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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
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62. Urteil vom 21. Dezember 2001 i. S. Mineral- und Heilbad X AG gegen Eidgenössisches Departement des Innern | |
Regeste |
Art. 5 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 29 und 30 Abs. 1 VwVG; Art. 40 KVG; Art. 57 f. KVV: Zulassung von Heilbädern zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung; verfahrensrechtliche Ansprüche (rechtliches Gehör) der Leistungserbringer bei auf unbestimmt gehaltenen Rechtsgrundlagen beruhenden Entscheiden. |
- Im Verfahren über die Zulassung von Heilbädern zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung ist dem betroffenen Heilbad Gelegenheit zu bieten, zur vorgesehenen Auslegung der massgebenden, unbestimmt gehaltenen Normen Stellung zu nehmen. | |
Sachverhalt | |
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Das EDI fällte in der Folge keinen das Heilbad X betreffenden individuellen Entscheid im Rahmen eines Rückweisungsverfahrens, sondern entschied über dessen Anerkennungsbegehren im Rahmen der am 17. Januar 2001 erlassenen neuen Verfügung über die Zulassung von Heilbädern als Leistungserbringer der sozialen Krankenversicherung, welche in Art. 1 die als Heilbäder nach Art. 40 KVG anerkannten Einrichtungen aufzählt und mit der Veröffentlichung im Bundesblatt am 30. Januar 2001 (BBl 2001 192) in Kraft trat (Art. 3). Das Heilbad X ist in der neuen Liste (Art. 1 der Verfügung) wiederum nicht aufgeführt. Der Entscheid wurde der Betreiberin des Bades durch das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) mit einem Begleitschreiben vom 23. Januar 2001 eröffnet.
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Das EDI schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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b) Gemäss Art. 57 KVV werden Heilbäder zugelassen, wenn sie unter ärztlicher Aufsicht stehen, zu Heilzwecken vor Ort bestehende Heilquellen nutzen, über das erforderliche Fachpersonal sowie die zweckentsprechenden diagnostischen und therapeutischen Einrichtungen verfügen und nach kantonalem Recht zugelassen sind (Abs. 1). Das Departement kann vom Erfordernis der vor Ort bestehenden Heilquelle Ausnahmen bewilligen. Es berücksichtigt dabei die bisherige Praxis der Krankenversicherer (Abs. 2). Art. 58 KVV bestimmt, dass als Heilquellen Quellen gelten, deren Wasser auf Grund besonderer chemischer oder physikalischer Eigenschaften und ohne jede Veränderung ihrer natürlichen Zusammensetzung eine wissenschaftlich anerkannte Heilwirkung ausüben oder erwarten lassen (Abs. 1). Die chemischen oder physikalischen Eigenschaften sind durch Heilwasseranalysen gutachtlich nachzuweisen und alle drei Jahre durch eine Kontrollanalyse durch die zuständige kantonale Instanz zu überprüfen (Abs. 2).
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bb) Die Lehre weist darauf hin, dass Komplexität und Veränderlichkeit der zu regelnden Sachverhalte in jüngerer Zeit zugenommen haben. Im Zusammenhang mit dieser Entwicklung und den entsprechend gewandelten Anforderungen an die öffentliche Verwaltung, von welcher flexibles und zeitgerechtes Reagieren auf sich wandelnde Sachverhalte und Erkenntnisse verlangt wird, sind ein Abbau der Regelungsdichte und eine Tendenz zum vermehrten Erlass unbestimmter, offener Normen zu beobachten (vgl. PIERRE MOOR, Principes de l'activité étatique et responsabilité de l'Etat, in: THÜRER/AUBERT/MÜLLER, Verfassungsrecht der Schweiz, Zürich 2001, S. 265 ff., 270 f.). Anzahl und Bedeutung von Rechtsnormen nehmen zu, welche durch Offenheit oder Unbestimmtheit charakterisiert sind und mit Generalklauseln, unbestimmten Rechtsbegriffen und Ermessensbefugnissen arbeiten, deren "Freiräume" durch die Verwaltung aufzufüllen sind (MICHELE ALBERTINI, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, Diss. Bern 1999, S. 11 mit Hinweisen).
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cc) Als Folge der dargestellten Entwicklung verlieren die Garantien des - nunmehr in Art. 5 Abs. 1 der Bundesverfassung vom ![]() | 10 |
c) Nach dem Gesagten ist nicht zu beanstanden, dass die Art. 57 f. KVV die Voraussetzungen einer Anerkennung als Heilbad gemäss Art. 40 KVG in vergleichsweise unbestimmter Weise umschreiben, ![]() | 11 |
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b) Dem Entscheid über die Anerkennung der Beschwerdeführerin als Heilbad gemäss Art. 40 KVG gingen die folgenden aktenkundigen Verfahrensschritte voraus:
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aa) Das EDI liess zunächst durch eine Arbeitsgruppe, zusammengesetzt aus Vertretern des Verbandes Schweizer Badekurorte (VSB), des Konkordats der Schweizerischen Krankenversicherer (KSK), der Schweizerischen Gesellschaft für Balneologie und Bioklimatologie (SGBB) und des BSV, einen Fragebogen erarbeiten. Mit Schreiben vom 27. November 1998 wurde dieser Fragebogen an alle Einrichtungen, die möglicherweise die Bedingungen einer Zulassung als anerkanntes Heilbad erfüllen würden, sowie an alle Kantone versandt. Die Beschwerdeführerin retournierte den ihr zugestellten Fragebogen mit einem Begleitschreiben vom 20. Januar 1999.
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bb) Anlässlich ihrer Sitzung vom 28. August 1999 beschloss die Arbeitsgruppe, die Einholung eines Gutachtens über die Heilwirkung des Wassers des Heilbades X zu empfehlen. Sie begründete dies damit, dass das Wasser keine gelösten Stoffe enthalte, die auffallen würden, und alkalisches Wasser höchstens für eine Trinkkur geeignet sei, wobei eine solche nicht als Badekur gelte.
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dd) Mit Schreiben vom 23. Januar 2001 eröffnete das BSV der Beschwerdeführerin den Entscheid des EDI vom 17. Januar 2001. Zwischenzeitlich war die Beschwerdeführerin nicht mehr formell kontaktiert worden.
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c) Das beschriebene Vorgehen der Verwaltung wird den obgenannten Anforderungen an das Anhörungsverfahren gemäss Art. 29 und Art. 30 Abs. 1 VwVG nicht gerecht. Insbesondere bilden die Zustellung des Fragebogens und die Aufforderung zur Einreichung weiterer Unterlagen betreffend die Heilwirkung des Quellwassers ohne Bekanntgabe des vorgesehenen Beurteilungsmassstabes keine ausreichende Gewährung des rechtlichen Gehörs. Vielmehr hätte der Beschwerdeführerin nach dem Abschluss der sachverhaltlichen Abklärungen, aber vor dem Erlass des Entscheides des EDI Gelegenheit geboten werden müssen, sich zum Ergebnis der Abklärungen sowie zur Frage nach der Heilwirkung des Quellwassers, zu den für deren Beantwortung massgebenden Kriterien und zum anzuwendenden Massstab nochmals vernehmen zu lassen. Dass der Verband der Badekurorte die Interessen der Heilbäder in die Arbeitsgruppe, die den Fragebogen erarbeitete, einbringen konnte, vermag die Gehörsgewährung an die Beschwerdeführerin nicht zu ersetzen. Eine solche konnte auch nicht deshalb unterbleiben, weil die Beschwerdeführerin den Fragebogen ohne inhaltliche Kritik eingereicht hatte, denn darin kann kein Verzicht auf eine spätere Anhörung erblickt werden.
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d) aa) Das Recht, angehört zu werden, ist formeller Natur. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs führt ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Es kommt mit anderen Worten nicht darauf an, ob die Anhörung im konkreten Fall für den Ausgang der materiellen Streitentscheidung von Bedeutung ist, d.h. die Behörde zu einer Änderung ihres Entscheides veranlasst wird oder nicht (BGE 126 V 132 Erw. 2b mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung kann ![]() | 19 |
bb) Die im Rahmen der Gewährung des rechtlichen Gehörs zu erwartenden Ausführungen der Beschwerdeführerin werden voraussichtlich eine balneologische Beurteilung erfordern. Diese ist nicht durch das Eidg. Versicherungsgericht, sondern in erster Linie durch die zuständigen Verwaltungsbehörden vorzunehmen. Eine Heilung der Gehörsverletzung im Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren kommt daher nicht in Frage.
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