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22. Auszug aus dem Urteil vom 7. April 1998 i.S. 24 Krankenkassen, alle vertreten durch den Kantonalverband Zugerischer Krankenkassen gegen Dr. med. W. und Verwaltungsgericht des Kantons Zug | |
Regeste |
Art. 4 und Art. 58 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Art. 25 Abs. 1 KUVG; Art. 89 KVG: Intertemporalrechtliche Zuständigkeit. |
Der 1996 ergangene Zwischenentscheid des nach neuem Recht zuständigen Schiedsgerichts des Kantons Zug, mit welchem das Verfahren zuständigkeitshalber an das seit 1. Januar 1996 nicht mehr bestehende Schiedsgericht nach Art. 25 Abs. 1 KUVG überwiesen wurde, stellt eine gegen Art. 4 BV verstossende Rechtsverweigerung dar und verletzt überdies Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. | |
Sachverhalt | |
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B.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lassen die CSS Versicherung und 23 weitere Krankenversicherer beantragen, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass das Verwaltungsgericht des Kantons Zug (als Schiedsgericht) für die Beurteilung der am 16. August 1995 gegen Dr. med. W. eingereichten Klage zuständig ist und diese zu behandeln hat.
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Dr. med. W. verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Aus den Erwägungen: | |
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Streitig und zu prüfen ist, ob zur Beurteilung der von den Krankenkassen am 16. August 1995 anhängig gemachten Klage das alte oder das neue Schiedsgericht sachlich zuständig ist.
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b) Das altrechtliche Schiedsgericht hatte seine Rechtsgrundlage in § 20 des kantonalen EG KUVG vom 19. November 1970. Durch § 9 des EG KVG vom 29. Februar 1996, in Kraft getreten auf den 1. Januar 1996, wurde das altrechtliche Schiedsgericht aufgehoben und durch das neue Schiedsgericht gemäss § 8 EG KVG des Kantons Zug ersetzt. Somit bestand bei Erlass des angefochtenen Zwischenentscheides das altrechtliche Schiedsgericht mangels Rechtsgrundlage nicht mehr. Nach (unbenütztem) Ablauf der Referendumsfrist waren die Mitglieder des unter der Herrschaft des EG KUVG bestellten Schiedsgerichts deshalb nicht mehr befugt, Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern im Sinne von Art. 89 KVG zu entscheiden. Der Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts, wonach die einmal begründete Zuständigkeit eines Gerichts bei Rechtsänderung fortbesteht (perpetuatio fori; HABSCHEID, Schweizerisches Zivilprozess- und Gerichtsorganisationsrecht, 2. Aufl., Rz. 42; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 75), bezieht sich in erster Linie auf nach Prozesshängigkeit eintretende Änderungen des Sachverhalts, soweit dieser für die Zuständigkeit von Bedeutung war (vgl. BGE 121 III 13 betreffend Zuständigkeit des Gerichts bei Wohnsitzwechsel der Partei; VPB 1993 Nr. 65 S. 505 betreffend Zuständigkeit des Handelsgerichts trotz Löschung im Handelsregister). Im Falle eines Rechtswechsels kann das im Zeitpunkt der Klageeinreichung zuständig gewesene Gericht den Prozess nur dann fortsetzen, wenn es nach Inkrafttreten der Rechtsänderung als gerichtliche Behörde weiterbesteht (vgl. unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts in Sachen Y. vom 20. März 1992; vgl. auch BGE 116 II 211 f. Erw. 2b/bb). Dies trifft, wie dargelegt auf das Schiedsgericht nach § 20 EG KUVG nicht zu. Vielmehr ist das Schiedsgericht gemäss § 8 EG KVG des Kantons Zug seit 1. Januar 1996 das (einzige) kantonale Schiedsgericht im Sinne von Art. 89 KVG. Es ist damit seit diesem Zeitpunkt zur Beurteilung der Klage der Beschwerdeführerinnen ohne weiteres zuständig, ungeachtet des Umstandes, dass bei deren Einreichung noch die sachliche Zuständigkeit des altrechtlichen Schiedsgerichts gegeben war.
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4. Der angefochtene Zwischenentscheid verletzt Bundesrecht (Art. 104 lit. a OG) zunächst insoweit, als die Vorinstanz den Beschwerdeführerinnen den ![]() | 9 |
Des weiteren hat das kantonale Gericht Art. 58 Abs. 1 BV verletzt, wonach niemand seinem verfassungsmässigen Richter entzogen werden darf. Diese Bestimmung kann u.a. dann angerufen werden, wenn ein Gericht entgegen seiner Zuständigkeit die Anhandnahme eines Falles verweigert, wobei die diesen Schutz gewährenden Normen nicht auf Verfassungsstufe niedergelegt sein müssen; es kann sich ebenso um in Gesetzen und Verordnungen festgehaltene generell-abstrakte Zuständigkeitsregelungen handeln. Art. 58 Abs. 1 BV gewährleistet also nicht nur den verfassungsmässigen, sondern ganz allgemein den gesetzlichen Richter (KÖLZ, Kommentar BV, Rz. 1 zu Art. 58 Abs. 1; MÜLLER, Die Garantie des verfassungsmässigen Richters in der Bundesverfassung, in: ZBJV 1970 S. 253 und 258; vgl. auch BGE 100 Ib 147 f. Erw. II/1 und BGE 89 I 68 Erw. 1). Im nämlichen Zusammenhang als verletzt bezeichnet werden muss schliesslich Art. 6 Ziff. 1 EMRK, der denjenigen, die eine Verletzung eines (zivilen) Rechts geltend zu machen beabsichtigen, den Zugang zum (zuständigen) Gericht gewährleistet, soweit die Streitsache nicht bereits rechtskräftig entschieden wurde (Justizgewährleistung; vgl. BGE 118 Ia 214 f. Erw. 2d; PEUKERT, EMRK-Kommentar, S. 196).
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