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17. Urteil i.S. Vorsorgestiftung für das Personal der Bank X. gegen 1. M., 2. A., 3. S., und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich |
B 19/01 vom 10. Oktober 2003 | |
Regeste |
Art. 5 Abs. 2 FZG; Art. 97 ff. OR: Zustimmung des Ehegatten zur Barauszahlung. | |
Sachverhalt | |
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B. Am 17. November 1999 liessen M. und ihre beiden Töchter gegen die Vorsorgestiftung Klage erheben, zunächst mit dem Antrag auf Ausrichtung von Hinterlassenenleistungen, später in der Replik einer Austrittsleistung. Nach Einholen eines Schriftgutachtens vom 26. September 2000 der kriminaltechnischen Abteilung der Kantonspolizei Y. über die Echtheit der Unterschrift von M. hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Klage mit Entscheid vom 24. Januar 2001 in dem Sinne gut, als es die Vorsorgestiftung verpflichtete, den Betrag von Fr. 217'508.- zuzüglich Zinsen zu 5 % seit dem 1. Februar 1996 auf ein von M. zu bezeichnendes Freizügigkeitskonto zu überweisen.
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C. Die Vorsorgestiftung führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei festzustellen, dass die Beschwerdegegnerinnen keinen Anspruch auf Freizügigkeitsleistung haben.
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M. und ihre beiden Töchter lassen die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliesst ebenfalls auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem zusätzlichen Antrag, die Vorsorgestiftung sei zu verpflichten, den Betrag von Fr. 217'508.- zuzüglich Verzugszinsen gemäss Art. 7 FZV seit dem 1. Februar 1996 der Auffangeinrichtung zu überweisen, damit diese den Beschwerdegegnerinnen gestützt auf deren Reglement Hinterlassenenleistungen ausrichten könne.
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D. Am 10. Oktober 2003 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht eine parteiöffentliche Beratung durchgeführt.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
Erwägung 1 | |
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In persönlicher Hinsicht ist die Zuständigkeit nach Art. 73 BVG dadurch bestimmt, dass das Gesetz den Kreis der möglichen Verfahrensbeteiligten, welche Partei eines Berufsvorsorgeprozesses nach Art. 73 BVG sein können, auf die Vorsorgeeinrichtungen, die Arbeitgeber und die Anspruchsberechtigten beschränkt. Was insbesondere den Begriff der Vorsorgeeinrichtung im Sinne von Art. 73 Abs. 1 BVG betrifft, weicht dieser nicht von der Umschreibung in Art. 48 BVG ab. Gemeint sind die registrierten Vorsorgeeinrichtungen, welche an der Durchführung der obligatorischen Versicherung teilnehmen (Art. 48 Abs. 1 BVG) und die Möglichkeit haben, die Vorsorge über die gesetzlichen Mindestleistungen hinaus zu erweitern (sog. umhüllende Vorsorgeeinrichtungen; Art. 49 Abs. 2 BVG) sowie die nicht registrierten Personalfürsorgestiftungen im Sinne von Art. 89bis Abs. 6 ZGB, welche im Bereich der beruflichen Vorsorge tätig sind (BGE 128 II 389 Erw. 2.1.1, BGE 128 V 44 Erw. 1b, BGE 128 V 258 Erw. 2a, BGE 127 V 35 Erw. 3b mit Hinweisen).
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1.2 Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht in BGE 128 V 41 entschieden hat, ist nach der mit der Einführung des neuen Scheidungsrechts durch den Gesetzgeber getroffenen Koordination zwischen Scheidungs- und Sozialversicherungsgericht (Art. 141/142 ZGB, Art. 25a FZG) grundsätzlich die Zuständigkeit der Sozialversicherungsgerichte zur Beurteilung der Frage zu bejahen, ob während der Ehe eine gültige Barauszahlung durch die Vorsorgeeinrichtung erfolgt ist. Bei den Austrittsleistungen handelt es sich um Ansprüche aus Vorsorgeverhältnissen, die dem Freizügigkeitsgesetz unterstehen (HERMANN WALSER, Berufliche Vorsorge, in: Das neue Scheidungsrecht, Zürich 1999, S. 52), und für die im Falle der ![]() | 9 |
Erwägung 2 | |
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Während das kantonale Gericht gestützt auf Art. 11 Abs. 2 OR und unter Hinweis auf Äusserungen im Schrifttum (GEISER, a.a.O., S. 102 f. und ZÜND, a.a.O. in SZS 2000 S. 422 f.) eine zusätzliche Zahlung an den anderen Ehegatten bejaht, ohne dass es auf das Verhalten der Pensionskasse ankäme, stellt sich die Beschwerdeführerin auf den Standpunkt, eine Doppelzahlung falle nur in Betracht, wenn sie ihre Sorgfaltspflicht verletzt habe.
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3.2 Der Gesetzgeber hat die Folgen einer ohne Zustimmung des Ehegatten erfolgten Barauszahlung nicht ausdrücklich geregelt. Art. 5 Abs. 2 FZG hält lediglich fest, dass an verheiratete Anspruchsberechtigte die Barauszahlung nur "zulässig" ist, wenn der Ehegatte schriftlich zustimmt ("...le paiement en espèces ne peut intervenir qu'avec le consentement écrit de son conjoint"; "...il pagamento in contanti può avvenire soltanto con il consenso scritto del coniuge"). Der bundesrätlichen Botschaft lässt sich hiezu einzig entnehmen, dass ein solches "Zustimmungserfordernis" bereits bei der Bürgschaft, beim Abzahlungskauf und im Mietrecht bestehe (BBl 1992 III 576; Erw. 2.2 hievor). Aus den Beratungen im Ständerat im Zusammenhang mit dem Barauszahlungstatbestand der Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ergibt sich indessen, dass eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge zwar Gefahr läuft, die Austrittsleistung zweimal erbringen zu müssen, wenn sie eine Barauszahlung trotz fehlender Voraussetzungen vornimmt und sie dies bei sorgfältiger Prüfung des Sachverhalts hätte merken müssen. So hielt Bundesrat Koller "zuhanden des Amtlichen Bulletins" fest, "dass es nach unserer Auffassung genügt, wenn sich eine Vorsorgeeinrichtung bei der AHV-Ausgleichskasse erkundigt, ob der Vorsorgenehmer als Selbständigerwerbender registriert ist. Dann hat die Kasse ihre Sorgfaltspflicht erfüllt und kann deshalb der Gefahr, zweimal auszahlen zu müssen, entgehen" (Amtl. ![]() | 15 |
3.3 Mit der Barauszahlung an ihren Versicherten anstelle der Überweisung auf ein Freizügigkeitskonto hat die Beschwerdeführerin die Austrittsleistung nicht gehörig erbracht. Nach der Einleitung des Reglementes Ausgabe 1995 wird der Vorsorgeplan der Beschwerdeführerin als "Leistungsprimatplan" gemäss Art. 16 FZG geführt, wobei mindestens die Minimalleistungen gemäss BVG zu erbringen sind. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich somit um eine sogenannt umhüllende Kasse, welche die weitergehende Vorsorge unter Einschluss des BVG betreibt. Im Bereich der weitergehenden Vorsorge wird das Rechtsverhältnis zwischen der Vorsorgeeinrichtung und dem Vorsorgenehmer durch einen privatrechtlichen Vorsorgevertrag begründet, der rechtsdogmatisch den Innominatsverträgen zuzuordnen ist (BGE 129 III 307 Erw. 2.2 mit Hinweis auf BGE 118 V 232 Erw. 4b und BGE 122 V 145 Erw. 4b). Bei nicht gehöriger Erfüllung dieses Vorsorgevertrages gelangen daher die in Art. 97 ff. OR festgelegten Regeln zur Anwendung. Nach Art. 97 Abs. 1 OR hat der Schuldner, wenn die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden kann, für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle. Gemäss Art. 99 Abs. 1 OR haftet der Schuldner im allgemeinen für jedes Verschulden. Im Rahmen dieser Bestimmung genügt in verschuldensmässiger Hinsicht leichte Fahrlässigkeit (WOLFGANG WIEGAND, Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht [Basler Kommentar], Obligationenrecht I: Art. 1-529 OR, 3. Aufl., Basel ![]() | 16 |
3.4 Aufgrund der Akten ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin die Unterschrift der Ehefrau des Versicherten nicht bekannt war. Nachdem das Barauszahlungsgesuch am 20. November 1996 gestellt worden war, hat die Beschwerdeführerin die eingereichten Unterlagen betreffend Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit geprüft. Hingegen hat sie unbestrittenermassen hinsichtlich der Zustimmung der Ehegattin keine weiteren Schritte unternommen, sondern auf die vermeintliche Unterschrift abgestellt. In diesem Zusammenhang ist in Betracht zu ziehen, dass der Beschwerdeführerin der Versicherte, welcher jahrelang als Vizedirektor mit guten Arbeitszeugnissen und damit in einer Vertrauensstellung bei der Stifterfirma tätig war, bekannt war. Sie durfte unter diesen Umständen auf dessen Seriosität vertrauen, zumal es sich um die firmeneigene Pensionskasse mit überschaubaren Verhältnissen handelte. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Einrichtungen der beruflichen Vorsorge zum damaligen Zeitpunkt die Unterschriften der Ehegatten in der Regel nicht überprüften. Das BSV wies erstmals in den Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 51 vom 22. Juni 2000 in Rz 302 auf in der Vergangenheit vorgekommene Missbräuche hin und mahnte die Einrichtungen der beruflichen Vorsorge zur Vorsicht. Angesichts dieser Umstände, namentlich der beruflichen Stellung des Versicherten, musste die Beschwerdeführerin nicht damit rechnen, dass der Versicherte die Unterschrift seiner Ehegattin fälscht und sie durch ein strafbares Verhalten zur Barauszahlung veranlasst. Der Beschwerdeführerin kann mithin keine Verletzung der Sorgfaltspflicht vorgeworfen werden. Anders verhielte es sich, wenn eine Einrichtung der ![]() | 17 |
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