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77. Urteil vom 3. Dezember 1999 i.S. Kantonales Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Bern, gegen W. und Verwaltungsgericht des Kantons Bern | |
Regeste |
Art. 13 Abs. 2bis und 2ter AVIG; Art. 11b Abs. 2 AVIV: Wirtschaftliche Zwangslage; Berechnungsgrundlage. | |
Sachverhalt | |
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B.- In teilweiser Gutheissung der hiegegen eingereichten Beschwerde hob das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die angefochtene Verfügung auf mit der Feststellung, dass W. sich ab 1. Dezember 1996 in einer wirtschaftlichen Zwangslage befunden habe, und wies die Sache an das KIGA zurück, damit es, nach Abklärung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen, über den Entschädigungsanspruch neu befinde (Entscheid vom 10. Februar 1998). In der Begründung ging es davon aus, dass unter bestimmten Voraussetzungen, die hier erfüllt seien, für die Beurteilung der Frage, ob eine wirtschaftliche Zwangslage bestehe, auf die aktuellen Einkommensverhältnisse bei Einreichung des Antrags auf Arbeitslosenentschädigung abgestellt werden könne. Anrechenbar sei daher nur das vom Ehemann nach Aufgabe der Stelle als Direktor erzielte Einkommen als Praxishilfe, das sich auf lediglich Fr. 3'000.-- im Monat belaufe.
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C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das KIGA, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben.
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Während W. sich nicht vernehmen lässt, schliesst das Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit (seit 1. Juli 1999: Staatssekretariat für Wirtschaft [seco]) auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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Die Beitragszeit hat erfüllt, wer innerhalb der dafür vorgesehenen Rahmenfrist für die Beitragszeit (zwei Jahre vor dem ersten Tag, für den sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind; Art. 9 Abs. 2 und 3 AVIG) während mindestens sechs Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat (Art. 13 Abs. 1 AVIG). Abs. 2 derselben Gesetzesbestimmung zählt in lit. a-d Zeiten auf, die ebenfalls als Beitragszeiten angerechnet werden. Gemäss Art. 13 Abs. 2bis AVIG (in Kraft seit 1. Januar 1996) werden Zeiten, in denen Versicherte keine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben, ![]() | 7 |
Laut Art. 11b Abs. 2 AVIV werden das anrechenbare Einkommen und der anrechenbare Teil des Vermögens grundsätzlich auf Grund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der letzten zwölf Monate vor Einreichung des Entschädigungsantrages berechnet, wobei die gesamten Bruttoeinkommen des Versicherten und seines Ehegatten (lit. a) und 10% des Vermögens des Versicherten und seines Ehegatten (lit. b) anrechenbar sind.
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a) Während die Vorinstanz diese Frage ohne nähere Ausführungen bejahte, bestreitet das KIGA einen solchen Zusammenhang, indem es geltend macht, die Beschwerdegegnerin habe nicht nur der Kinder wegen, sondern auch deshalb auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet, weil ihr Ehemann ein überdurchschnittliches Einkommen erzielt habe, womit der Unterhalt der ganzen Familie ohne weiteres sichergestellt gewesen sei. Nun berufe sie sich allein deshalb auf Erziehungszeiten, weil der von ihr getrennt lebende Ehemann absichtlich seine familiären Unterhaltspflichten vernachlässige.
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Wie den Erläuterungen des damaligen Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit (heute Staatssekretariat für Wirtschaft, seco) vom 21. September 1995 zur Revision der AVIV auf den 1. Januar 1996 zu entnehmen ist, war in Art. 11b Abs. 2 zunächst vorgesehen, zur Bestimmung des anrechenbaren Einkommens und des anrechenbaren Teils des Vermögens grundsätzlich auf die letzte Steuerveranlagung des Versicherten und seines Ehegatten bei der Kantonssteuer (Staatssteuer) abzustellen (S. 9). Das Wort "grundsätzlich" wurde eingefügt, damit erhebliche Einkommensunterschiede zwischen dem Zeitpunkt der Steuererklärung und der Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs berücksichtigt werden konnten; es müsse möglich sein, die Zahlen den aktuellen Verhältnissen anzupassen. Obwohl die Berechnungsgrundlage im definitiven Verordnungstext eine Änderung erfuhr, wurde das Wort "grundsätzlich" belassen. Dies ist dahin zu verstehen, dass auch bei ![]() | 13 |
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Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Denn angesichts der Einkommensverhältnisse des unterhaltspflichtigen Ehegatten, der seit Dezember 1996 Fr. 3'000.-- im Monat verdient, ist nicht ersichtlich, dass die Beschwerdegegnerin bei Anstrengung der erwähnten Verfahren Unterhaltsbeiträge erhältlich machen könnte, welche eine Zwangslage ausschliessen würden. Vielmehr ist auf Grund der Unterlagen betreffend die finanziellen Verhältnisse des Ehemannes als erstellt zu betrachten, dass die ![]() | 15 |
5. Nach den zutreffenden Berechnungen des kantonalen Gerichts befand sich die Beschwerdegegnerin am 1. Dezember 1996 in einer wirtschaftlichen Zwangslage. Da dies sowohl bei Abstellen auf das Einkommen des Ehemannes wie auch bei Berücksichtigung allein der Unterhaltsbeiträge zutrifft, indem der vom KIGA ermittelte Grenzbetrag von Fr. 58'320.-- bei weitem nicht erreicht wird, kann im vorliegenden Fall offen bleiben, welche Berechnungsart bei faktisch getrennt lebenden Eheleuten anzuwenden ist.
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