![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
34. Urteil i.S. IV-Stelle des Kantons St. Gallen gegen A. und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen |
I 757/04 vom 6. Juli 2005 | |
Regeste |
Art. 20 Abs. 2 AHVG; Art. 50 Abs. 2 IVG; Art. 93 Abs. 1 SchKG: Notbedarf doppelverdienender Ehepaare. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
B. A. beschwerte sich gegen diesen Entscheid und beantragte, der monatlich verrechenbare Betrag sei auf Fr. 464.- festzusetzen; ferner sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen, soweit die verfügte Verrechnung den Betrag von Fr. 464.- im Monat übersteige.
| 2 |
Am 26. April 2004 entsprach das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen dem Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung im beantragten Umfang. Mit Entscheid vom 21. Oktober 2004 hob es den Einspracheentscheid vom 6. Februar 2004 auf und wies die Sache an die Verwaltung zurück, damit sie die Verrechnung der Rückforderung mit der laufenden IV-Rente - entsprechend den allgemeinen betreibungsrechtlichen Grundsätzen - in der Weise festsetze, dass das Existenzminimum der Familie ![]() | 3 |
C. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht, weil der EL-Anspruch auf einer Gegenüberstellung der gemeinsamen Einkommen und des gemeinsamen Lebensbedarfs beruhe, habe bei der Verrechnung der EL-Rückforderung mit einer laufenden IV-Rente das gemeinsame familiäre Existenzminimum als Verrechnungsgrenze zu gelten. Diese Grenze belaufe sich im vorliegenden Fall auf Fr. 981.- im Monat, weshalb die verfügte Verrechnung in Höhe von Fr. 950.- nicht zu beanstanden sei.
| 4 |
A. lässt sich mit dem Antrag auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vernehmen. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung.
| 5 |
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
Erwägung 1 | |
1.1 Gemäss Art. 93 Abs. 1 SchKG kann Erwerbseinkommen so weit gepfändet werden, als es nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig ist. Bei Ehegatten, die beide Einkommen erzielen, ist die pfändbare Einkommensquote praxisgemäss so zu berechnen, dass zunächst die Nettoeinkommen beider Ehegatten und ihr gemeinsames Existenzminimum zu bestimmen und dieses sodann im Verhältnis der Nettoeinkommen auf die Ehegatten aufzuteilen ist. Die beim betriebenen Ehegatten pfändbare Einkommensquote ergibt sich alsdann durch Abzug seines Anteils am Existenzminimum von seinem Nettoeinkommen (BGE 116 III 77 f. Erw. 2a, BGE 114 III 15 f. Erw. 3, mit Hinweisen; vgl. auch Ziff. IV/1 der Richtlinien der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums [Notbedarf] nach Art. 93 SchKG vom 24. November 2000, in: BlSchK 2001 S. 14 ff.). Mit andern Worten ist zunächst das Existenzminimum des Schuldners zu ermitteln, indem das gemeinsame Existenzminimum (Grundbetrag für Ehepaar und Kinder nebst den zu berücksichtigenden Zuschlägen bzw. Abzügen) durch das ![]() | 6 |
1.2 Das ATSG enthält keine allgemeine Verrechnungsnorm (vgl. aber Art. 20 Abs. 2 ATSG). Soweit die einzelnen Sozialversicherungsgesetze eine (zweiginterne oder zweigübergreifende) Verrechnung von Leistungen und Forderungen zulassen (Art. 20 Abs. 2 AHVG, Art. 50 Abs. 2 IVG, Art. 50 UVG, Art. 11 Abs. 2 MVG, Art. 2 EOG, Art. 94 Abs. 1 AVIG; ferner BGE 110 V 183 ff. und BGE 108 V 45 ff. betr. die soziale Krankenversicherung), darf diese den betreibungsrechtlichen Notbedarf des Versicherten nicht beeinträchtigen (so ausdrücklich: Art. 11 Abs. 2 MVG; vgl. auch BGE 115 V 343 Erw. 2c). Für die Berechnung des Notbedarfs sind die betreibungsrechtlichen Regeln anzuwenden, was grundsätzlich auch für Versicherte gilt, deren Ehegatte über eigenes Einkommen verfügt. Davon gehen auch die Verwaltungsweisungen des BSV bezüglich der Rückerstattung zu Unrecht bezogener Renten der AHV/IV (Art. 25 ATSG; alt Art. 47 Abs. 1 AHVG, anwendbar auf die Invalidenversicherung gemäss alt Art. 49 IVG) aus. Die Wegleitung über die Renten (RWL), gültig ab 1. Januar 1997 mit Nachträgen, verweist in Rz 10920 auf die Wegleitung über die Beiträge der Selbstständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen (WSN), Rz 3031 - 3034 und Anhang 4 Ziff. IV/1 betreffend die Herabsetzung und den Erlass von Beiträgen gemäss Art. 11 AHVG. Letztere Anhangziffer lautet wie folgt: "Verfügt der Ehegatte der Schuldnerin oder des Schuldners über ein eigenes Einkommen, so ist das gemeinsame Existenzminimum von beiden Eheleuten (ohne Beiträge gemäss Art. 164 ZGB) im Verhältnis ihrer Nettoeinkommen zu tragen. Entsprechend verringert sich das der Schuldnerin oder dem Schuldner anrechenbare Existenzminimum (BGE 114 III 12 ff.)." Nach den Verwaltungsweisungen gelten für die Berechnung des Notbedarfs bei doppelverdienenden Ehepaaren somit die allgemeinen betreibungsrechtlichen Regeln mit der nach der Höhe der Einkommen vorgenommenen Aufteilung des Existenzminimums der Familie auf die Ehegatten. Streitig und zu prüfen ist, ob diese Regeln auch bezüglich der im vorliegenden Fall erfolgten Verrechnung einer EL-Rückforderung mit einer ![]() | 7 |
Erwägung 2 | |
8 | |
2.2 Die beschwerdeführende IV-Stelle stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, für eine von den betreibungsrechtlichen Regeln abweichende Lösung in dem Sinne, dass für die Verrechnung das gemeinsame Existenzminimum beider Ehegatten die Schranke bilde, spreche, dass bei der Ermittlung des EL-Anspruchs eines Ehegatten die wirtschaftlichen Verhältnisse des anderen Ehegatten mit berücksichtigt würden und der anspruchsberechtigte Ehegatte durch die Ergänzungsleistungen einen Beitrag an den Unterhalt des nicht berechtigten Ehegatten zu leisten vermöge. Nach dem Willen des Gesetzgebers diene der EL-Anspruch wirtschaftlich auch dem nicht berechtigten Ehegatten. Daraus könne mit guten Gründen geschlossen werden, dass es auch dem Willen des Gesetzgebers entspreche, wenn der nicht EL-berechtigte Ehegatte den anderen Ehegatten bei der Tilgung einer Rückforderung über die betreibungsrechtlichen Grundsätze hinaus zu unterstützen habe, indem als Verrechnungsschranke das gesamte familiäre Existenzminimum gelte. Dabei gehe es nicht um eine direkte Belangung des Einkommens des nicht EL-berechtigten Ehegatten, sondern um ein indirektes Mittragen im Rahmen des gesamten ![]() | 9 |
Erwägung 3 | |
10 | |
3.2 Die aufgrund des neuen Eherechts für die Änderung bei der Berechnung der pfändbaren Lohnquote angeführten Gründe gelten in gleicher Weise für die Festsetzung der verrechenbaren Quote bei der Rückerstattung von Sozialversicherungsleistungen. Auch hier soll der nicht betroffene Ehegatte aufgrund der zivilrechtlichen Regeln nur so weit für die Schuld des anderen Ehegatten einzustehen haben, als er mit seinem Einkommen am Familieneinkommen beteiligt ![]() | 11 |
3.3 Unerheblich ist, dass die Rückforderung im vorliegenden Fall auf einem schuldhaften Verhalten des Rückerstattungspflichtigen beruht und es u.a. um ein nicht gemeldetes Einkommen der Ehefrau geht. Die Frage, ob die zu Unrecht ausgerichteten Leistungen ![]() | 12 |
13 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |