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71. Urteil vom 22. Dezember 2000 i. S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen R. und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft | |
Regeste |
Art. 10 Abs. 3 AHVG; Art. 28 Abs. 1 und 4, Art. 25 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 29 Abs. 4 AHVV: Bemessung der Beiträge Nichterwerbstätiger im Jahr der Eheschliessung oder -auflösung. |
- Fall der Eheauflösung. Solange die Ehegatten verheiratet sind (d.h. auch in den letzten, im Kalenderjahr der Eheauflösung liegenden Monaten), bemessen sich ihre Beiträge auf Grund der Hälfte des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens (Art. 28 Abs. 4 AHVV). |
- Neueinschätzung Nichterwerbstätiger nach Zivilstandswechsel. Bei Nichterwerbstätigen setzt die Vornahme einer Neueinschätzung im Sinne eines qualitativen Erfordernisses voraus, dass das Vermögen oder Renteneinkommen zufolge eines den in Art. 25 Abs. 1 AHVV erwähnten Gründen entsprechenden Sachverhaltes ändert. Die Auflösung der Ehe durch Scheidung oder Tod wird den in Art. 25 Abs. 1 AHVV geregelten Tatbeständen gleichgestellt. | |
Sachverhalt | |
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B.- R. erhob hiegegen Beschwerde, wobei er sinngemäss beantragte, es seien die Beiträge für die Zeit während der Ehe (Januar und Februar 1998) auf der Grundlage der Hälfte des ehelichen Vermögens und des Renteneinkommens zu erheben und es sei erst ab März 1998 als Berechnungsgrundlage sein individuelles Vermögen und Renteneinkommen heranzuziehen. Mit Entscheid vom 28. Juli 1999 hiess das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft die Beschwerde gut.
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C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde stellt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) das Rechtsbegehren, der kantonale Entscheid sei aufzuheben.
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R. beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes schliesst sich den in der Beschwerdeschrift des BSV enthaltenen Ausführungen an und verzichtet auf eine eigene Stellungnahme.
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Während nach Auffassung der Ausgleichskasse und des Beschwerde führenden BSV das individuelle massgebende Vermögen im ganzen Kalenderjahr der Scheidung oder Verwitwung die Berechnungsgrundlage bildet, halten es Beschwerdegegner und Vorinstanz für richtig, erst ab dem der Auflösung der Ehe folgenden Monat vom individuellen Vermögen und Renteneinkommen und für die vorangehende Zeit von der Hälfte des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens auszugehen.
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Das Eidg. Versicherungsgericht hat wiederholt festgestellt, dass die Beitragsbemessung auf Grund des Renteneinkommens gemäss Art. 28 AHVV gesetzmässig ist (BGE 105 V 243 Erw. 2; ZAK 1984 S. 484; vgl. auch AHI 1994 S. 169 Erw. 4a). In BGE 125 V 221 hat es diese Rechtsprechung bestätigt und die hälftige Anrechnung des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens gemäss Art. 28 Abs. 4 AHVV als gesetz- und verfassungsmässig erklärt.
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b) Art. 29 AHVV sieht vor, dass der Jahresbeitrag in der Regel für eine Beitragsperiode von zwei Jahren (Abs. 1) auf Grund des durchschnittlichen Renteneinkommens einer ebenfalls zweijährigen (das zweite und dritte der Beitragsperiode vorangehende Jahr umfassenden) Berechnungsperiode und auf Grund des Vermögens festzusetzen ist, wobei der Stichtag für die Vermögensbestimmung in ![]() | 10 |
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b) Die Vorinstanz hat im Wesentlichen erwogen, wie die Beiträge von verheirateten Nichterwerbstätigen für diejenigen Jahre festzusetzen seien, in welchen die Ehe geschlossen oder durch Scheidung oder Verwitwung aufgelöst werde, sei nicht durch eine gesetzliche Bestimmung, sondern einzig durch die WSN geregelt. Die Art. 28 und 29 AHVV unterschieden zwischen verheirateten und unverheirateten Versicherten und sähen für die Dauer der Ehe eine je hälftige Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen vor. Dass die Tatsache des Bestandes einer Ehe im Jahr ihrer Auflösung durch Tod eines Ehegatten für die Berechnung irrelevant sei, lasse sich weder Gesetz noch Verordnung entnehmen. Auch die in der Literatur zu findende Begründung, die Weisung des BSV rechtfertige sich unter Hinweis auf die Regelung des Einkommenssplitting nach Art. 29quinquies AHVG in Verbindung mit Art. 50b AHVV, wonach für die Jahre des Eheschlusses und der Auflösung der Ehe keine Teilung des Vermögens vorgenommen werde, sei mangels ausreichenden Zusammenhanges der geregelten Materie unbeachtlich. In Anwendung der relevanten Bestimmungen seien deshalb die Beiträge des Versicherten für die Monate Januar und Februar 1998 gemäss Art. 28 Abs. 4 AHVV auf Grund der Hälfte des ehelichen Vermögens und anrechenbaren Renteneinkommens, von März bis Dezember auf Grund des gesamten Vermögens und Renteneinkommens zu berechnen.
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d) Nach Auffassung des Beschwerdegegners hat die Weisung des BSV an Willkür grenzende Ergebnisse zur Folge. In seiner Stellungnahme legt er dar, dass seine Veranlagung als Witwer für das ganze Jahr 1998 (Beitragsschuld: 10'100 Franken) - nach Stornierung des während der Dauer der Ehe geschuldeten Beitrages von Fr. 925.80 - zu einer Nachbelastung von Fr. 757.55 (10'100 Franken, abzüglich Fr. 925.80, abzüglich Fr. 8'416.65) führe, für welche es keinen plausiblen Grund gebe. Mit dem Tod seiner Frau sei die Ehe erloschen und er könne als Witwer nicht noch einmal für etwas beitragspflichtig werden, wofür er bereits als Verheirateter belangt worden sei. Zu noch stossenderen Resultaten würde das Berechnungsmodell führen, wenn seine Ehefrau bei gleicher Berechnungsbasis im November gestorben wäre (Nachbelastung von Fr. 4'166.25) oder wenn eine verheiratete Person bei maximaler ![]() | 14 |
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b) Die WSN sieht in Rz 2064 Satz 3 (vgl. auch 2084.1) und 2069.1 Satz 4 vor, dass bei verheirateten Versicherten im Kalenderjahr der Heirat, Scheidung oder Verwitwung das individuelle Vermögen und Renteneinkommen die Grundlage für die Beitragsbemessung bildet, d.h. mit anderen Worten, dass die Beiträge von verheirateten Nichterwerbstätigen im ganzen Jahr der Eheschliessung und -auflösung - d.h. auch in den ersten und letzten Monaten der Ehe - nach den für unverheiratete Nichterwerbstätige geltenden Regeln (vgl. Art. 28 Abs. 1 AHVV) zu erheben sind. Wegen der damit statuierten Nichtanwendbarkeit der für verheiratete Nichterwerbstätige geltenden Regeln auf die ersten und letzten Ehemonate stehen die erwähnten Randziffern der WSN mit Art. 28 Abs. 4 AHVV, gemäss welcher Bestimmung sich die Beiträge von verheirateten, als Nichterwerbstätige beitragspflichtigen Personen auf Grund der Hälfte des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens bemessen, nicht im Einklang.
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Soweit das Beschwerde führende Bundesamt geltend macht, dass der in der WSN verankerten Regelung der Gedanke zu Grunde liege, dass die zivilrechtliche Beitragspflicht nur während der Ehe bestehe und die "arme" Ehefrau nicht Beiträge nach den sozialen Verhältnissen des "reichen" Ehemannes bezahlen müsse (und umgekehrt), ist darauf hinzuweisen, dass die auf Art. 28 Abs. 4 AHVV abgestützte Lösung der Vorinstanz diesem Gedanken konsequent Rechnung trägt, indem sobald und solange die eheliche Beistandspflicht (Art. 159 Abs. 3 ZGB) zum Tragen kommt - nämlich während der ganzen Ehedauer - die Beiträge auf der Grundlage der Hälfte des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens erhoben werden.
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c) Sind die erwähnten Randziffern der WSN, auf welche das Beschwerde führende Bundesamt und die Ausgleichskasse sich abstützen, insoweit verordnungswidrig, als sie im ganzen Jahr der Verwitwung (wie auch der hier nicht näher interessierenden Heirat oder Scheidung) eine Beitragspflicht auf Grund des individuellen Vermögens und Renteneinkommens vorsehen, ist ihnen die Anwendung im vorliegenden Fall zu versagen.
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b) Gemäss Art. 25 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 29 Abs. 4 AHVV kann bei Nichterwerbstätigen, deren Vermögenslage oder Renteneinkommen zufolge eines den in der erstgenannten Bestimmung erwähnten Gründen entsprechenden Sachverhaltes ändert, die Festsetzung der Beiträge im ausserordentlichen Verfahren erfolgen. Nach der Verwaltungspraxis kommt indessen die ausserordentliche Beitragsfestsetzung bei Nichterwerbstätigen nur in Frage, wenn aus der Vermögens- oder Einkommensveränderung ein um mindestens 25% verminderter oder erhöhter Beitrag resultiert (Art. 25 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 29 Abs. 4 AHVV; Rz 2091 WSN; BGE 105 V 117; nicht veröffentlichtes Urteil H. vom 20. März 1998). Das Eidg. Versicherungsgericht hat diese Praxis ausdrücklich als nicht gesetzeswidrig erklärt und daher nicht beanstandet (BGE 105 V 119).
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c) Die Auflösung der Ehe durch Scheidung oder Tod stellt bei Nichterwerbstätigen eine den in Art. 25 Abs. 1 AHVV für Selbstständigerwerbende erwähnten Tatbeständen gleichzustellende ![]() | 22 |
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