![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
10. Urteil vom 3. März 1999 i.S. R. gegen Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn | |
Regeste |
Art. 3 Abs. 6 ELG; Art. 17 Abs. 1, 2 und 4 ELV; Art. 1 Abs. 1 lit. a, Art. 2 Abs. 2, Art. 7 Abs. 1, Art. 58 Abs. 1, Art. 60 lit. b BGBB; Art. 30 Abs. 1, Art. 31 Abs. 2 LPG: Bewertung eines landwirtschaftlichen Gewerbes. Unter Grundstücken im Sinne von Art. 17 Abs. 4 ELV ist auch eine Gesamtheit von Grundstücken zu verstehen, die ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 7 BGBB bilden und dem Realteilungsverbot im Sinne von Art. 58 BGBB unterliegen. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
B.- Hiegegen erhob R. beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn Beschwerde und beantragte die Neubeurteilung seines Ergänzungsleistungsgesuches. Er machte geltend, die Grundstücke in seinem Eigentum stellten ein landwirtschaftliches Gewerbe dar und könnten gemäss Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht nicht einzeln verkauft werden. Da das Wohnhaus auf diesem landwirtschaftlichen Gewerbe selbst bewohnt werde, sei das gesamte Grundeigentum als selbst bewohntes zu bewerten. Mit Entscheid vom 19. Juni 1997 wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn die Beschwerde ab.
| 2 |
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert R. seine Rechtsbegehren und beantragt die Aufhebung des kantonalen Entscheids.
| 3 |
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Stellungnahme verzichtet.
| 4 |
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
5 | |
![]() | 6 |
a) Das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11) bezweckt unter anderem, das bäuerliche Grundeigentum zu fördern und namentlich Familienbetriebe als Grundlage eines gesunden Bauernstandes und einer leistungsfähigen, auf eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung ausgerichteten Landwirtschaft zu erhalten und ihre Struktur zu verbessern (Art. 1 Abs. 1 lit. a BGBB). Das Gesetz gilt für einzelne oder zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehörende landwirtschaftliche Grundstücke, die ausserhalb einer Bauzone im Sinne des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung liegen und für welche die landwirtschaftliche Nutzung zulässig ist (Art. 2 Abs. 1 BGBB). Als landwirtschaftliches Gewerbe gilt eine Gesamtheit von landwirtschaftlichen Grundstücken, Bauten und Anlagen, die als Grundlage der landwirtschaftlichen Produktion dient und die mindestens die halbe Arbeitskraft einer bäuerlichen Familie beansprucht (Art. 7 Abs. 1 BGBB). Von landwirtschaftlichen Gewerben dürfen nicht einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile abgetrennt werden (Realteilungsverbot; Art. 58 Abs. 1 BGBB). Ausnahmen sind gemäss Art. 59 BGBB nur im Rahmen einer Bodenverbesserung, zum Zweck einer Grenzverbesserung oder einer Grenzbereinigung, infolge einer Enteignung oder bei einer Zwangsvollstreckung zulässig. Nach Art. 60 BGBB werden ferner unter engen Voraussetzungen Ausnahmen bewilligt. Im vorliegenden Zusammenhang interessiert einzig die Bewilligung unter der Voraussetzung, dass das landwirtschaftliche Gewerbe auch nach der Aufteilung oder der Abtrennung eines Grundstücks oder Grundstückteils einer bäuerlichen Familie noch eine gute landwirtschaftliche Existenz bietet (lit. b).
| 7 |
Wer von einem landwirtschaftlichen Gewerbe einzelne Grundstücke oder Teile von einzelnen Grundstücken verpachtet (parzellenweise Verpachtung), bedarf einer Bewilligung (Art. 30 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die landwirtschaftliche Pacht vom 4. Oktober 1985 [LPG]; SR 221.213.2). Nach Art. ![]() | 8 |
b) Die im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstücke stellen zweifellos ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 7 BGBB dar, weshalb nach Art. 58 Abs. 1 BGBB einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile nicht abgetrennt werden dürfen, es sei denn, es liege eine Ausnahmesituation im Sinne von Art. 60 lit. b BGBB vor. Der Beschwerdeführer hat den grössten Teil seines landwirtschaftlichen Gewerbes verpachtet, nämlich 175'887 m2 (bzw. gemäss Katasterauszug vom 1. Dezember 1995 175'817 m2) von insgesamt 178'776 m2 (Pachtvertrag vom 12. Juni 1994). Von der Pacht ausgenommen sind das Wohnhaus und ein Wagenschopf, ein Stück Land zu 70 m2, ein Stück Land zu 2'689 m2 und ein Stück Wald zu 200 m2. Die Verpachtung des landwirtschaftlichen Gewerbes erfolgte infolge der Aufgabe der Landwirtschaft aus gesundheitlichen Gründen. Sie hat indessen nach Angaben des Beschwerdeführers bloss vorübergehenden Charakter, denn nach Ablauf der minimalen Pachtdauer werde eine Weiterführung des Betriebes in der Familie angestrebt. Der Pachtvertrag wurde für eine Dauer von neun Jahren abgeschlossen und wird jeweils um sechs Jahre verlängert, wenn er nicht fristgerecht gekündigt wird (Ziff. 1-3 des Pachtvertrages vom 12. Juni 1994). Diese Vertrags- und Fortsetzungsdauer entspricht dem gesetzlichen Minimum für landwirtschaftliche Gewerbe (Art. 7 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 lit. b LPG). Unklar ist, ob es sich vorliegend um eine bewilligungspflichtige Verpachtung einzelner Grundstücke eines landwirtschaftlichen Gewerbes (Art. 30 LPG) oder um die nicht bewilligungspflichtige Verpachtung des gesamten landwirtschaftlichen Gewerbes handelt. Da 98% des Landes verpachtet sind, ist eher Letzteres zu bejahen, doch kann diese Frage letztlich offen bleiben. Denn entweder war die Verpachtung des landwirtschaftlichen Gewerbes überhaupt nicht bewilligungspflichtig oder sie wurde wegen Vorliegens der Voraussetzungen in Art. 31 Abs. 2 lit. e oder f LPG bewilligt.
| 9 |
c) Die Zielrichtungen des bäuerlichen Bodenrechts (BGBB und LPG) und des ELG stehen sich hinsichtlich der in casu zu beurteilenden Rechtsfrage diametral gegenüber: Auf der einen Seite sollen das bäuerliche Grundeigentum ![]() | 10 |
11 | |
b) Die Verwaltung will in Anwendung von Art. 17 Abs. 4 ELV sämtliche Grundstücke, die nicht zu eigenen Wohnzwecken dienen, zum Verkehrswert anrechnen. Sie brachte im vorinstanzlichen Verfahren vor, für landwirtschaftliche Liegenschaften lägen keine Spezialbestimmungen vor, weshalb das nicht "eigenen Wohnzwecken" dienende landwirtschaftliche Gewerbe zum Verkehrswert anzurechnen sei.
| 12 |
![]() ![]() | 13 |
c) Der Beschwerdeführer bewirtschaftet 98% des Landes seines landwirtschaftlichen Gewerbes aus gesundheitlichen Gründen seit April 1994 nicht mehr selber. Er möchte aber das Gewerbe dereinst einer seiner Töchter übergeben, was der Zielsetzung des bäuerlichen Bodenrechts entspricht. Im April 1994 waren die beiden Töchter erst 13-jährig, also zweifellos noch nicht zur Übernahme des Hofes fähig. Unter Berücksichtigung des Zweckes des bäuerlichen Bodenrechts konnte vom Beschwerdeführer in diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht verlangt werden, das landwirtschaftliche Gewerbe als Ganzes zu verkaufen. Mit der Verpachtung hat er sich einerseits die Einkünfte aus dem Vermögen gesichert (Art. 3 Abs. 1 lit. b ELG) und hat anderseits in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des bäuerlichen Bodenrechts gehandelt.
| 14 |
15 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |