der Krankenkasse gehe. Wenn damit eine Resozialisierung ermöglicht werde, genüge dies nicht, um eine Pflichtleistung anerkennen zu können.
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B.- X führte Beschwerde, mit der sie sinngemäss beantragte, die Kasse sei zur Übernahme der Methadonbehandlung zu verpflichten. Aufgrund der Stellungnahmen der Eidg. Fachkommission für allgemeine Leistungen der Krankenversicherung (Fachkommission) vom 31. August 1989/30. August 1990, welche die methadonunterstützte Langzeitbehandlung Heroinabhängiger unter bestimmten Voraussetzungen als Pflichtleistung der Krankenkassen erachtet hatte, gelangte das Verwaltungsgericht des Kantons Bern zum Schluss, dass die Krankenkasse grundsätzlich für die Methadonabgabe aufzukommen habe. Dementsprechend hob es die angefochtene Kassenverfügung in Gutheissung der Beschwerde auf und wies die Sache zur Abklärung der Frage, ob ein strukturiertes Methadonprogramm vorliege, und zum allfälligen Erlass einer neuen Verfügung an die Krankenkasse zurück (Entscheid vom 23. April 1991).
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C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Krankenkasse, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben.
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X und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Auf die Begründung der Rechtsschriften wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen Bezug genommen.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
1. a) Eine Krankenkasse schuldet grundsätzlich Leistungen unter dem Titel der Krankenpflegeversicherung im Sinne des KUVG nur, wenn der Versicherte an einer Krankheit leidet (BGE 110 V 315 Erw. 3a). Das KUVG setzt den Begriff der Krankheit voraus, ohne ihn zu umschreiben. Auch Art. 14 Abs. 1 Vo III hält lediglich fest, dass die Pflichtleistungen "im Falle der Krankheit" gewährt werden müssen. Angesichts der vielfältigen Erscheinungen krankhafter Zustände und Prozesse entzieht sich denn auch der Krankheitsbegriff einer strengen juristischen Definition. Daher wird die Frage, ob ein Versicherter an einer Krankheit im Sinne des KUVG leidet oder nicht, nach den Besonderheiten des Einzelfalles zu beantworten sein. Immerhin wird man kaum je von Krankheit sprechen können, wenn nicht Störungen vorliegen, die durch pathologische Vorgänge verursacht worden sind. Im Bestreben, einen lückenlosen Versicherungsschutz in der sozialen Unfall- und Krankenversicherung zu gewährleisten, verwendet das Eidg. Versicherungsgericht eine vom Unfallbegriff her gewonnene, negative Umschreibung des Krankheitsbegriffs: Als Krankheit gilt danach eine Schädigung der physischen oder psychischen Gesundheit, die nicht auf einen Unfall oder dessen direkte Folgen zurückzuführen ist (BGE 114 V 155 Erw. 2a, 163 Erw. 1a, BGE 113 V 43 Erw. 3a mit Hinweisen).
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b) Die Heroinsucht bezeichnet einen Zustand der Abhängigkeit von der Droge Heroin. Die Sucht besteht im unbezwingbaren Verlangen zur fortgesetzten Einnahme mit Entziehungserscheinungen nach Absetzen, Tendenz zur Steigerung der Dosis, Schäden für Individuum und Gesellschaft (PSCHYREMBEL, Klinisches Wörterbuch, 256. Aufl., S. 2 f., 1618; vgl. auch STEINBRECHER/SOLMS, Sucht und Missbrauch, 2. Aufl., 1975). Die Heroinsucht ist eine Krankheit (RKUV 1991 Nr. K 856 S. 21).
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Die Leistungen der Krankenpflegeversicherung haben nach Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 KUVG u.a. die ärztliche Behandlung (lit. a) und die von einem Arzt angeordneten, durch medizinische Hilfspersonen vorgenommenen wissenschaftlich anerkannten Heilanwendungen (lit. b) zu umfassen. Die zur gesetzlichen Pflichtleistung gehörende ärztliche Behandlung umfasst gemäss Art. 21 Abs. 1 Vo III über die Krankenversicherung die vom Arzt vorgenommenen wissenschaftlich anerkannten diagnostischen und therapeutischen Massnahmen. Ferner schreibt die zitierte Verordnungsbestimmung in der seit dem 1. Januar 1986 geltenden Fassung vor, dass diese Massnahmen zweckmässig und wirtschaftlich sein sollen. Diese Grundsätze gelten sowohl bei ambulanter Behandlung als auch bei Behandlung in einer Heilanstalt (BGE 114 V 156 Erw. 3a, 164 Erw. 2, 260 Erw. 2, BGE 113 V 44 Erw. 4b und BGE 112 V 305 Erw. 2b).
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Nach der Rechtsprechung gilt eine Behandlungsmethode dann als wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von Forschern und Praktikern der medizinischen Wissenschaft auf breiter Basis anerkannt ist.
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Ist umstritten, ob eine diagnostische oder therapeutische Massnahme wissenschaftlich, zweckmässig und wirtschaftlich ist, so entscheidet das Eidg. Departement des Innern (EDI) nach Anhören der Fachkommission, ob die Massnahme als Pflichtleistung von den Krankenkassen übernommen werden muss (Art. 12 Abs. 5 KUVG in Verbindung mit Art. 21 Abs. 2 Vo III). Die Meinungsäusserungen dieser Kommission sind für den Richter grundsätzlich nicht verbindlich. Wenn es allerdings darum geht, einen Sachverhalt zu würdigen, der ausschliesslich medizinische Überlegungen beschlägt, so ist der Richter im allgemeinen nicht in der Lage zu beurteilen, ob die Schlussfolgerungen der Fachleute stichhaltig sind. Er muss sich deshalb deren Meinung anschliessen, sofern sie nicht unhaltbar scheint (BGE 114 V 156 Erw. 3a, 164 Erw. 2, BGE 113 V 46 Erw. 4d/cc und BGE 112 V 306 Erw. 2c).
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Am 18. Dezember 1990 hat das Eidg. Departement des Innern (EDI) die Verordnung 9 (Vo 9) über die Leistungspflicht der anerkannten Krankenkassen für bestimmte diagnostische und therapeutische Massnahmen erlassen. Nach Art. 1 dieser Verordnung sind im dazugehörigen Anhang folgende Beschlüsse des Departements aufgeführt:
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a. Die Beschlüsse über die Leistungspflicht der Kassen bei umstrittener Wissenschaftlichkeit, Zweckmässigkeit oder Wirtschaftlichkeit diagnostischer oder therapeutischer Massnahmen (Art. 21 Abs. 2 Vo III);
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b. Die Beschlüsse über die Voraussetzungen der Leistungspflicht, die der Sicherstellung einer zweckmässigen und wirtschaftlichen Behandlung dienen (Art. 21 Abs. 3 Vo III).
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Die Verordnung ist am 1. Januar 1991 in Kraft getreten (Art. 3). Im Anhang ist laut "Beschluss, gültig ab 31.8.1989", u.a. die "Leistungspflicht für die methadonunterstützte Langzeitbehandlung Heroinabhängiger (strukturierte Methadonprogramme)" festgelegt. Die entsprechende gutachtliche Meinungsäusserung gab die Fachkommission an der Sitzung vom 31. August 1989 ab (RKUV 1990 S. 33).
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3. Die Beschwerdegegnerin hat sich der streitigen Methadonbehandlung vom 22. Juni bis 29. September 1990 unterzogen. Die Vo 9 des EDI ist erst am 1. Januar 1991 in Kraft getreten. Da in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgeblich sind, die bei Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 112 V 173 Erw. 3c mit Hinweisen), findet die neue Vo 9 im vorliegenden Fall keine Anwendung. Entgegen der Auffassung der Krankenkasse kann diese Verordnung daher in diesem Leistungsstreit nicht auf ihre Gesetzmässigkeit überprüft werden. Das Gericht hat sich jedoch in den nachstehenden Erwägungen zur Gesetzmässigkeit der Stellungnahme der Fachkommission vom 31. August 1989, mit welcher das Methadonprogramm unter bestimmten Voraussetzungen als wissenschaftlich, zweckmässig und wirtschaftlich anerkannt wurde, zu äussern. Beim Anhang zur neuen Fassung der Vo 9 des EDI handelt es sich um eine neue Form der Veröffentlichung der Beschlüsse der Fachkommission (RKUV 1991 S. 30). Dieser Anhang enthält u.a. eine wörtliche Wiedergabe der gutachtlichen Meinungsäusserung der Fachkommission vom 31. August 1989 zur Leistungspflicht der Krankenkassen für Methadonprogramme. Daher ist mit dem Entscheid über die Gesetzmässigkeit der Stellungnahme der Fachkommission auch die Frage beantwortet, ob die Vo 9, soweit sie strukturierte Methadonprogramme unter bestimmten Voraussetzungen zur Pflichtleistung der Krankenkassen erklärt, der Willkürprüfung standhält, weder übergeordnetem Gesetzes- noch Verfassungsrecht widerspricht und sich damit als rechtskonform erweist.
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"Die Verwendung des synthetischen Opioids Methadon in der Behandlung Heroinabhängiger ist während dreier Jahrzehnte wissenschaftlich und praktisch erprobt worden und hat zu Erkenntnissen und Regeln geführt, die in diesem Bericht im einzelnen dargestellt werden.
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Unter den gegenwärtigen schweizerischen Verhältnissen ist die Langzeitbehandlung unter Verwendung von Methadon (Suchtersatzbehandlung) ausdrücklich als eine Therapie zweiter Wahl zu verstehen; an erster Stelle kommt nach wie vor die Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung mit dem Ziel der Opiatabstinenz. Im Interesse einer Risikoverminderung für HIV-Infektionen kann, insbesondere bei seropositiven und bei an AIDS erkrankten Patienten, von dieser Regel abgewichen werden; die Beurteilung des Einzelfalles ist aber nach wie vor ausschlaggebend.
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Wenn Langzeitbehandlungen unter Verwendung von Methadon unter Beachtung der hier angegebenen Regeln durchgeführt werden, dann lassen sich damit befriedigende Resultate erzielen bezüglich Normalisierung der Lebensführung, Verbesserung des Gesundheitszustandes, Distanzierung von der Drogenszene, Wiedererlangen der Ausbildungs- und Erwerbsfähigkeit, Verzicht auf Delinquenz. Erfolgreicher Abschluss einer solchen Langzeitbehandlung ist ebenfalls möglich mit anschliessender Opiatabstinenz. Angemessene Wohn- und Arbeitsverhältnisse sind neben der Betreuungsqualität wichtige Voraussetzungen für die Erreichung der Therapieziele. Unkritischer Einsatz von Methadon unter Missachtung der in diesem Bericht geschilderten Erfahrungen und Regeln sowie die Kombination mit der Verschreibung von Schlaf- und Beruhigungsmitteln beeinträchtigen die Erfolgschancen und schaffen unnötige Risiken für den Patienten und seine Umgebung.
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Kurzzeitbehandlungen mit Methadon sind nicht zu empfehlen. Methadonbehandlungen sind medizinische Therapien und gehören in die Verantwortung eines von der kantonalen Bewilligungsinstanz ermächtigten Arztes. Die Überprüfung der Behandlungsstandards obliegt den Fachgesellschaften in Verbindung mit den Gesundheitsbehörden. Gesicherte wissenschaftliche Grundlagen und Behandlungserfolge führen zur Empfehlung einer Kostenübernahme durch die Krankenversicherungen."
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5. An ihrer Sitzung vom 31. August 1989 erachtete die Fachkommission die Leistungspflicht der Krankenkassen für die methadonunterstützte Langzeitbehandlung mindestens zwanzigjähriger Heroinabhängiger (strukturierte Methadonprogramme) als dann gegeben, wenn die Entwöhnungsbehandlung erwiesenermassen keinen Erfolg verspricht, d.h. mindestens zwei Versuche einer mehrmonatigen Entwöhnungsbehandlung erfolglos verlaufen sind; bei HIV-infizierten oder AIDS-kranken Patienten, die zu einer Entwöhnungskur nicht bereit sind, kann auf dieses Erfordernis verzichtet werden, um das Risiko einer Weitergabe der Infektion zu vermindern. Zudem muss die Opiatabhängigkeit seit mindestens zwei Jahren bestanden haben. An der Sitzung vom 30. August 1990 umschrieb die Fachkommission sodann die Vorkehren, welche der behandelnde Arzt im Zusammenhang mit der Methadonabgabe zu treffen hat, und legte dabei insbesondere fest, welche Angaben er gegenüber dem jeweiligen Vertrauensarzt der Krankenkassen zu machen hat. Die Stellungnahmen der Fachkommission fanden vollumfänglich Eingang in die seit 1. Januar 1991 geltende Vo 9 des EDI.
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6. Das kantonale Gericht, das eingehend zu den Einwendungen der Krankenkasse, welche die fehlende Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Methadonabgabe rügte, Stellung nahm, gelangte zum Schluss, dass sich mangels stichhaltiger Gründe ein Abweichen von der Meinungsäusserung der Fachkommission verbiete, da sie weder willkürlich noch unhaltbar erscheine. Die Voraussetzungen für die Leistungspflicht der Krankenkassen seien in Anbetracht der nunmehr als gesichert geltenden Erkenntnisse gegeben. Im einzelnen hielt die Vorinstanz fest, Methadon könne nicht als eigentliche Ersatzdroge bezeichnet werden; es handle sich wohl um ein Produkt mit morphinähnlicher Wirkung und schaffe auch eine Abhängigkeit vom Opiattypus, verhindere jedoch das Entstehen eines Heroinentzugssyndroms und wirke bei kontrollierter Langzeitanwendung mit ausreichender Toleranzbildung verhältnismässig wenig euphorisierend oder sonstwie bewusstseinsverändernd. Unter Berufung auf den Methadonbericht 1989 wies die Vorinstanz im weiteren auf die in der Regel geringen Nebenwirkungen und die positiven Auswirkungen einer Umstellung von Heroin auf Methadon während der Schwangerschaft hin und führte aus, dass sich die Einnahme von Methadon mit sozialer Funktions- und Erwerbsfähigkeit vereinbaren lasse. Die Applikation von Methadon könne aus diesen Gründen nicht mit dem Konsum suchtmachender Drogen verglichen werden, sondern gleiche in ihrer Wirkung vielmehr derjenigen eines Medikamentes zur Behandlung einer bestehenden Krankheit und sei somit eigentliche Heilbehandlung. Ziel der Methadonbehandlung sei die schrittweise Lösung von der Sucht innert angemessener Frist. Aufgrund jahrzehntelanger, weltweit gemachter Erfahrungen könne die strukturierte Methadonbehandlung als erfolgversprechend gelten. Der medizinische Nutzen und damit die Wirtschaftlichkeit der Behandlung seien gegeben. Die Substitutionsbehandlungen mit Methadon stellten laut den Ausführungen im Methadonbericht eine international verbreitete, anerkannte, auf zwanzigjähriger Erfahrung basierende Modalität der Behandlung von Heroinabhängigen dar. Das strukturierte Programm sei u.a. auch auf die in der Schweiz geltenden Verhältnisse (Drogenszene) und die hier verfügbaren medizinischen und therapeutischen Ressourcen abgestimmt worden. Soweit dieses strukturierte Methadonprogramm in Frage stehe, könne somit auch die Zweckmässigkeit der Behandlung nicht in Abrede gestellt werden.
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a) Die Kasse bringt gegen die Wissenschaftlichkeit der Therapiemethode zunächst vor, bei Methadon handle es sich um eine eigentliche Ersatzdroge, was die Vorinstanz übersehen habe. Zwar wird Methadon Heroinsüchtigen anstelle von Heroin abgegeben; um eine Ersatzdroge handelt es sich jedoch nach den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid nicht, weil die Applikation von Methadon gemessen an der Wirkung keinesfalls mit dem Konsum einer suchtmachenden Droge vergleichbar ist, sondern der Wirkung eines Medikamentes gleichkommt. Laut Ausführungen im zweiten Methadonbericht steht bei der Behandlung der Heroinsucht - wie bei anderen Abhängigkeitsformen - die Entziehung bis zur Abstinenz im Vordergrund, welche auch mit der methadonunterstützten Behandlung angestrebt und gemäss den Darlegungen von Prof. U. an der Sitzung der Fachkommission in vielen Fällen nachgewiesenermassen auch erreicht wird (Protokoll der Fachkommission vom 31. August 1989).
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Die Krankenkasse macht ferner geltend, gemäss dem im Kanton Bern geltenden "Methadonvertrag" müsse der Versicherte in unsittlicher und nichtiger Weise in die Methadonabhängigkeit einwilligen, was den Drogencharakter des Wirkstoffes unterstreiche. Indiz dafür sei auch die Vertragsklausel, wonach ein Methadonentzug angeordnet werde, wenn der Süchtige davon mehr als 150 mg im Tag benötige; sodann werde das Methadonprogramm bei längerem Gefängnis- oder Spitalaufenthalt eingestellt, was bei einem Medikament als Behandlungsbestandteil nicht möglich wäre. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Meinungsäusserung der Fachkommission erfolgte in Kenntnis der Tatsache, dass Methadon eine Abhängigkeit vom Opiattypus bewirkt; die Experten haben sich mit Wirkungen und Nebenwirkungen eingehend auseinandergesetzt, die Rahmenbedingungen der Durchführung, einschliesslich der Dosierungen, festgelegt, die Zweckmässigkeit der Methadonbehandlung während längerer Spital- oder Gefängnisaufenthalte erörtert und sich auch mit dem nicht gesicherten Risiko einer insgesamt verlängerten Abhängigkeitsdauer befasst.
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Entgegen der Auffassung der Kasse erschöpft sich sodann das Ziel des Methadonprogramms nicht im "Weg von der Nadel"; dieser Zustand kann lediglich als Teilziel vor Erreichen völliger Opiatfreiheit in einer späteren Behandlungsphase verstanden werden. Die von der Kasse aufgegriffene Aussage von Dr. S., Mitglied der Fachkommission, die Methadonbehandlung weise, da von der einen in eine etwas modifizierte andere Krankheit führend, nicht Heilbehandlungscharakter auf, lässt laut Entgegnung von Prof. U. die erwiesene Verbesserung im Gesundheitszustand des Suchtkranken, die mittels Methadonprogrammen erreicht wird, ausser acht; im übrigen entspricht die Meinung des Dr. S. nicht der Auffassung der Fachkommission; diese stützt sich auf den zweiten Methadonbericht, der bei lege artis durchgeführter Behandlung ausgewiesene Chancen für eine volle Erwerbstätigkeit und Normalisierung der Lebensführung sieht.
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b) Die Einwendungen, mit welchen die Kasse die Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Methadonbehandlung bestreitet, sind ebenfalls nicht stichhaltig. Insoweit sie die im Vergleich zu Abstinenzbehandlungen höheren Kosten der Methadonprogramme beanstandet, ist darauf hinzuweisen, dass dem Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen einer Massnahme im Rahmen von Art. 23 KUVG nur Bedeutung mit Bezug auf verschiedene in Betracht fallende Behandlungsmethoden zukommt, nicht dagegen im Hinblick darauf, ob sich der Aufwand einer an sich geeigneten und wissenschaftlich anerkannten Methode, gemessen an dem zu erwartenden Behandlungserfolg, noch rechtfertigen lässt. Letzteres kann lediglich unter dem allgemeinen Gesichtspunkt des Verhältnismässigkeitsprinzips von Bedeutung sein. Dabei vermag nur ein grobes Missverhältnis zwischen der Höhe der Heilungskosten und dem zu erwartenden Heilerfolg eine Leistungsverweigerung zu begründen (BGE 109 V 44 Erw. 2b mit Hinweis). Dies hat auch im vorliegend interessierenden Zusammenhang zu gelten. Eine methadonunterstützte Langzeitbehandlung Heroinabhängiger ist u.a. nur indiziert, wenn eine Entwöhnungsbehandlung keinen Erfolg verspricht, was in der Regel bedeutet, dass mindestens zwei solche Versuche von mehrmonatiger Dauer erfolglos verlaufen sind. Diese Indikationsstellung schliesst nach medizinischer Erkenntnis eine weitere Abstinenzbehandlung in der Regel aus (zweiter Methadonbericht, S. 47). Fällt jedoch eine Abstinenzbehandlung ausser Betracht, ist dem Argument mangelnder Wirtschaftlichkeit der Methadonbehandlung der Boden entzogen, besteht doch jedenfalls zwischen dem Kostenaufwand für das wissenschaftlich anerkannte, strukturierte Methadonprogramm und dem zu erwartenden Behandlungserfolg kein grobes Missverhältnis.
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Die Kasse bringt sodann vor, die von der Fachkommission aufgestellte Voraussetzung, wonach die Methadonabgabe zwei erfolglos verlaufene Heroinentzugsversuche voraussetze, sei unvereinbar mit der dem Versicherten obliegenden Schadenminderungspflicht. Nach zwei erfolglosen Entwöhnungsversuchen treffe die Versicherten eine verstärkte Pflicht zur Eingrenzung der Kosten. Der Grundsatz der Schadenminderungspflicht, der das Verhältnis des Versicherten zu seiner Krankenkasse betrifft, hat in der Krankenversicherung allgemeine Geltung (BGE 114 V 285 Erw. 3a, BGE 111 V 239 Erw. 2a, BGE 105 V 178 Erw. 2). Ist streitig, ob eine therapeutische Massnahme generell eine Pflichtleistung darstellt, haben die entscheidenden Behörden zu prüfen, ob die Erfordernisse der Wissenschaftlichkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit erfüllt sind. Bei der Prüfung der Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit sind Überlegungen zur Schadenminderungspflicht des Versicherten nicht ausgeschlossen. Der Anspruch eines Heroinsüchtigen auf ärztliche Langzeitbehandlung mit Methadonunterstützung kann jedoch nicht unter Berufung auf die Schadenminderungspflicht verweigert werden, weil das Scheitern einer mehrmonatigen Entwöhnungstherapie regelmässig nicht auf das Fehlen des guten Willens, sondern auf die Suchtkrankheit selber zurückzuführen ist (vgl. BGE 111 V 239 Erw. 2a mit Hinweisen). Wird eine Massnahme von den zuständigen Instanzen mit guten Gründen und willkürfrei als zweckmässig und wirtschaftlich befunden, kann die Krankenkasse das Erbringen der Pflichtleistung nicht im Einzelfall unter Hinweis auf die Schadenminderungspflicht des Versicherten wieder in Frage stellen.
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Soweit die Krankenkasse erneut geltend macht, Heroinsüchtige würden im Vergleich zu Alkoholikern privilegiert und damit rechtsungleich behandelt, ist ihr mit der Vorinstanz entgegenzuhalten, dass für die Behandlung des Alkoholismus keine der Methadonbehandlung entsprechende Therapie zur Verfügung steht. Schliesslich kann aus dem Umstand, dass der dem Tabakmissbrauch entgegenwirkende Nikotinersatz Nicotinell TTS nicht als kassenpflichtiges Präparat anerkannt ist, nicht abgeleitet werden, die Anerkennung des Methadonprogramms als Pflichtleistung sei sachlich unhaltbar.
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c) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird überdies behauptet, bei der Anerkennung des Methadonprogramms als Pflichtleistung hätten pragmatische Überlegungen, insbesondere Fragen der Resozialisierung und der Prävention (AIDS-Bekämpfung), im Vordergrund gestanden. Dass die Methadonbehandlung auch präventive Aspekte aufweist und Resozialisierungsfunktion hat, was für den Beschluss der Fachkommission eine gewisse Rolle spielte, ist unbestritten. Indessen umfassen die Pflichtleistungen gemäss Art. 12 ff. KUVG nicht nur Massnahmen, die der Beseitigung körperlicher oder psychischer Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes dienen. Vielmehr gehören dazu auch Vorkehren, mit welchen der Eintritt eines drohenden Gesundheitsschadens oder die Verschlimmerung eines bestehenden Leidens verhindert werden soll. Voraussetzung ist, dass bereits ein krankhafter Zustand vorliegt. Keine Leistungspflicht besteht bei rein vorsorglichen Massnahmen, die im Hinblick auf eine bloss mögliche künftige Schädigung durchgeführt werden (BGE 112 V 304 Erw. 1a, BGE 110 V 315 Erw. 3a, BGE 107 V 100 Erw. 1b). Davon kann jedoch bei der Behandlung der Heroinsucht nicht die Rede sein.
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d) Schliesslich trifft es zwar zu, dass gemäss Art. 15a Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes die Kantone für die Betreuung von Personen sorgen, die wegen Betäubungsmittelmissbrauchs ärztliche Behandlung oder fürsorgerische Massnahmen benötigen, womit den Kantonen unter Vorbehalt von Art. 15c des Gesetzes grundsätzlich auch die finanziellen Lasten der Durchführung überbunden sind (BBl 1973 I 1364 ff.). Dies schliesst indessen entgegen der Auffassung der Krankenkasse die Inanspruchnahme der Krankenversicherung als Kostenträgerin nicht aus, wenn die spezifischen Voraussetzungen nach KUVG erfüllt sind.
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8. Im Lichte dieser Erwägungen ist die Krankenkasse grundsätzlich verpflichtet, für die Langzeitbehandlung der Beschwerdegegnerin mit dem Methadonprogramm aufzukommen. Art. 26 Abs. 4 ihres Leistungsreglements, wonach für Ersatzdrogen keine Leistungen erbracht werden, findet insoweit keine Anwendung. Zur Abklärung der Frage, ob die Beschwerdegegnerin im Rahmen eines strukturierten Methadonprogramms behandelt wurde, hat die Vorinstanz die Sache an die Kasse zurückgewiesen. Die Beschwerdegegnerin hat diese Rückweisung nicht angefochten. Dementsprechend beantragt sie, der vorinstanzliche Entscheid sei zu bestätigen. Sie macht jedoch geltend, dass klarerweise ein strukturiertes Methadonprogramm vorliege, weil sie gemäss kantonalem Gesetz ohne Gewährleistung der nötigen Betreuung gar nicht in dieses Programm aufgenommen worden wäre. Wie es sich damit verhält, wird die Kasse in Nachachtung der Anordnungen im vorinstanzlichen Entscheid noch zu prüfen haben.
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