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4. Auszug aus dem Urteil vom 10. Februar 2000 i. S. X gegen Unitas, Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung, und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt | |
Regeste |
Art. 41 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a KVG: Leistungspflicht bei ambulanter Behandlung. |
- Das Gesetz beschränkt "die Umgebung" nicht auf das Kantonsgebiet, in welchem der Wohn- oder Arbeitsort der versicherten Person liegt. | |
Sachverhalt | |
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B.- Die von X hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 26. September 1997 ab.
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C.- X führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, "die Unitas sei zu verpflichten, die Kosten der Behandlung im Kantonsspital Bruderholz vom 15.07.1996 - 09.01.1997 vollumfänglich zu übernehmen".
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Die Unitas schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, desgleichen das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV).
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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b) Das kantonale Gericht hat den Standpunkt des Krankenversicherers geschützt, dass für die Berechnung der Vergütung der Kosten der ambulanten Nachbehandlung an dem im Kanton Basel-Landschaft gelegenen Spital Bruderholz der im Kanton Basel-Stadt, wo die Versicherte wohnt und arbeitet, geltende Tarif massgebend ist. Zur Begründung führt die Vorinstanz im Wesentlichen an, nach der Rechtsprechung zum alten Recht (Art. 15 Abs. 1 KUVG, Art. 20 Abs. 1 der Verordnung III vom 15. Januar 1965 über die Krankenversicherung betreffend die Leistungen der vom Bund anerkannten Krankenkassen und Rückversicherungsverbände [Vo III]) müsse der Begriff "Wohnort und Umgebung" des Art. 41 Abs. 1 KVG eng interpretiert werden. Mit Blick darauf, dass Basel zu den medizinisch bestversorgten Gebieten der Schweiz gehöre und hier die Ärztedichte hoch sei, könne das im Nachbarkanton Basel-Landschaft gelegene Bruderholzspital nicht mehr zur Umgebung von Basel gerechnet werden. Im Übrigen sei es eine Grundentscheidung des neuen Krankenversicherungsgesetzes, die Leistungen aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung auf das medizinisch Nötige zu beschränken und bei Überschreitung der vom Gesetz gezogenen örtlichen Grenzen bei der medizinischen Versorgung nur noch einen reduzierten Tarifschutz zu gewähren.
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Demgegenüber bringt die Beschwerdeführerin vor, die vom kantonalen Gericht angerufene Rechtsprechung sei unter dem neuen Recht nicht mehr anwendbar. Im alten Recht sei die Umgebung immer nur die Umgebung innerhalb eines Kantons gewesen. Für ausserkantonale Behandlungen habe es überhaupt keine Leistungen gegeben. Im neuen Recht treffe beides nicht mehr zu. Als Versicherte dürfe sie davon ausgehen, dass die Arzttarife in den verschiedenen ![]() | 9 |
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b) In der Botschaft des Bundesrates vom 6. November 1991 über die Revision der Krankenversicherung (BBl 1992 I 93 ff.) wird zur Regelung der "Wahl des Leistungserbringers und Kostenübernahme" (vgl. Zwischentitel vor Art. 41 KVG) bei ambulanter Behandlung, insbesondere zur Bedeutung der Wendung "am Wohn- oder Arbeitsort der versicherten Person oder in deren Umgebung", nicht viel gesagt. Ausser der Wiedergabe des Wortlautes der fraglichen Bestimmung (Art. 35 des Entwurfs) wird im Wesentlichen lediglich darauf hingewiesen, dass im Unterschied zum bisherigen Recht auch dann eine allerdings beschränkte Leistungspflicht besteht, wenn der Versicherte, ohne dass dies medizinische Gründe erforderten, einen auswärtigen Leistungserbringer wähle (BBl 1992 I 168 f.). Auch in den Ratsprotokollen finden sich keine weitergehenden Ausführungen zur Kostenübernahmepflicht im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bei ambulanter Behandlung (vgl. Amtl. Bull. 1992 S 1307 ff. und 1993 N 1857). Beizufügen ist, dass bei der Beratung des Vorentwurfs des Bundesamtes durch die Expertenkommission u.a. vom Vertreter der Verwaltung darauf hingewiesen worden war, dass der Begriff der "Umgebung" dem bisherigen Recht entnommen und "wohl je nach Dichte der Besiedlung und der Versorgung mit Leistungserbringern geographisch weiter oder enger zu verstehen" sei. Im Weitern wurde erst auf Antrag eines Kommissionsmitgliedes, welches auf die Tatsache aufmerksam machte, dass es sehr viele Pendler gebe, einstimmig beschlossen, dass auch bei ambulanter Behandlung am Arbeitsort die Kosten nach dem dort geltenden Tarif übernommen werden sollten. Entsprechend wurde "Wohnort des Versicherten oder in dessen Umgebung" gemäss Vorentwurf ersetzt durch "Wohn- oder Arbeitsort des Versicherten und dessen Umgebung" (Protokolle der Sitzungen vom 23./24. April und 5./6. Juli 1990).
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bb) Als Aufenthaltsort im Sinne von Art. 15 Abs. 1 KUVG (in Art. 20 Abs. 1 Vo III wurde im Unterschied zur französischen und italienischen Fassung, welche den Gesetzesbegriff ["lieu de séjour" bzw. "luogo di (sua) dimora"] verwenden, ungenau von Wohnort gesprochen) wurde der Ort verstanden, an dem eine Person zur Zeit verweilt, gleichgültig ob nur vorübergehend oder für längere Zeit. Unter diesen (weiten) Begriff fällt zunächst der (engere) Begriff des ![]() | 13 |
cc) So verneinte das Eidg. Versicherungsgericht bei einer in Zürich wohnhaften Frau, die sich im aargauischen Baden spezialärztlich hatte behandeln lassen, eine Leistungspflicht der Krankenkasse, weil davon auszugehen sei, "dass in der Stadt und Agglomeration Zürich ein besonders grosses Ärzteangebot besteht, so dass jegliche spezialärztliche Behandlung am Wohnort des Versicherten oder in dessen Umgebung gewährt werden kann". Baden könne daher "nicht als im Rechtssinn 'in der Umgebung' von Zürich liegend bezeichnet werden. Andernfalls würde die in Art. 15 Abs. 1 KUVG vorgesehene Einschränkung des Wahlrechts in räumlicher Hinsicht gerade in Fällen, in denen am Wohnort des Versicherten ein genügendes Ärzteangebot zur Verfügung steht, illusorisch." (RSKV 1976 Nr. 254 S. 125 Erw. 3b). Bei einem in Fleurier im Val-de-Travers wohnhaften Versicherten, welcher wegen eines Hüftleidens einen Rheumatologen in Basel aufgesucht hatte, stellte das Eidg. Versicherungsgericht fest, dass es im Kanton Neuenburg (genügend) "rhumatologues conventionnés" gebe, die die Behandlung ebenfalls hätten durchführen können. "Or, vu la nature de l'affection de l'assuré, on peut admettre que les médecins qualifiés à disposition dans le canton, soit à Neuchâtel, soit à La Chaux-de-Fonds, pratiquaient encore dans les environs du lieu de séjour de l'intéressé. Définir restrictivement la notion légale d'environs du lieu de séjour ignorerait les phénomènes de la spécialisation de la médecine ainsi que de la concentration des médecins spécialistes dans les centres urbains." (BGE 101 V 67 Erw. 3). Im Falle einer in Ueberstorf/FR wohnhaften Versicherten, die sich in Bern gynäkologisch hatte behandeln lassen, schützte das Eidg. Versicherungsgericht den Standpunkt der Krankenkasse, welche mit der Begründung, der betreffende Arzt sei nicht Vertragsarzt und stehe daher nicht im Wahlrecht des Mitglieds, lediglich einen Teil der Kosten vergütet hatte, da "in der Stadt Freiburg, die zur Umgebung von Ueberstorf gehört", genügend Gynäkologen praktizierten, welche diese Behandlung ebenfalls hätten durchführen können (RKUV 1984 Nr. K 593 S. 227 oben). Im nicht veröffentlichten Urteil M. ![]() | 14 |
