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64. Urteil vom 28. November 1994 i.S. R., Beschwerdeführer, gegen Artisana Kranken- und Unfallversicherung und Verwaltungsgericht des Kantons Bern | |
Regeste |
Art. 1 Abs. 2, Art. 3 Abs. 3, Art. 28 und 33 KUVG, Art. 1 Abs. 1 des Bundesbeschlusses über befristete Massnahmen gegen die Entsolidarisierung in der Krankenversicherung, Art. 1 ff. Verordnung IX über die Krankenversicherung betreffend den Risikoausgleich unter den Krankenkassen. | |
Sachverhalt | |
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B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 15. März 1993 ab, soweit es darauf eintrat.
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C.- R. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid und die Verfügung der Krankenkasse seien aufzuheben. Mittels superprovisorischer Verfügung sei der Krankenkasse zu untersagen, bis zum Ende des laufenden Verfahrens Risikoausgleichszahlungen auszurichten; insbesondere sei ihr zu untersagen, die am 31. März 1993 fällig werdende Teilzahlung in der Höhe von rund 10 Mio. Franken auszurichten.
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Die Krankenkasse stellt den Antrag, es sei auf die Beschwerde einzutreten und die Verfassungs- und Gesetzmässigkeit der Verordnung IX über die Krankenversicherung betreffend den Risikoausgleich unter den Krankenkassen zu überprüfen. Insbesondere sei festzustellen, dass Risikoausgleichszahlungen einer bestimmten Krankenkasse für ein bestimmtes Geschäftsjahr nicht höher ausfallen können als die diesem Geschäftsjahr entsprechenden Bundesbeiträge.
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Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne.
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D.- Mit Verfügung vom 7. April 1993 wurde das Gesuch des R. um Erlass vorsorglicher Massnahmen abgewiesen.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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Der Beschwerdeführer ficht die Prämienverfügung für das Jahr 1993 an. Es handelt sich somit um eine Prämienverfügung, welche in Anwendung eines Tarifs im Einzelfall ergangen ist. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demzufolge einzutreten (BGE 120 V 47).
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b) Nach der Rechtsprechung kann das Eidg. Versicherungsgericht Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen. Bei (unselbständigen) Verordnungen, die sich auf eine gesetzliche Delegation stützen, prüft es, ob sie sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz eingeräumten Befugnisse halten. Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche Delegation ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsebene eingeräumt, muss sich das Gericht auf die Prüfung ![]() | 11 |
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Gestützt auf diesen Bundesbeschluss erliess der Bundesrat am 31. August 1992 (teilweise geändert am 14. Juni 1993) die Verordnung IX über die Krankenversicherung betreffend den Risikoausgleich unter den Krankenkassen (nachfolgend: Vo IX). Dem Risikoausgleich unterstehen laut Art. 2 Vo IX alle anerkannten Krankenkassen, welche die Krankenpflegeversicherung betreiben; der Risikoausgleich gilt für die Grundversicherung für Krankenpflege und umfasst die Einzel- und Kollektivversicherung sowie die ![]() | 13 |
4. a) Der Beschwerdeführer verlangt eine Reduktion seiner Krankenkassenprämie für das Jahr 1993 um jenen Teil, der auf den Risikoausgleich zurückzuführen ist. Er vertritt die Auffassung, die bundesrätliche Vo IX vom 31. August 1992 sei bundesrechtswidrig. Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen in der vorinstanzlichen Beschwerde. Darin machte er im wesentlichen geltend, die in der Vo IX vorgesehenen Mittel müssten in einem vernünftigen Verhältnis zum Gesetzeszweck stehen, d.h. das Verhältnismässigkeitsprinzip müsse eingehalten sein. Dieses Prinzip sei nicht erfüllt, insbesondere hinsichtlich des Ausmasses des Risikoausgleichs, insofern er einen Drittel der Prämienerhöhung ausmache und für seine Krankenkasse auf 21 Mio. Franken für 1993 zu beziffern sei. Der vorgesehene Risikoausgleich in den genannten Ausmassen verletze Art. 28 KUVG, da finanzielle Mittel, die an andere Krankenkassen abgeliefert werden, nicht mehr Versicherungszwecken dienen. Des weitern laufe der Risikoausgleich dem in Art. 3 KUVG festgelegten ![]() | 14 |
Die Beschwerdegegnerin bringt vor, mit ihrem Berechnungsmodell "Risikoausgleich nach Vo IX des KVG" vom 7. Januar 1993 erbringe sie den Nachweis, dass das verfolgte Ziel des Risikoausgleichs mit der Verordnung des Bundesrates nicht eingehalten werde. Der vom Gesetzgeber vorgegebene Rahmen, nämlich Zahlungen unter den Krankenkassen vorzunehmen, die ausschliesslich aufgrund der verschiedenen Risikogruppen zu einem Ausgleich führen, werde eindeutig gesprengt. Sobald sich die höheren Durchschnittskosten einer anderen Kasse und auch deren Marktanteil auf die Höhe der Ausgleichszahlung einer Krankenkasse auswirken könnten, handle es sich um weit mehr als um den Ausgleich der massgebenden Risikogruppen. Mit dieser Überschreitung des Delegationsrahmens würden zusätzlich Ungleichheiten geschaffen und es liege damit ein offensichtlicher Verstoss gegen das Rechtsgleichheitsgebot vor. Eine Relation zwischen dem ![]() | 15 |
Das BSV führt in der Vernehmlassung aus, die Vo IX beruhe im wesentlichen auf dem von den Krankenkassen bzw. vom Konkordat vorgeschlagenen Ausgleichssystem. Man sei sich jedoch damals bewusst gewesen, dass das Ausgleichssystem nachträglich verfeinert werden müsse. Aufgrund der ersten Erfahrungen mit dem Risikoausgleich für das Jahr 1993 zeige es sich, dass im Bereich der Kostenunterschiede zwischen den massgebenden Risikogruppen und den einzubeziehenden Beständen die Vo IX verbesserungsbedürftig sei. Es sei deshalb eine Revision der Vo IX eingeleitet worden, die einen besseren und gerechteren Ausgleich im Sinne von Art. 1 des Bundesbeschlusses vorsehe.
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b) Laut Art. 1 Abs. 1 des Bundesbeschlusses über befristete Massnahmen gegen die Entsolidarisierung in der Krankenversicherung vom 13. Dezember 1991 müssen Krankenkassen, denen im Vergleich zum Durchschnitt aller Krankenkassen als Mitglieder weniger Frauen und ältere Personen angehören, zugunsten von Kassen mit überdurchschnittlich vielen Frauen und älteren Personen Abgaben entrichten, welche die durchschnittlichen Kostenunterschiede zwischen den massgebenden Risikogruppen in vollem Umfang ausgleichen. Mit dieser Zweckbestimmung soll der zunehmenden Entsolidarisierung in der Krankenversicherung begegnet werden. Der Risikoausgleich bildet denn auch einen Teil von Massnahmen zur Festigung der Solidarität in der Krankenversicherung. In der bundesrätlichen Botschaft über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung und die Entsolidarisierung in der Krankenversicherung vom 6. November 1991 wurde dazu ausgeführt (BBl 1991 IV S. 917 ff.), das heutige System begünstige ![]() | 17 |
Nach dem klaren Willen des Gesetzgebers sollen mithin Krankenkassen, die im Vergleich zum Gesamtdurchschnitt mehr ältere Personen und mehr Frauen aufweisen, Beiträge erhalten, die von jenen Krankenkassen aufzubringen sind, welche weniger ältere Personen und Frauen versichern, als es dem Gesamtdurchschnitt entsprechen würde. Der Risikoausgleich beruht sodann nicht auf dem Rechnungsergebnis, sondern auf den objektiv festgestellten Beständen bezüglich Geschlecht und Alter der Versicherten und auf den durchschnittlichen Kostenunterschieden dieser Gruppen. Dabei sind laut Art. 1 des fraglichen Bundesbeschlusses die durchschnittlichen Kostenunterschiede zwischen den massgebenden Risikogruppen in vollem Umfang auszugleichen. Damit ist der Grundsatz des vollen Risikoausgleichs - was im vorliegenden Zusammenhang entscheidend ist - bereits im Bundesbeschluss statuiert. Aus diesem Grunde geht einerseits die übereinstimmende Argumentation von Beschwerdeführer und Beschwerdegegnerin ins Leere, die bundesrätliche Vo IX führe zu einem gesetz- und verfassungswidrigen Ergebnis (vgl. in diesem Zusammenhang Art. 113 Abs. 3 und Art. 114bis Abs. 3 BV). Denn eine allfällige Unvereinbarkeit des Risikoausgleichs mit Art. 1-3, Art. 28 und 33 Abs. 3 KUVG sowie Art. 74 und 75 ZGB wäre nämlich nicht erst durch die bundesrätliche Vo IX hervorgerufen worden, sondern bereits mit dem erwähnten für das Eidg. Versicherungsgericht verbindlichen Bundesbeschluss erfolgt und durch den Gesetzgeber gewollt. Anderseits kann auch keine Rede davon sein, die Ausgleichszahlungen der einzelnen Krankenkassen müssten ihre Grenze am Betrag der erhaltenen Bundessubventionen finden. Mit der bundesrätlichen Vo IX wird daher im beanstandeten Punkt der Höhe der Ausgleichszahlungen lediglich ausgeführt, was der Bundesbeschluss mit dem in Art. 1 enthaltenen Grundsatz des vollen ![]() | 18 |
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