![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
26. Auszug aus dem Urteil vom 2. Mai 1994 i.S. Er. F., K. F., Erben der E. F. gegen Ausgleichskasse des Kantons Thurgau und AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau | |
Regeste |
Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG, Art. 17 ELV: Bewertung von Verzichtsvermögen. Im Rahmen der Bewertung von Verzichtsvermögen ist Art. 17 ELV in der seit 1. Januar 1992 geltenden Fassung im Sinne einer unechten Rückwirkung auch auf Verzichtstatbestände anwendbar, welche sich vor Inkrafttreten dieser Bestimmung verwirklicht haben (Erw. 4b). |
Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG: Vermögensverzicht. Im Rahmen der Prüfung, ob eine adäquate Gegenleistung vorliegt, sind als solche eingeräumte Wohnrechte und Leibrenten nach den von der Eidg. Steuerverwaltung herausgegebenen Tabellen zu kapitalisieren; Bestätigung der Rechtsprechung (Erw. 4e). |
Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG: Vermögensverzicht. Ein Vermögensverzicht im Sinne dieser Bestimmung ist auch dann zu berücksichtigen, wenn er mehr als fünf Jahre vor der Anmeldung zum EL-Bezug erfolgte. Soweit sich aus Rz. 2064.1 der Wegleitung des BSV über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (WEL; in der ab 1. Januar 1990 gültigen Fassung) etwas Abweichendes ergibt, erweist sich diese Verwaltungsweisung als gesetzwidrig (Erw. 4f). | |
![]() | |
4. a) Laut Erbteilungsvertrag vom 29. November 1985 verzichtete die Versicherte auf Zuteilung einer Liegenschaft; dafür wurde ihr ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht eingeräumt und eine an den Lebenskostenindex gebundene Leibrente von damals Fr. 500.-- pro Monat zugesprochen. Da der Nachlass ihres verstorbenen ![]() | 1 |
b) Ob die Versicherte auf Vermögen verzichtet hat, beurteilt sich nach den relevanten Gegebenheiten im Zeitpunkt der Erbteilung von November 1985 (vgl. BGE 113 V 192 Erw. 4c/aa mit Hinweis). Weil jedoch Ergänzungsleistungen frühestens ab April 1992 streitig sind, ist für die Bemessung der seinerzeit geteilten Vermögenswerte - im Einklang mit dem Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) - Art. 17 ELV in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung massgebend. Zwar wird damit an einen Sachverhalt angeknüpft, welcher vor Inkrafttreten der revidierten Verordnungsbestimmung eingetreten ist. Indessen dauert dieser Sachverhalt insofern an, als sich unter der Herrschaft des neuen Rechts die Frage der Bewertung dieses Verzichtsvermögens stellt. In diesem Sinne liegt hier ein Anwendungsfall der sog. unechten Rückwirkung vor (vgl. dazu BGE 114 V 151 Erw. 2, BGE 113 V 299, BGE 110 V 254 Erw. 3a, je mit Hinweisen auf die Rechtsprechung und Lehre). In masslicher Hinsicht ist daher von den Grundsätzen der Gesetzgebung über die direkte kantonale Steuer auszugehen (Art. 17 Abs. 1 ELV). Dies unter Vorbehalt von Art. 17 Abs. 4 ELV, wonach Grundstücke zum Verkehrswert einzusetzen sind, wenn sie dem Bezüger oder einer Person, die in der EL-Berechnung eingeschlossen ist, nicht zu eigenen Wohnzwecken dienen.