d) Es besteht kein Grund, die Rechtsprechung zum Begriff des Aufenthaltsortes oder dessen Umgebung im Sinne von Art. 15 Abs. 1 KUVG und Art. 20 Abs. 1 Vo III nicht auch unter dem neuen Krankenversicherungsrecht als nunmehr gleichsam räumliches Kriterium zur Bemessung der Kostenübernahmepflicht bei ambulanter Behandlung im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach Art. 41 Abs. 1 KVG heranzuziehen (vgl. auch EUGSTER, a.a.O., Rz 316 Fn 742). Der Gesetzgeber wollte, wie dargelegt, die unbefriedigende Rechtslage der Versicherten, wonach die Krankenkassen im Falle der Behandlung durch einen ausserhalb des Wahlrechts stehenden Arzt überhaupt keine Leistungen zu erbringen hatten, verbessern, indem neu grundsätzlich die Zulassung des gewählten Arztes zur Tätigkeit für die obligatorische Krankenpflegeversicherung und seine Eignung zur Behandlung der Krankheit genügen sollen, um eine wenn auch allenfalls beschränkte Leistungspflicht des Krankenversicherers zu begründen. Dass darüber hinaus gleichzeitig auch der durch den "Wohn- oder Arbeitsort der versicherten Person oder deren Umgebung" räumlich begrenzte Bereich mit voller Leistungspflicht ausgedehnt werden sollte, ist auf Grund des im Wesentlichen mit der altrechtlichen Wendung "Aufenthaltsort oder dessen Umgebung" nach Art. 15 Abs. 1 KUVG übereinstimmenden Wortlautes von Art. 41 Abs. 1 KVG sowie auf Grund der Art. 20 Abs. 1 Vo III entsprechenden Ausnahmeklausel nach Art. 41 Abs. 2 lit. a KVG (volle Kostenübernahme bei Beanspruchung eines anderen Leistungserbringers aus medizinischen Gründen) und der Entstehungsgeschichte von Art. 41 KVG nicht anzunehmen.
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4. a) Im vorliegenden Fall steht fest, dass das im Kanton Basel-Landschaft gelegene Spital Bruderholz, wo sich die Beschwerdeführerin nach ihrer Operation im Juli 1996 ambulant nachbehandeln liess, weniger als ein Kilometer von der baselstädtischen Grenze entfernt liegt. Im Lichte der nach wie vor grundsätzlich geltenden Rechtsprechung wäre der Behandlungsort lediglich dann nicht zur Umgebung ihres Wohn- und Arbeitsortes Basel zu zählen, wenn diese nur zum Kanton Basel-Stadt gehörendes Gebiet umfassen könnte. Das Bundesamt scheint diese von EUGSTER (a.a.O., ![]() | 16 |
b) Entgegen dem Bundesamt kommt sodann allfälligen Prämienunterschieden zwischen Wohn- oder Arbeitsort einerseits und Behandlungsort anderseits keine entscheidende Bedeutung zu für die Festlegung der Umgebung mit voller Kostenübernahme für ambulante Behandlungen im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach Art. 41 Abs. 1 Satz 2 KVG. Zu erinnern ist zunächst daran, dass das Eidg. Versicherungsgericht schon unter altem Recht das Prinzip der Äquivalenz zwischen Versichertenbeitrag und Versicherungsleistung relativierte und feststellte, es ![]() | 17 |
c) Beschränkt nach dem Gesagten das Gesetz die Umgebung des Wohn- oder Arbeitsortes der versicherten Person nicht auf das jeweilige Kantonsgebiet, durfte sich die Beschwerdeführerin in das in unmittelbarer Nähe von Basel, aber im Nachbarkanton Basel-Landschaft gelegene Spital Bruderholz in die ambulante Nachbehandlung begeben und genoss volle Kostendeckung zu den dort geltenden Tarifen.
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