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61. Auszug aus dem Urteil vom 26. November 1998 i.S. E.F., H.F. gegen Konkordia, Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung und Versicherungsgericht des Kantons Aargau | |
Regeste |
Art. 49 Abs. 3 und Art. 56 KVG: Vergütung bei Spitalaufenthalt; Abgrenzung der Akutspitalbedürftigkeit von der Pflegebedürftigkeit. |
- Die unter der Herrschaft des KUVG ergangene Rechtsprechung, wonach für den Übertritt vom Akutspital in ein Pflegeheim oder eine Pflegeabteilung eine angemessene Anpassungszeit einzuräumen ist, hat seine Gültigkeit ebenfalls bewahrt. | |
Sachverhalt | |
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B.- Der Beirat der Versicherten liess Beschwerde erheben und beantragen, in Aufhebung der Einspracheentscheide sei die Konkordia zu verpflichten, für die Zeit vom 28. Juni 1996 bis 6. September 1996, eventuell bis 20. Juli 1996, die Kosten für die Akutspitalbehandlung zu entschädigen; zur Frage, ![]() | 2 |
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau vereinigte die Verfahren und wies die Beschwerden mit Entscheid vom 28. Januar 1998 ab.
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C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt der Beirat der Versicherten das erstinstanzliche Beschwerdebegehren erneuern.
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Die Konkordia beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Aus den Erwägungen: | |
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b) Der Grundsatz von Art. 49 Abs. 3 KVG entspricht der Rechtsprechung, wie sie im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebotes von Art. 23 KUVG entwickelt wurde (Botschaft über die Revision der Krankenversicherung vom 6. November 1991, BBl 1992 I 186, Separatausgabe S. 94). Danach hat der an sich spitalbedürftige Versicherte diejenige Heilanstalt oder Spitalabteilung zu wählen, in die er vom medizinischen Standpunkt aus gehört. So hat die Kasse aus der Grundversicherung nicht für Mehrkosten aufzukommen, die sich daraus ergeben, dass der Versicherte sich in eine für intensive Pflege und Behandlung spezialisierte und damit teure Klinik begibt, obwohl er einer solchen Behandlung nicht bedarf und ebensogut in einer einfacher eingerichteten und daher weniger kostspieligen Heilanstalt sachgerecht hätte behandelt werden können. Ebenso hat der spitalbedürftige Versicherte nicht mehr als die gesetzlichen bzw. statutarischen Leistungen zugute, wenn ![]() | 7 |
Das KVG hat die Leistungen teilweise neu umschrieben, am Wirtschaftlichkeitsgebot und dessen Anwendung auf den Leistungsanspruch bei Spitalaufenthalt jedoch nichts geändert, so dass die genannte Rechtsprechung weiterhin Geltung hat (MAURER, Das neue Krankenversicherungsrecht, Basel/Frankfurt a.M. 1996, S. 71 Fn. 181; nicht veröffentlichtes Urteil in Sachen Erben der I. vom 4. Mai 1998). Aus Art. 56 in Verbindung mit Art. 49 Abs. 3 KVG folgt u.a., dass ein Aufenthalt im Akutspital zum Spitaltarif nach Art. 49 Abs. 1 und 2 KVG nur so lange durchgeführt werden darf, als vom Behandlungszweck her ein Aufenthalt im Akutspital notwendig ist (LOCHER, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 2. Aufl., Bern 1997, S. 165 N. 28).
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Aus den von Dr. U. eingereichten Leistungsblättern des Spitals B. geht hervor, dass sich die Beschwerdeführerinnen im Juni 1996 an zwei und im Juli 1996 an insgesamt 16 bzw. 18 Tagen einer Gymnastik von jeweils 15 bis 35 Minuten unterzogen haben; für die Zeit ab 27. Juli 1996 enthalten die Leistungsblätter keine Eintragungen über durchgeführte Physiotherapie mehr. Im Begleitschreiben vom 13. September 1996 weist Dr. U. darauf hin, dass vom Pflegepersonal zusätzlich praktisch täglich Gehübungen im Gang, auf der Treppe und auch ausserhalb des Spitals durchgeführt worden seien. Auch unter Berücksichtigung dieser Massnahmen kann nicht von einer den Aufenthalt in einem Akutspital rechtfertigenden Behandlung gesprochen werden. Nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen des Vertrauensarztes hätten die nach Behebung des Nahrungs- und Flüssigkeitsdefizits erforderlichen Massnahmen ebenso gut in einer Pflegeabteilung für Chronischkranke durchgeführt werden können. Dr. U. räumt denn auch ein, dass die Dauer der Akutspitalbedürftigkeit im vorliegenden Fall "diskutabel" sei. In einer Stellungnahme zuhanden der Beschwerdegegnerin vom 18. Oktober 1996 vertritt er die Auffassung, dass mit der Annahme einer Akutspitalbedürftigkeit von vier Wochen eine vernünftige, den heutigen Usanzen entsprechende Abgrenzung erreicht werden könnte. Mit einer allfälligen Usanz lässt sich ein weitergehender Anspruch jedoch nicht begründen. Wie die Beschwerdegegnerin zu Recht feststellt, macht Art. 49 Abs. 3 KVG die Anwendung des Spitaltarifs allein von der medizinischen Indikation der Behandlung und Pflege oder der medizinischen Rehabilitation im Spital abhängig; beim Fehlen dieser Indikation kommt zwingend der Tarif für das Pflegeheim nach Art. 50 KVG zur Anwendung.
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c) Zu beachten ist indessen, dass sich die Begriffe "akute Krankheit" und "Akutspitalbedürftigkeit" einerseits sowie "chronische Leiden" und "Langzeitpflegebedürftigkeit" anderseits nicht streng voneinander abgrenzen lassen (BBl 1992 I 167; Separatausgabe S. 75). Insbesondere wenn es - wie hier - darum geht, die Akutspitalbedürftigkeit von einer anschliessenden blossen Pflegebedürftigkeit abzugrenzen, ist dem behandelnden Arzt ein ![]() | 12 |
Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die hochbetagten Beschwerdeführerinnen an ausgeprägten psychoorganischen Syndromen bei allgemeiner Arteriosklerose sowie an Polyarthronose litten, welche bereits vor Eintritt des Notfalls zu erheblichen Beeinträchtigungen des Allgemeinzustandes geführt hatten. Wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gestützt auf die ärztlichen Angaben zu Recht geltend gemacht wird, führte der Nahrungs- und Flüssigkeitsmangel zu einer zusätzlichen Schwächung des Gesamtbefindens, welche mit der blossen Beseitigung des Nahrungs- und Flüssigkeitsdefizits nicht behoben war. Aufgrund ihres prekären Allgemeinzustandes bedurften die Beschwerdeführerinnen darüber hinaus gezielter Massnahmen zur Rekonvaleszenz, verbunden mit einer aktivitätsfördernden Behandlung. Dabei ging es darum, den Gesundheitszustand so weit zu verbessern, dass die Verlegung in ein Chronischkrankenheim umgangen und die Beschwerdeführerinnen nach Hause entlassen werden konnten, was in der Folge auch erreicht wurde. Dass die erforderliche Rehabilitationsbehandlung noch unter den spezifischen Betreuungs- und Überwachungsbedingungen eines Akutspitals erfolgte, erscheint unter den besonderen (in der Beurteilung des Sachverhalts durch den Vertrauensarzt unberücksichtigt gebliebenen) medizinischen Umständen des vorliegenden Falles für eine begrenzte Übergangszeit als begründet. In Würdigung der konkreten Umstände rechtfertigt es sich, der Auffassung des behandelnden Arztes in der nachträglichen Stellungnahme vom 27. April 1998 zu folgen, wonach die Akutspitalbedürftigkeit drei bis vier Wochen gedauert hat, was zur teilweisen Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Umfang des Eventualantrags führt. Von der Einholung eines Gutachtens zur Frage der Dauer der Akutspitalbedürftigkeit, wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde eventualiter beantragt wird, ist abzusehen, da hievon kaum neue Erkenntnisse zu erwarten wären.
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