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6. Auszug aus dem Urteil vom 9. Januar 2001 i. S. A., B. und C., gegen Die Eidgenössische Gesundheitskasse und Verwaltungsgericht des Kantons Zug | |
Regeste |
Art. 7 Abs. 5 KVG: Wechsel des Versicherers. | |
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4. a) Gemäss Art. 7 Abs. 5 KVG endet das Versicherungsverhältnis beim bisherigen Versicherer erst, wenn ihm der neue Versicherer mitgeteilt hat, dass die betreffende Person bei ihm ohne Unterbrechung des Versicherungsschutzes versichert ist (Satz 1). Unterlässt der neue Versicherer diese Mitteilung, so hat er der versicherten Person den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen, insbesondere die Prämiendifferenz (Satz 2). Sobald der bisherige Versicherer die ![]() | 1 |
b) Vorliegend haben die Beschwerdeführer im Rahmen des Schriftenwechsels vor dem kantonalen Gericht die Mitteilung der CSS Versicherung vom 10. Januar 1997 zu den Akten gegeben, in welcher ihre Weiterversicherung ohne Unterbruch in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bestätigt wird. Die Eidgenössische Gesundheitskasse hat in ihrer letztinstanzlich eingereichten Vernehmlassung ausdrücklich festgehalten, dieses Schreiben der CSS Versicherung sei ihr am 10. Januar 1997 zugegangen. Die Bestätigung der Weiterversicherung erweist sich damit im Hinblick auf den Kündigungstermin vom 31. Dezember 1996 als verspätet. Zu prüfen bleibt, auf welchen Zeitpunkt die dem Obligatorium unterstehenden Versicherungsverhältnisse bei der bisherigen Versicherung unter diesen Umständen endeten.
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aa) Nach der Auffassung des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) ist eine erst nach dem Kündigungstermin beim bisherigen Versicherer eingetroffene Mitteilung nicht geeignet, die Wirksamkeit der im Übrigen form- und fristgerechten Kündigung hinauszuschieben. Insbesondere in Jahren hoher Fluktuationen seien auch bei gut organisierten Versicherern über das Jahresende hinaus verzögerte Abläufe im Korrespondenzwesen verständlich. Der Gesetzgeber habe mit dem Erfordernis der Mitteilung der ununterbrochenen Weiterversicherung einzig Versicherungslücken verhindern wollen. Es sei deshalb unproblematisch, Versicherungsverhältnisse bei einem Wechsel des Versicherers nach Art. 7 KVG rückwirkend aufzulösen bzw. zu begründen, falls die Mitteilung des neuen Versicherers über den ununterbrochenen Versicherungsschutz innert eines Monates seit dem Kündigungstermin beim bisherigen Versicherer eintreffe. Das BSV schlägt vor, das bisherige Versicherungsverhältnis rückwirkend auf den Kündigungstermin als beendet zu qualifizieren, vorausgesetzt, die Mitteilung des neuen Versicherers treffe innert Monatsfrist seit dem Kündigungstermin beim bisherigen Versicherer ein.
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Dagegen wendet die beschwerdegegnerische Kasse im Wesentlichen ein, auch der bisherige Versicherer habe Anspruch darauf, seinen Versichertenbestand zuverlässig ermitteln zu können. Rückwirkende Wechsel würden nicht nur administrativ aufwendige Rückzahlungen auslösen, sondern auch unlösbare Probleme im Zusammenhang mit den Risikoausgleichszahlungen und den kantonalen Prämienverbilligungen schaffen. Die Auslegung des BSV ![]() | 4 |
bb) Zu den wichtigsten Zielen des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vom 18. März 1994 (KVG) gehören die Einführung des Krankenpflegeversicherungsobligatoriums und die Eindämmung der Kostensteigerung im Gesundheitswesen, der unter anderem durch den Wettbewerb unter den Versicherern begegnet werden soll. Im System der Mehrfachträgerschaft des Versicherungsobligatoriums gewährleisten verschiedene Bestimmungen die rechtliche und faktische Freiheit des Versichererwechsels. Faktische Freiheit besteht etwa durch die Unabhängigkeit der Prämienhöhe vom Eintrittsalter (Art. 61 KVG). Art. 7 KVG regelt die rechtliche Freiheit des Versichererwechsels einerseits durch Statuierung von Kündigungsfristen und -terminen (Abs. 1 und 2), anderseits durch die Bestimmung, dass das Versicherungsverhältnis nur bei Bestätigung eines neuen Versicherungsverhältnisses endet (Abs. 5). Während Kündigungsfristen und -termine den administrativen Ablauf vereinfachen, bezweckt Art. 7 Abs. 5 KVG die Vermeidung von - mit dem Versicherungsobligatorium unverträglichen - Versicherungslücken (Botschaft des Bundesrates über die Revision der Krankenversicherung vom 6. November 1991, BBl 1992 I 93 ff., insbesondere 144; Amtl.Bull. 1992 S 1287, 1993 N 1729 und 1833, 1993 S 1048).
