BGE 124 V 19 | |||
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4. Urteil vom 23. Februar 1998 i.S. R. gegen Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn | |
Regeste |
Art. 84 Abs. 2, Art. 97 ff., Art. 128 f. OG; Art. 65 KVG: Verordnung über die Beiträge des Bundes zur Prämienverbilligung in der Krankenversicherung vom 12. April 1995. |
Gegen letztinstanzliche kantonale Gerichtsentscheide ist daher grundsätzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Eidg. Versicherungsgericht nicht zulässig. | |
Sachverhalt | |
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B.- Auf Beschwerde hin verneinte das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn nach Androhung der reformatio in peius mit Entscheid vom 28. Februar 1997 einen Anspruch auf Prämienverbilligung und wies die Sache in Aufhebung der angefochtenen Kassenverfügung an die Ausgleichskasse zurück, damit diese die Frage der Rückforderung im Sinne der Erwägungen prüfe.
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C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt R. eine Prämienverbilligung in Höhe von Fr. 402.05.
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Die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.
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D.- Das Eidg. Versicherungsgericht eröffnete am 25. Juni 1997 mit dem Schweizerischen Bundesgericht einen Meinungsaustausch über die Frage der Zuständigkeit.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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2. a) Mit dem angefochtenen Entscheid hat das kantonale Gericht in Anwendung der regierungsrätlichen Verordnung über die provisorische Regelung der Prämienverbilligung in der Krankenversicherung 1995 und 1996 vom 19. Dezember 1995 einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Prämienverbilligung für das Jahr 1996 verneint. Die regierungsrätliche Verordnung stützt sich ihrerseits auf Art. 65 KVG. Nach dessen Abs. 1 gewähren die Kantone den Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen Prämienverbilligungen. Diese sind so festzulegen, dass die jährlichen Beiträge des Bundes und der Kantone nach Art. 66 KVG grundsätzlich voll ausbezahlt werden (Abs. 2). Die Voraussetzungen, unter denen Prämienverbilligungen ausbezahlt werden, sind jedoch im Bundesrecht nicht geregelt. Insbesondere hat der Bundesgesetzgeber darauf verzichtet, den Begriff der "Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen" zu konkretisieren (NEF, Die Prämienverbilligung in der Krankenversicherung, in: LAMal-KVG, Recueil de travaux en l'honneur de la Société suisse de droit des assurances, Lausanne 1997, S. 493; vgl. auch COULLERY/KOCHER, Der Rechtsbegriff der "bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse" nach Artikel 65 KVG, in: Soziale Sicherheit [CHSS] 1997 S. 24 ff.). Die Kantone geniessen damit eine erhebliche Freiheit in der Ausgestaltung der Prämienverbilligung, indem sie autonom festlegen können, was unter "bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen" zu verstehen ist (BGE 122 I 346 f. Erw. 3f). Die kantonalen Vorschriften zur Prämienverbilligung stellen daher nicht unselbständiges kantonales Ausführungsrecht zu Bundesrecht, sondern autonomes kantonales Recht dar, dessen Verletzung nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 97 ff. bzw. Art. 128 f. OG gerügt werden kann. Demzufolge ist grundsätzlich die staatsrechtliche Beschwerde gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide im Bereich der Prämienverbilligungen gegeben (Art. 84 Abs. 2, Art. 86 Abs. 1 und Art. 87 OG). Dem Gesagten entspricht auch die bisherige Praxis des Bundesgerichts (nicht veröffentlichtes Urteil N. vom 26. Mai 1997) im Zusammenhang mit Prämienverbilligungen im Rahmen von Art. 4 des Bundesbeschlusses vom 13. Dezember 1991 über befristete Massnahmen gegen die Entsolidarisierung in der Krankenversicherung (AS 1991 2607, ausführlicher in der Fassung vom 7. Oktober 1994, AS 1995 515). Lediglich dort, wo sich die Prämienverbilligung auf die Verordnung über die Beiträge des Bundes zur Prämienverbilligung in der Krankenversicherung vom 12. April 1995 (SR 832.112.4) stützt oder richtigerweise hätte stützen sollen, wie etwa auf Art. 10 über die Zuständigkeit eines Kantons, beruht der vorinstanzliche Entscheid auf einer bundesrechtlichen Grundlage und kann mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Eidg. Versicherungsgericht angefochten werden. Diese Auffassung teilt auch die II. öffentlichrechtliche Abteilung des Bundesgerichts im Rahmen des durchgeführten Meinungsaustausches.
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b) Nichts anderes ergibt sich aus den Rechtspflegebestimmungen der Art. 85 bis 91 KVG, welche sich nicht auf die Prämienverbilligung nach Art. 65 KVG beziehen. Es handelt sich bei letzterer Bestimmung vielmehr um einen Regelungsbereich, hinsichtlich dessen die im Falle von Streitigkeiten erforderlichen Rechtswege nicht durch das KVG selber umschrieben sind (SPIRA, Le contentieux en matière d'assurance-maladie selon le nouveau droit, in: Revue jurassienne de jurisprudence [RJJ] 1996 S. 197 f.). Auf die Prämienverbilligungsstreitigkeiten sind daher die spezialgesetzlichen Verfahrensnormen nach KVG nicht anwendbar. Die Frage der sachlichen Zuständigkeit beurteilt sich mithin allein nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesverwaltungsrechtspflege.
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c) Nach dem Gesagten ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde mangels bundesrechtlicher Verfügungsgrundlage nicht einzutreten. Hingegen kommt die Behandlung der Eingabe vom 18. März 1997 als staatsrechtliche Beschwerde in Betracht, weshalb sie dem Bundesgericht überwiesen wird (Art. 96 Abs. 1 OG).
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