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16. Urteil vom 28. Juli 1992 i.S. Z. gegen Ausgleichskasse für die Seiden-, Chemiefaser- und Textilveredelungs-Industrie (ASTI) und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen | |
Regeste |
Art. 22 Abs. 1, Art. 30 Abs. 1, 4, Art. 31 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 1, 2 AHVG. | |
Sachverhalt | |
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B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 3. Oktober 1991 ab.
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C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Walter Z., es sei das für die Berechnung seiner Ehepaar-Altersrente massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen nicht nach den 1990 geltenden Vorschriften, sondern nach denjenigen bei Erreichen des AHV-Alters im Jahr 1972 zu bestimmen; es sei in analoger Weise bei der Ermittlung des - mitzuberücksichtigenden - Erwerbseinkommens seiner heutigen Ehefrau zu verfahren.
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Während die Ausgleichskasse auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, enthält sich das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) eines Antrags.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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Streitig ist die Rentenhöhe, und zwar insbesondere die Ermittlung des für die Rentenberechnung massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im wesentlichen bemängelt, dass die Berechnung der nunmehr ausgerichteten Rente wegen der Verwendung der in diesem Zeitpunkt geltenden Rententabellen - einschliesslich des 1990 anwendbaren Aufwertungsfaktors - zu einem Ergebnis führe, welches im Vergleich zur bereits früher bezogenen Ehepaar-Altersrente weit ungünstiger ausfalle.
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2. Das kantonale Gericht hat die hier anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen über die Berechnung der Ehepaar-Altersrente zutreffend dargelegt. Dies gilt namentlich in bezug auf die Massgeblichkeit des durchschnittlichen Jahreseinkommens des Ehemannes (Art. 32 Abs. 1 AHVG), die für die Ermittlung dieses Einkommens geltenden Regeln (Art. 30 Abs. 2 AHVG), insbesondere die Hinzurechnung der von der Ehefrau verabgabten Erwerbseinkommen ![]() | 7 |
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Zu ergänzen bleibt, dass die im hier anwendbaren Kreisschreiben (KS III/90) enthaltenen Mutationsregeln, die im wesentlichen auf den 1. Januar 1992 Eingang in die Rentenwegleitung (Rz. 694.1 ff. RWL) gefunden haben, als Verwaltungsweisungen kein objektives Recht darstellen (BGE 117 Ib 231 Erw. 4b) und für den Sozialversicherungsrichter nicht verbindlich sind. Er soll diese Weisungen bei seiner Entscheidung mitberücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Anderseits weicht er insoweit davon ab, als sie mit den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen nicht vereinbar sind (BGE 116 V 19 Erw. 3c mit Hinweisen).
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b) Nachdem die der angefochtenen Verfügung zugrunde liegende Berechnungsweise namentlich im Anschluss an Ehescheidungen gegenüber solchen Versicherten, die bereits vor der Entstehung des scheidungsbedingt dahinfallenden Ehepaar-Altersrentenanspruchs eine einfache Altersrente bezogen hatten, im Vergleich zu letzterer ungünstigere Rentenbetreffnisse ergab, ist die einschlägige Rechtsprechung kürzlich geändert worden. Bezogen auf diese Fälle hat das Eidg. Versicherungsgericht - nicht zuletzt unter dem Eindruck des ![]() | 10 |
c) Der hier zu beurteilende Fall liegt insofern ähnlich, als der Altersrentenanspruch des Beschwerdeführers mit der Vollendung seines 65. Altersjahres auf den 1. Januar 1972 in Gestalt einer Ehepaar-Altersrente entstanden war und dieser Rentenanspruch nach einer ersten Änderung der Rentenart wegen Zivilstandswechsels nunmehr ein weiteres Mal neu festgesetzt werden muss. Während der Hinschied der ersten Ehefrau in bezug auf die Berechnungsgrundlagen (Beitragsdauer, anrechenbares Erwerbseinkommen) von vornherein ohne Folgen blieb, weil die einfache Altersrente des Beschwerdeführers weiterhin aufgrund des für die Berechnung der abgelösten Ehepaar-Altersrente massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens festzusetzen war (Art. 31 Abs. 2 AHVG), verhält es sich mit der Wiederverheiratung anders. Ihr zufolge unterscheiden sich die Berechnungsgrundlagen der neuen Ehepaar-Altersrente gegenüber denjenigen der nunmehr abgelösten einfachen Altersrente gleich in zweierlei Hinsicht: Zum einen fallen die Erwerbseinkünfte der vorverstorbenen Ehefrau bei der Ermittlung des massgebenden durchschnittlichen Erwerbseinkommens ausser Betracht, weil der Anwendbarkeit von Art. 31 Abs. 2 AHVG über den Zeitpunkt der Wiederverheiratung hinaus jede Grundlage fehlt. Zum andern gilt es statt dessen, den Einkünften der zweiten Ehefrau im Sinne von Art. 32 Abs. 2 AHVG Rechnung zu tragen (VALTERIO, Commentaire de la loi sur l'AVS, Lausanne 1988, S. 137 II/1), wobei - da sie ihrerseits bereits verwitwet war - den Erwerbseinkommen ihres verstorbenen Mannes ebenfalls keine rentenbildende Kraft mehr zukommen kann (vgl. Art. 31 Abs. 2, 3 und 4 AHVG).
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Demgegenüber kann im Falle des Beschwerdeführers nicht ohne weiteres an einer bereits früher - gestützt auf vollkommen identische Grundlagen - ergangenen Rentenberechnung angeknüpft werden, sondern es ist wegen der Wiederverheiratung und der gemäss Art. 32 Abs. 2 AHVG hinzuzurechnenden Einkünfte der (zweiten) Ehefrau von veränderten Berechnungsgrundlagen auszugehen. Mit Blick hierauf mag sich die von der Vorinstanz zur Anwendung gebrachte Praxis, wonach in diesen Fällen zu einer umfassenden - das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen miteinschliessenden - Rentenneuberechnung aufgrund der in diesem Zeitpunkt gültigen Berechnungsregeln zu schreiten ist (vgl. Rz. 62 ff. des hier anwendbaren KS III/90 bzw. Rz. 694.10 ff. RWL in der Fassung ab 1. Januar 1992), ohne Zweifel als einfach in ihrer Umsetzung erweisen. Indes lässt sich nicht verkennen, dass damit auch in Fällen wie dem vorliegenden sehr unbefriedigende Ergebnisse erzielt werden, deren Ursache - wie zu zeigen ist - nicht in erster Linie in den veränderten Grundlagen, sondern gerade in der Verwendung der aktuellen Berechnungsregeln zu finden ist.
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4. a) Die von der Verwaltung nach der Wiederverheiratung vorgenommene Rentenberechnung baute im Vergleich zu 1972, als der Beschwerdeführer den Anspruch auf eine Ehepaar-Altersrente erlangt hatte, insofern auf veränderten Grundlagen auf, als zu seinem eigenen, in 24 Beitragsjahren verabgabten Gesamteinkommen von Fr. 278'768.-- statt der anrechenbaren Einkünfte der verstorbenen Ehefrau von Fr. 24'750.-- (1972) nur mehr Fr. 14'040.-- (1990) im Sinne von Art. 32 Abs. 2 AHVG hinzuzurechnen waren. Dieser ![]() | 14 |
b) Anders als in den Fällen, die das Eidg. Versicherungsgericht zur kürzlichen Änderung seiner Rechtsprechung bewogen, liegt diese Ursache hier indes nicht unmittelbar in der Verwendung eines tieferen Aufwertungsfaktors. Das Gesamteinkommen der Eheleute Z.-K. (erster IK-Eintrag im Jahre 1948) wurde mit dem 1990 geltenden Faktor 2,072 aufgewertet (Rententabellen 1990, Bd. 1, S. 28). Dieser Multiplikand ist höher als derjenige, der im Zeitpunkt der erstmaligen Rentenbemessung im Jahre 1972 verwendet worden war. Denn im Unterschied zur heutigen - mit der 9. AHV-Revision auf den 1. Januar 1979 eingeführten - Methode der Einkommensaufwertung (Art. 30 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 33ter AHVG) bewegte sich der Aufwertungsfaktor nach dem damals geltenden System - ohne Rücksicht auf die Beitragsdauer des Versicherten - je nach Rentenskala zwischen 1,25 und 1,75 (ZAK 1980 S. 357; vgl. auch ZAK 1990 S. 272 und 1983 S. 517 ff. sowie die Botschaft über die 9. AHV-Revision vom 7. Juli 1976, BBl 1976 III 16 ff., 57 f.).
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Allerdings wirkt sich das System der Einkommensaufwertung im vorliegenden Fall insofern nachteilig für die Versicherten aus, als es sich beim Beschwerdeführer um einen älteren Rentner handelt, der bereits seit 1972 keiner (beitragspflichtigen) Erwerbstätigkeit mehr nachgeht. Der 1990 verwendete Aufwertungsfaktor von 2,072 konnte sich daher nicht auf jüngere, dem aktuellen Stand der Lohnentwicklung entsprechende und durch die Teuerung noch kaum geschmälerte Einkünfte beziehen, sondern von vornherein nur auf solche, die zwischen 1948 und 1972 erzielt worden und naturgemäss erheblich tiefer ausgefallen waren (zur Lohnentwicklung vgl. ZAK 1980 S. 355 f. und 1990 S. 330 unten). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang ferner, dass die im Rahmen der 9. AHV-Revision wieder eingeführte Beitragspflicht der Altersrentner nicht rentenbildend ist (BGE 107 V 195 ff.; ZAK 1985 S. 525 Erw. 3a mit Hinweisen). Damit steht der Beschwerdeführer im Vergleich zum Neurentner von ![]() | 16 |
Diese Benachteiligung des Beschwerdeführers erhellt eindrücklich aus dem Umstand, dass die Verwaltung auf den 1. August 1990 - ausgehend von einem Gesamteinkommen von Fr. 292'808.-- (einschliesslich des Verdienstes der zweiten Ehefrau von Fr. 14'040.--) - ein massgebendes jährliches Durchschnittseinkommen von nur mehr Fr. 25'920.-- (Aufwertungsfaktor 2,072; 24 Beitragsjahre) errechnete. Demgegenüber hatte sich das frühere jährliche Durchschnittseinkommen, welches auf der Grundlage eines Gesamteinkommens von Fr. 303'518.-- (einschliesslich des Verdienstes der ersten Ehefrau von Fr. 24'750.--) ermittelt worden war, im Rahmen allgemeiner Rentenanpassungen von anfänglich Fr. 22'800.-- (Stand 1972) auf Fr. 50'112.-- (1986) erhöht (vgl. etwa KS II/90 des BSV an die Ausgleichskassen über die Rentenerhöhungen auf den 1. Januar 1990 [Umrechnung laufender Renten]). Mit diesen Anpassungen seines eigenen durchschnittlichen Jahreseinkommens vermochte der Beschwerdeführer mit den periodisch neu aufgelegten Rententabellen, die als "Bestimmungsgrössen" jeweils höhere Durchschnittseinkommen verlangten, Schritt zu halten.
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a) Eine solche Zufälligkeit besteht zunächst darin, dass mit einem im Rentenalter erfolgenden Zivilstandswechsel nicht zwangsläufig eine Änderung der Berechnungsgrundlagen verbunden sein muss. - ![]() | 19 |
b) Ebenso zufallsabhängig gestaltet sich die Rentenneuberechnung bei geschiedenen männlichen Versicherten. Denn auch in diesen Fällen zieht die Ehescheidung bloss dann eine Änderung der Berechnungsgrundlagen nach sich, wenn die Ehefrau im Sinne von Art. 32 Abs. 2 AHVG zur Rentenfinanzierung beigetragen hatte (vgl. ZAK 1978 S. 408, Anm. 1). Während es somit nur unter dieser Voraussetzung zu einer - das massgebende jährliche Durchschnittseinkommen erfassenden - Rentenneuberechnung gestützt auf die im Berechnungszeitpunkt geltenden Faktoren kommen soll (Rz. 63 KS III/90), wird die Rente in den übrigen Fällen weiterhin nach Massgabe der Rentenskala und dem durchschnittlichen Jahreseinkommen festgesetzt, wie sie nach der letztmaligen Umrechnung gegolten hatten (Rz. 48 KS III/90).
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c) Vermerkt sei schliesslich die Berechnungsweise, die gemäss Verwaltungspraxis dann zum Tragen käme, wenn der Beschwerdeführer ![]() | 21 |
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Gerade aus der Einsicht, dass ungeachtet seiner Art nicht jeder Zivilstandswechsel notwendigerweise die Grundlagen der Rentenberechnung beschlägt, diese Folge vielmehr je nach den konkreten Umständen eintritt und insofern zufallsabhängig ist, darf allfälligen entsprechenden Änderungen nicht eine Wirkung beigemessen werden, die zu einer sachlich nicht mehr zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung der Versicherten führt. In diesem Sinne hat es die Verwaltungspraxis verstanden, für zahlreiche Mutationsgründe angemessene Regeln zu entwerfen, und zwar - wie dargelegt (Erw. 5c ![]() | 23 |
b) Für die Änderung der Rechtsprechung vom 26. März 1992 ist mitentscheidend gewesen, dass gesetzgeberische Reformbestrebungen dahingehen, in ähnlich gelagerten Fällen als massgebendes Einkommen das auf den neusten Stand gebrachte durchschnittliche Jahreseinkommen gelten zu lassen, welches im Zeitpunkt der Entstehung des ersten Rentenanspruchs festgesetzt wurde (Art. 31 Abs. 3 des Entwurfs zum revidierten AHVG, BBl 1990 II 92, 158). Indes fällt auf - was zuhanden des Gesetzgebers vermerkt sei -, dass die auf die Berechnung einfacher Altersrenten zugeschnittene bundesrätliche Reformvorlage - entgegen der vom BSV in der Vernehmlassung offenbar vertretenen Auffassung - jedenfalls nach dem Wortlaut gerade dem vorliegenden Fall nicht gerecht zu werden vermöchte.
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7. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen und die Verwaltung zur neuen Berechnung der Ehepaar-Altersrente anzuhalten ist. - Dabei wird sie - wie die Kasse in ihrer Vernehmlassung an die Vorinstanz aufgezeigt hat - in sinngemässer Anwendung von Rz. 68 und 52 KS III/90 (vgl. Rz. 694.9 und 694.4 RWL in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung) zu verfahren haben. Im einzelnen wird es mithin darum gehen, das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen des Beschwerdeführers aufgrund der im Zeitpunkt des ersten Versicherungsfalls geltenden (1. Januar 1972) Berechnungsregeln festzusetzen, um alsdann die so ermittelten Berechnungsgrundlagen unter Berücksichtigung der seitherigen Rentenanpassungen auf den im Zeitpunkt der hier streitigen Neuberechnung (1. August 1990) geltenden Stand zu bringen (Rz. 68 KS III/90). Zu dem auf diese Weise bestimmten durchschnittlichen Jahreseinkommen des Beschwerdeführers wird die Verwaltung schliesslich die von der heutigen Ehefrau verabgabten Erwerbseinkommen hinzuzurechnen haben (Art. 32 Abs. 2 AHVG). - Mit dieser Berechnungsweise werden ![]() | 25 |
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