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Nach dem Wortlaut von Art. 7 Abs. 5 KVG endet das Versicherungsverhältnis beim bisherigen Versicherer erst, wenn ihm der neue Versicherer mitgeteilt hat, dass die betreffende Person bei ihm ohne Unterbrechung des Versicherungsschutzes versichert ist (Satz 1); sobald der bisherige Versicherer die Mitteilung erhalten hat, informiert er die betroffene Person, ab welchem Zeitpunkt sie nicht mehr bei ihm versichert ist (Satz 3). Ob dieser Zeitpunkt bei verspäteter Mitteilung auf deren Eingang beim bisherigen Versicherer oder auf ein früheres oder späteres Datum fällt, lässt die Bestimmung offen. Weder auf Gesetzes- noch auf Verordnungsstufe wird der Endzeitpunkt des bisherigen Versicherungsverhältnisses bei verspäteter Mitteilung des neuen Versicherers konkretisiert. Auch die ratio legis, welche im Verhindern von Versicherungslücken besteht, gibt keinen zwingenden Beendigungstermin des alten Versicherungsverhältnisses vor.
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dd) Das Fehlen einer Regelung über den Zeitpunkt der Beendigung des bisherigen Versicherungsverhältnisses bei verspäteter Mitteilung des neuen Versicherers gemäss Art. 7 Abs. 5 KVG ist kein qualifiziertes Schweigen, sondern eine planwidrige Unvollständigkeit. Mangels Beantwortung der sich in Fällen verspäteter Mitteilung unvermeidlich stellenden Frage nach dem Endzeitpunkt des bisherigen Versicherungsverhältnisses liegt eine echte Lücke vor. Diese hat das Gericht nach jener Regel zu schliessen, die es als Gesetzgeber aufstellen würde (BGE 125 V 14 Erw. 4c, BGE 124 V 307 Erw. 4c in fine, BGE 119 V 255 Erw. 3b).
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ee) Eine Lückenfüllung im Sinne einer rückwirkenden Aufhebung des bisherigen Versicherungsverhältnisses auf den Zeitpunkt des Kündigungstermins, wie sie das BSV vorschlägt, ist abzulehnen. Die Kasse wendet zu Recht ein, damit würde Art. 7 Abs. 5 Satz 2 KVG, wonach der neue Versicherer bei unterlassener Mitteilung der versicherten Person den daraus entstandenen Schaden - insbesondere ![]() | 9 |
Ebenso wenig soll eine im Sinne von Art. 7 Abs. 1 oder 2 KVG fristgerecht erfolgte Kündigung bei verspäteter Mitteilung des neuen Versicherers gemäss Art. 7 Abs. 5 KVG ihre Wirkung erst auf den nächstmöglichen Kündigungstermin (vgl. RKUV 1991 Nr. K 873 S. 195 Erw. 4a mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung) entfalten. Denn bei der verspäteten Mitteilung des neuen Versicherers über den ununterbrochenen Versicherungsschutz ist nicht die Gültigkeit der Kündigung an sich betroffen. Art. 7 Abs. 5 KVG sieht zwecks Sicherstellung des ununterbrochenen Versicherungsschutzes lediglich einen Aufschub der Beendigung des Versicherungsverhältnisses vor.
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Aus verwaltungsökonomischen Gründen ist die Beendigung des bisherigen Versicherungsverhältnisses auf das Ende des Monats vorzusehen, in dem die verspätete Mitteilung des neuen Versicherers bei der bisherigen Versicherungsgesellschaft eingegangen ist. Diese Lösung steht im Einklang mit der ratio legis und deckt sich mit dem Umstand, dass die Prämieneinheiten in monatlichen Zeitabschnitten berechnet und in der Regel monatlich zu bezahlen sind (gleicher Meinung: GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz 36 und Fn 73 sowie Rz 338; vgl. auch MAURER, Das neue Krankenversicherungsrecht, Basel/Frankfurt a.M. 1996, S. 38, welcher von einem Weiterdauern des bisherigen Versicherungsverhältnisses spricht, sich zum Endzeitpunkt aber nicht äussert).
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