BGE 130 V 71 | |||
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11. Auszug aus dem Urteil i.S. A. gegen IV-Stelle Bern und Verwaltungsgericht des Kantons Bern |
I 465/03 vom 1. Dezember 2003 | |
Regeste |
Art. 41 IVG, Art. 87 Abs. 3 (in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung) und Abs. 4 IVV: Zeitlich massgebender Sachverhalt. | |
Sachverhalt | |
A. Die 1956 geborene A. meldete sich am 20. Dezember 1994 unter Hinweis auf Lumbalbeschwerden erstmals bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nachdem die IV-Stelle Bern ihr Rentenbegehren mangels anspruchsbegründenden Invaliditätsgrades mit Verfügung vom 14. Mai 1996 abgelehnt hatte und auf eine am 28. August 1996 eingegangene Neuanmeldung mit Verfügung vom 15. November 1996 nicht eingetreten worden war, meldete sich die Versicherte am 20. Juni 2000 (Datum Posteingang) erneut zum Leistungsbezug an. Im Wesentlichen gestützt auf das interdisziplinäre Gutachten des Zentrums für Medizinische Begutachtung (ZMB; Medizinische Abklärungsstelle der Invalidenversicherung, MEDAS) vom 8. Januar 2002, welches sowohl aus körperlicher wie psychischer Sicht volle Arbeitsfähigkeit attestierte, wurde der Anspruch auf eine Invalidenrente mangels einer seit 14. Mai 1996 eingetretenen erheblichen Veränderung des Gesundheitszustands oder dessen erwerblicher Auswirkungen mit Verfügung vom 17. April 2002 abermals verneint.
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Unter Hinweis auf die Ergebnisse einer am 15. Mai 2002 durchgeführten ambulanten Untersuchung in der Medizinischen Abteilung des Spitals X. (Bericht der Frau Dr. med. W., Assistenzärztin, vom 7. Juni 2002) richtete die Versicherte am 29. Juli 2002 ein weiteres Leistungsgesuch an die IV-Stelle, welche indessen auf dieses mit Verfügung vom 9. September 2002 mit der Begründung nicht eintrat, eine rentenbeeinflussende Änderung der tatsächlichen Verhältnisse seit April 2002 sei nicht glaubhaft dargetan.
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B. Die hiegegen erhobene Beschwerde mit dem sinngemässen Antrag, in Aufhebung der Nichteintretensverfügung vom 9. September 2002 sei die Verwaltung zu verpflichten, nach zusätzlichen Abklärungen (vorrangig durch die MEDAS) über das erneute Leistungsbegehren materiell zu befinden, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 16. Mai 2003 ab.
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C. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt A. ihr vorinstanzlich gestelltes Rechtsbegehren erneuern.
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Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherung haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.
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Aus den Erwägungen: | |
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Erwägung 2 | |
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2.3 Was den für das Glaubhaftmachen einer anspruchsbeeinflussenden Veränderung des Gesundheitszustands oder dessen erwerblicher Auswirkungen massgebenden Vergleichszeitraum betrifft, herrscht unter den Parteien Uneinigkeit. Während nach Auffassung von Vorinstanz und Verwaltung auf die Entwicklung der Verhältnisse seit der letzten materiellen Beurteilung und rechtskräftigen Ablehnung des Rentengesuchs bis zum Erlass der strittigen Verwaltungsverfügung abzustellen ist (hier: 17. April 2002 bis 9. September 2002), vertritt die Beschwerdeführerin sinngemäss den Standpunkt, Vergleichsbasis sei der Sachverhalt im Zeitpunkt der ursprünglichen Verwaltungsverfügung vom 14. Mai 1996 (spätestens aber jener zur Zeit der MEDAS-Untersuchung vom 26. bis 30. November 2001) einerseits und der strittigen Nichteintretensverfügung vom 9. September 2002 andererseits.
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Erwägung 3 | |
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"im Neuanmeldungsverfahren (materielle Prüfung) - analog zur Rentenrevision nach Art. 41 IVG (BGE 105 V 30 = ZAK 1980 S. 62 mit Hinweisen) - durch den Vergleich des Sachverhalts, wie er im Zeitpunkt der ersten Ablehnungsverfügung bestanden hat, mit demjenigen zur Zeit der streitigen neuen Verfügung". (AHI 1999 S. 84 Erw. 1b; vgl. auch BGE 117 V 198 Erw. 3a)
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In nachfolgenden, nicht in der Amtlichen Sammlung publizierten Urteilen hat das Eidgenössische Versicherungsgericht wiederholt bestätigt, dass die zum Rentenrevisionsverfahren nach Art. 41 IVG entwickelten Grundsätze über die zeitlich zu vergleichenden Sachverhalte analog auch im Falle einer Neuanmeldung Geltung hätten (so etwa die Urteile O. vom 14. Februar 2002 [I 273/01] Erw. 1, F. vom 22. Dezember 2000 [I 192/00] Erw. 1, J. vom 6. April 2000 [I 93/00] Erw. 1b, S. vom 25. November 1999 [I 24/99] Erw. 2, B. vom 5. Juli 1999 [I 80/98] Erw. 1b, K. vom 21. Juni 1999 [I 541/98] Erw. 1 und B. vom 31. Mai 1999 [I 430/98] Erw. 1a; jüngst auch Urteil I. vom 3. September 2003 [I 413/03] Erw. 1). Regelmässig findet sich dabei auch der Verweis auf BGE 109 V 265 Erw. 4a (vgl. auch BGE 105 V 30), welcher mit Blick auf das Revisionsverfahren nach Art. 41 IVG präzisiert, dass einer Verfügung, welche die "ursprüngliche Rentenverfügung" im Ergebnis bloss bestätigt (mangels eines anspruchsändernden Invaliditätsgrades), keine Rechtserheblichkeit zukomme; lediglich wenn eine zwischenzeitlich ergangene Revisionsverfügung die laufende Rente aufgrund eines neu festgesetzten Invaliditätsgrades geändert habe, sei auf die seitherige Entwicklung abzustellen (vgl. auch MEYER-BLASER, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], in: MURER/STAUFFER [Hrsg.], Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Zürich 1997, S. 258 [zu Art. 41]; RÜEDI, Die Verfügungsanpassung als verfahrensrechtli-che Grundfigur namentlich von Invalidenrentenrevisionen, in: SCHAFFHAUSER/SCHLAURI [Hrsg.], Die Revision von Dauerleistungen in der Sozialversicherung, St. Gallen 1999, S. 19).
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In analoger Anwendung der in BGE 109 V 265 Erw. 4a dargelegten Rechtsprechung gelangte das Eidgenössische Versicherungsgericht im Urteil I. vom 15. Oktober 2001 (I 585/00) zum Schluss, dass die involvierte IV-Stelle und das kantonale Verwaltungsgericht bei der Prüfung einer Neuanmeldung zu Unrecht auf die Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse seit der letztmaligen, vom 14. Juli 1995 datierenden Rentenverweigerungsverfügung bis zur strittigen Leistungsverweigerung vom 14. Dezember 1999 abgestellt hätten; als zeitlicher Ausgangspunkt sei vielmehr die erste, auf den 17. Dezember 1981 zurückgehende Verfügung massgebend. Damit werde vermieden, dass Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen unberücksichtigt bleiben, die lediglich in ihrer Gesamtheit, nicht hingegen für sich allein genommen die Wesentlichkeitsschwelle überschreiten (Urteil I. vom 15. Oktober 2001 [I 585/00] Erw. 2a).
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Abweichend von letztgenanntem Urteil erwog das Eidgenössische Versicherungsgericht im nicht veröffentlichten Urteil M. vom 28. Juni 2002 (I 50/02) Erw. 2b, bei der Prüfung der Eintretensvoraussetzungen einer Neuanmeldung seien dann, wenn die Verwaltung nach Erlass einer rentenverweigernden Verfügung auf eines oder mehrere erneute Rentengesuche eingetreten sei und rechtskräftig über deren materielle Begründetheit entschieden habe, der Sachverhalt im Zeitpunkt der letzten rechtskräftigen Abweisung des Rentengesuchs einerseits und jener zur Zeit des Erlasses der strittigen Verfügung andererseits massgebende Vergleichsbasis.
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Die im Urteil I 50/02 vertretene Auffassung, wonach im Falle der Neuanmeldung auf die Entwicklung der Verhältnisse seit der letzten rechtskräftigen materiellen Abweisung des Leistungsbegehrens abzustellen sei, wird in BGE 130 V 66 Erw. 2 ausdrücklich bestätigt; gleichzeitig findet sich - anders als im erwähnten Urteil I 50/02 - der Hinweis, die "entsprechenden, in BGE 109 V 265 Erw. 4a zur Rentenrevision umschriebenen Grundsätze gelten sinngemäss auch bei einer Neuanmeldung".
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3.2.3 Differenzierter zu beurteilen ist die Analogie mit Blick auf die Erwägungen in BGE 109 V 265 Erw. 4a, wonach für die Bestimmung der zeitlichen Vergleichsbasis generell jene Verfügungen unbeachtlich sind, welche die "ursprüngliche Rentenverfügung" nach einer materiellen Überprüfung bloss "bestätigen", nicht aber ändern, und diesfalls auf die (gesamthafte) Entwicklung der Verhältnisse seit der ursprünglichen Rentenverfügung abzustellen ist. Dieser Grundsatz bezieht sich speziell auf die Rentenrevision gemäss Art. 41 IVG, welche die Leistungsanpassung für eine dem Schutz der Invalidenversicherung bereits unterstellte Person bezweckt. Sinn dieser Praxis ist, dass eine rechtskräftige Revisionsverfügung bei der Prüfung eines weiteren Revisionsgesuchs nur, aber immer dann, als zeitlicher Anknüpfungspunkt gilt, wenn sie - der Zielrichtung von Art. 41 IVG entsprechend - auch tatsächlich zu einer Anpassung des Rentenanspruchs geführt hat (vgl. BGE 109 V 265 Erw. 4a).
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Anders als bei der Rentenrevision wird im Neuanmeldungsverfahren eine staatliche Leistungspflicht erst behauptet. Es fehlt mithin an einer ursprünglichen, rentenzusprechenden Verfügung, welche durch eine spätere Verfügung - nach erneuter materieller Prüfung - in ihrem Bestand "bestätigt" oder bezüglich des Umfangs des anerkannten Leistungsanspruchs "geändert" werden könnte. Das gemäss BGE 109 V 265 Erw. 4a im Revisionsverfahren offen stehende Argument, die letzte rechtskräftige materielle Beurteilung habe bloss bestätigenden Charakter gehabt und keine Änderung des Leistungsanspruchs bewirkt, entfällt daher bei der Neuanmeldung. Insbesondere kann sich die Gesuch stellende Person nicht darauf berufen, wiederholte Leistungsverweigerungen nach mehrmaliger Neuanmeldung und materieller Prüfung des Leistungsanspruchs seien bloss "bestätigende" Verfügungen im Sinne von BGE 109 V 265 Erw. 4a und daher für die Bestimmung der zeitlichen Vergleichsbasis unbeachtlich. Andernfalls müsste bei der Prüfung einer Neuanmeldung - da das Fehlen einer vorgängigen Änderung des Leistungsanspruchs gleichsam zu deren Wesensmerkmal gehört - in jedem Fall die erste (ursprüngliche) leistungsverweigernde Verfügung als zeitlicher Ausgangspunkt für eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gelten. Dies liefe dem Grundgedanken von Art. 87 Abs. 4 IVV zuwider, wonach die Rechtskraft "der früheren Verfügung einer neuen Prüfung solange entgegensteht, als der seinerzeit beurteilte Sachverhalt sich in der Zwischenzeit nicht verändert hat", und vermieden werden soll, "dass sich die Verwaltung immer wieder mit gleichlautenden und nicht näher begründeten, d.h. keine Veränderung des Sachverhalts darlegenden Rentengesuchen befassen muss" (BGE 117 V 200 Erw. 4b, BGE 109 V 264 Erw. 3 und 114 Erw. 2a).
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Die analoge Anwendbarkeit der in BGE 109 V 265 Erw. 4a dargelegten Rechtsprechung auf das Neuanmeldungsverfahren reicht nur so weit, als auch hier von Amtes wegen zu prüfen ist, ob seit der ersten Rentenverfügung zwischenzeitlich eine erneute materielle Prüfung des Rentenanspruchs stattgefunden hat. War dies nicht der Fall, so ist auf die Entwicklung der Verhältnisse seit der ersten Ablehnungsverfügung abzustellen; wie im Revisionsverfahren bleiben allfällige, vorangehende Nichteintretensverfügungen aufgrund des fehlenden Abklärungs- und bloss summarischen Begründungsaufwandes der Verwaltung unbeachtlich (vgl. Erw. 3.2.2 hievor). Erfolgte dagegen nach einer ersten Leistungsverweigerung eine erneute materielle Prüfung des geltend gemachten Rentenanspruchs und wurde dieser nach rechtskonformer Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und Durchführung eines Einkommensvergleichs (bei Anhaltspunkten für eine Änderung in den erwerblichen Auswirkungen des Gesundheitszustands) abermals rechtskräftig verneint, muss sich die leistungsansprechende Person dieses Ergebnis - vorbehältlich der Rechtsprechung zur Wiedererwägung oder prozessualen Revision (vgl. BGE 127 V 469 Erw. 2c mit Hinweisen) - bei einer weiteren Neuanmeldung entgegenhalten lassen.
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3.2.4 Nach dem Gesagten haben Vorinstanz und Verwaltung die Frage des Eintretens auf die Neuanmeldung vom 29. Juli 2002 richtigerweise danach beurteilt, ob eine anspruchserhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse seit der letzten, unangefochten gebliebenen Ablehnung des Leistungsgesuchs am 17. April 2002 bis Erlass der strittigen Verfügung vom 9. September 2002 glaubhaft dargetan ist.
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