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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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49. Urteil vom 6. Mai 1999 i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt gegen F. und Versicherungsgericht des Kantons Aargau | |
Regeste |
Art. 39 UVG; Art. 50 UVV: Canyoning. | |
Sachverhalt | |
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B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 15. Oktober 1997 gut und wies die SUVA an, F. ungekürzte Versicherungsleistungen auszurichten.
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C.- Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die Kürzung der Geldleistungen um 50% zu bestätigen.
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F. schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) deren Gutheissung beantragt.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Das Canyoning, bei dem versucht wird, stets dem Weg des Baches am oder im Wasser folgend eine Schlucht der Länge nach zu durchschreiten (vgl. WINKLER & SPILKER, Basiswissen für Draussen, Canyoning, S. 7), birgt, worauf die SUVA zu Recht hinweist, zahlreiche Gefahren. Vor allem im Hinblick darauf, dass aus mehr oder weniger grosser Höhe in Bäche gesprungen wird, deren Grund sich einerseits verändert (Geschiebe, Steine, Äste etc.) und andererseits allenfalls beim Springen nicht oder jedenfalls nicht deutlich ![]() | 6 |
a) Nach der Rechtsprechung zu verschiedenen gefährlichen Sportarten gelten zunächst solche als absolute Wagnisse, die wettkampfmässig betrieben werden und bei denen es auf die Geschwindigkeit ankommt (Motocross-Rennen: RKUV 1991 Nr. U 127 S. 221; Auto-Bergrennen: BGE 113 V 222, BGE 112 V 44; Karting-Rennen: nicht veröffentlichtes Urteil N. vom 4. November 1964). Im Weitern gelten Boxwettkämpfe als absolutes Wagnis, da die Angriffe direkt auf den Körper zielen (EVGE 1962 S. 280). Die Ausübung anderer Sportarten kann je nach Beeinflussbarkeit des Risikos einmal ein absolutes, ein andermal - bei weiteren gegebenen Umständen - ein relatives Wagnis darstellen (Auto-Rallye: BGE 106 V 45; Deltasegeln: BGE 104 V 19, nicht veröffentlichte Urteile J. vom 1. Juli 1980 und D. vom 27. September 1978; Höhlentauchen: BGE 96 V 100; Klettern: BGE 97 V 72 und 86; Pneuschlitteln: nicht veröffentlichtes Urteil C. vom 8. April 1999).
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b) Insoweit Canyoning nicht wettkampfmässig und auf Geschwindigkeit betrieben wird, stellt im Lichte der in Erw. 2a dargelegten Rechtsprechung nicht jede Form der Ausübung dieses Sports ein absolutes Wagnis dar. Als ungeeignet für die Abgrenzung ist dabei die von der Vorinstanz gewählte Unterteilung in "schwimmendes" (absolutes Wagnis) und "technisches" (relatives Wagnis) Canyoning zu bezeichnen, da einerseits die entsprechenden Übergänge fliessend sind und andererseits eine Tour in der Regel eine Mischform der beiden Varianten darstellt, worauf die SUVA und das BSV zu Recht hinweisen. Auch würde eine solche Unterteilung unberücksichtigt lassen, dass auch bei einem "schwimmenden" Canyoning die Risiken mit entsprechenden Massnahmen (Einhaltung der elementaren Grundregeln wie Verzicht auf Sprünge ins unbekannte Wasser und auf Schwimmen bei zu grosser Wassermenge) auf ein annehmbares Mass gesenkt werden können, während demgegenüber auch beim "technischen" Canyoning ein absolutes Wagnis nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Vielmehr ist wie beim Bergsteigen (vgl. BGE 97 V 79 Erw. 3 unten) zunächst zu prüfen, ob die konkrete Tour a priori ein Wagnis an sich sei und bei Verneinung dieser Frage weiter, ob nach den konkreten Umständen des Einzelfalles ein relatives Wagnis vorliege.
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b) Demnach bleibt zu prüfen, ob die konkreten Umstände - im Besonderen die Wetterverhältnisse, der Wasserstand, die Ausrüstung sowie die Ausbildung und Erfahrung des Beschwerdegegners - den objektiv vorhandenen Risiken und Gefahren angemessen waren, damit diese auf ein vertretbares Mass herabgesetzt wurden.
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aa) Am 16. Juli 1994 war das Wetter für eine derartige Tour gut und der Bach führte sehr wenig Wasser. Ebenso gaben Ausrüstung und Material der Gruppe zu keinerlei Beanstandungen Anlass. Der Beschwerdegegner verfügte als Trekkingteamleiter auch über grosse Erfahrung im Canyoning und war u.a. von D., einem berufsmässigen Führer begleitet. Die Gruppe war somit für die konkrete - mässig schwierige - Tour bestens qualifiziert sowie ausgerüstet, und es herrschten gute äussere Bedingungen. Bei diesen Verhältnissen liegt auch kein relatives Wagnis vor. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Gruppe am Unfalltag die Schlucht auskundschaften und für geführte Touren (weiter) einrichten oder die bestehenden Einrichtungen überprüfen wollte, war doch die Tour den Sportlern bestens bekannt und erhöhte sich dadurch der Schwierigkeitsgrad nicht.
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bb) Schliesslich ergibt sich allein aus dem Umstand, dass der Beschwerdegegner an der Unfallstelle beim Überqueren des Baches auf dem glitschigen Untergrund ausgerutscht und in die Tiefe gestürzt ist, nichts ![]() | 12 |
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