| 2 |
c) Soweit das BSV die letztgenannte Verordnungsbestimmung dahingehend auslegt, dass "die Liegenschaft, in der der EL-Bezüger wohnt, ihm gehören muss (seine eigene sein muss), um der Aufwertung auf den Verkehrswert zu entgehen", und daraus folgert, es sei im vorliegenden Fall Art. 17 Abs. 4 ELV anwendbar, weil die Liegenschaft mit der Abtretung nicht mehr der Versicherten gehört habe, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Ergänzungsleistung entspricht der Differenz zwischen der auf den Anspruchsberechtigten anwendbaren Einkommensgrenze und dessen (niedrigerem) anrechenbaren Einkommen, zu dem auch ein Teil des Vermögens (und/oder Verzichtsvermögens) hinzugerechnet wird (Art. 2 Abs. 1, Art. 3 und 5 Abs. 1 ![]() | 3 |
d) Der streitigen Kassenverfügung wie auch der bundesamtlichen Vernehmlassung liegt offenbar die Auffassung zugrunde, dass es sich bei den im Teilungsvertrag angeführten Grundstückswerten um EL-rechtlich relevante Wertangaben handelt. Dies trifft indessen nicht zu: Der Vergleich zwischen den neuen Steuerwerten der Er. F. zugeteilten Liegenschaften gemäss Mitteilung der Steuerverwaltung des Kantons Thurgau vom 14. Februar 1986 mit den Wertangaben laut Teilungsvertrag ergibt ohne weiteres, dass letztere keine kantonalen Schatzungswerte darstellen. Sie beruhen offenbar - wie in solchen Fällen üblich - auf einer privaten Verkehrswertschätzung. Hinsichtlich der Parzelle Nr. 144 (mit dem von der Versicherten bis zum Eintritt ins Alters- und Pflegeheim bewohnten Haus) lässt sich dies denn auch direkt dem Wortlaut des Teilungsvertrages entnehmen. Für die Belange der Ergänzungsleistungen ist jedoch entweder der Wert der kantonalen Schatzung oder der Verkehrswert nach Art. 17 Abs. 4 ELV (vgl. AHI 1993 S. 129) massgebend.
| 4 |
Die vorliegenden Akten geben keine Auskunft über die Steuerwerte der fraglichen Liegenschaften im Zeitpunkt der Erbteilung. Unter diesen Umständen ist die Streitsache an die Ausgleichskasse zurückzuweisen, damit diese den Wert des Nachlassanteils der Versicherten bei Abschluss des Teilungsvertrages vom 29. November 1985 nach Massgabe von Art. 17 ELV ermittle.
| 5 |
e) Steht dieser Wert fest, stellt sich anschliessend die Frage, ob die Gegenleistung an die Versicherte als adäquat betrachtet werden kann. Das ihr eingeräumte unentgeltliche Wohnrecht im Wert von Fr. 4'800.-- pro Jahr (vgl. den Nachtrag auf der Steuererklärung für die ![]() | 6 |
Liegt dieser Betrag unter dem Wert des Nachlassanteils der Versicherten, so ist die Differenz, vermindert um die bisherige Amortisation nach Art. 17a ELV (BGE 119 V 436), als Verzichtsvermögen in die EL-Berechnung miteinzubeziehen. Ferner ist ein hypothetischer Ertrag auf diesem Vermögen als Einkommen zu berücksichtigen (BGE 110 V 22 Erw. 4; ZAK 1985 S. 243 Erw. 2, 1984 S. 511 Erw. 4b). Was den anwendbaren Zinssatz betrifft, ist nach der Rechtsprechung - vorbehältlich besonderer Umstände im Einzelfall - auf die allgemeinen Bedingungen auf dem Kapitalmarkt abzustellen, wobei in der Regel der Zins für Spareinlagen der fünf grössten Kantonalbanken (laut dem Statistischen Jahrbuch der Schweiz) heranzuziehen ist (BGE 110 V 24 Erw. 5b; ZAK 1988 S. 200 Erw. 6). Nachdem das Statistische Jahrbuch nunmehr den Durchschnittszins für Spareinlagen aller Banken enthält, ist auf diesen Zinssatz abzustellen. Aus praktischen Erwägungen und Gründen der Rechtsgleichheit ist dabei in der Regel vom durchschnittlichen Zins für Spareinlagen im Vorjahr des Bezugsjahres auszugehen (AHI 1994 S. 158). Im vorliegenden Fall ist somit der mittlere Zins für Spareinlagen im Jahre 1991 von 5,5% zu berücksichtigen (Statistisches Jahrbuch der Schweiz 1994, S. 268, T 12.6). Dies entspricht denn auch dem Zinssatz, welcher gemäss Akten im Jahre 1991 dem Sparheft der Versicherten bei der Raiffeisenkasse Tägerwilen gutgeschrieben wurde.
| 7 |
f) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wurde - wie bereits in der vorinstanzlich eingereichten Beschwerde - geltend gemacht, dass die Söhne des Erblassers ihrer Mutter bis zur Erbteilung die Erträge aus dem Erbschaftsvermögen überlassen hätten. Diesem Umstand kann jedoch bei der Frage nach der Gegenleistung an die Versicherte nicht Rechnung getragen werden, da er im Teilungsvertrag vom 29. November 1985 keinerlei Erwähnung findet.
| 8 |
![]() | 9 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |