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9. Auszug aus dem Urteil des Eidgenössischen Versicherungs-gerichts i.S. N. gegen Zürich Versicherungs-Gesellschaft und Zürich Versicherungs-Gesellschaft gegen N. und Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
U 455/05 / U 457/05 vom 29. November 2006 | |
Regeste |
Art. 10 und 16 UVG; Art. 17 ATSG: Rückwirkende Anpassung von Heilbehandlung und Taggeld der Unfallversicherung. |
Frage offen gelassen, ob Art. 17 Abs. 2 ATSG überhaupt - wie Art. 17 Abs. 1 ATSG ausdrücklich für die Invalidenrente - eine rückwirkende Anpassung untersagt (E. 6.8). |
Frage offen gelassen, ob die Heilbehandlung als Sachleistung überhaupt unter die gesetzessystematisch bei den Geldleistungen eingeordnete Regelung des Art. 17 Abs. 2 ATSG fallen könnte (E. 6.8). | |
Sachverhalt | |
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B. Beschwerdeweise beantragte N., es sei der Einspracheentscheid vom 13. Mai 2004 aufzuheben und die "Zürich" zu verpflichten, die UVG-Leistungen auch nach dem 1. August 2003 zu erbringen; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die "Zürich" zurückzuweisen. Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt zog die IV-Akten hinzu, lud die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), den für ein früheres Unfallereignis vom 10. September 1998 zuständigen UVG-Versicherer, bei und gewährte N. die unentgeltliche Verbeiständung. Mit Entscheid vom 29. September 2005 hob das Gericht in teilweiser Gutheissung der Beschwerde den Einspracheentscheid der "Zürich" vom 13. Mai 2004 in Bezug auf die Befristung von Heilbehandlung und Taggeld auf, und es verpflichtete die "Zürich", diese Leistungen bis 31. Oktober 2003 zu erbringen. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.
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C. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt N. beantragen, es sei der kantonale Entscheid aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die "Zürich" zurückzuweisen. (...)
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Die "Zürich" erhebt ihrerseits Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei, soweit auf Gutheissung der Beschwerde lautend, aufzuheben.
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N. und die "Zürich" beantragen je die Abweisung der von der anderen Seite eingereichten Verwaltungsgerichtsbeschwerde (...). Das kantonale Gericht schliesst auf Abweisung beider Verwaltungsgerichtsbeschwerden. Die SUVA beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde des N. und enthält sich einer Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde der "Zürich". Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet in beiden Verfahren auf eine Vernehmlassung.
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Aus den Erwägungen: | |
4. Streitig und zu prüfen bleibt der Zeitpunkt, ab welchem die "Zürich" die Heilbehandlung und das Taggeld einstellen durfte. Das ![]() | 6 |
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde der "Zürich" wird vorgebracht, Heilbehandlung und Taggeld der sozialen Unfallversicherung seien entgegen der vorinstanzlichen Auffassung nicht als Dauerleistungen nach Art. 17 Abs. 2 ATSG zu betrachten und könnten daher zulässigerweise bereits mit dem Wegfall der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit resp. Behandlungsbedürftigkeit, mithin zum 31. Juli 2003 - in Bezug auf die Heilbehandlung entgegenkommenderweise zum 7. August 2003 - angepasst werden. Demgegenüber schliesst sich der Versicherte der Auffassung des kantonalen Gerichts an.
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Laut Art. 2 ATSG sind die Bestimmungen dieses Erlasses auf die bundesgesetzlich geregelten Sozialversicherungen anwendbar, wenn und soweit die einzelnen Sozialversicherungsgesetze es vorsehen. Gemäss Art. 1 Abs. 1 UVG (in der seit 1. Januar 2003 geltenden ![]() | 9 |
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6.3 Dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich nicht entnehmen, was unter den Dauerleistungen gemäss Art. 17 Abs. 2 ATSG zu ![]() | 13 |
6.4 KIESER leitet aus den Materialien ab, dass der Gesetzgeber mit Art. 17 ATSG nebst der Rente auch etwa Taggelder und Hilflosenentschädigungen erfassen und grundsätzlich die bisherige Praxis habe weiterführen wollen. Insofern sei von einem weiten Begriff der Dauerleistung auszugehen, der grundsätzlich jede periodisch zu erbringende Leistung erfasse (ATSG-Kommentar, N. 25 zu Art. 17, auch zum Folgenden; vgl. auch KIESER, Auswirkungen der sozialversicherungsrechtlichen Revision auf das Privatversicherungs- und Haftpflichtrecht, in: Schaffhauser/Kieser [Hrsg.], Invalidität im Wandel, St. Gallen 2005, S. 141). KIESER stützt sich hiebei auf eine Aussage im Bericht der vorberatenden Kommission des Nationalrates für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK NR) vom 26. März 1999 zur Parlamentarischen Initiative "Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts" (BBl 1999 S. 4523 ff., 4558). Darin wurde der Grossen Kammer beantragt, dem bereits am 25. September 1991 von der erstberatenden Kleinen Kammer gestützt auf den Bericht einer ständerätlichen Kommission vom 27. September 1990 beschlossenen Art. 23 (vorläufige Nummerierung des späteren Art. 17), welcher lediglich die Anpassung der Invalidenrente beinhaltet hatte (BBl 1991 II 185 ff., S. 192; Amtl. Bull. 1991 S 778), einen zweiten Absatz über die anderen Dauerleistungen hinzuzufügen. Dabei führte der Bericht der SGK NR vom 26. März 1999, wie von KIESER zutreffend zitiert, aus, es solle damit auch der in der Praxis geübte Grundsatz für die Revision "anderer Dauerleistungen", wie beispielsweise der Hilflosenentschädigung oder des Taggeldes, kodifiziert werden (BBl 1999 S. 4558). Der Nationalrat folgte dem Antrag seiner Kommission am 17. Juni 1999 diskussionslos (Amtl. Bull. 1999 N 1239). Demgegenüber äusserte sich der Sprecher der Kommission des Ständerates für soziale Sicherheit und Gesundheit bei der Beratung in der Kleinen Kammer vom 22. März 2000 ![]() | 14 |
Erwägung 6.5 | |
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Erwägung 6.6 | |
6.6.1 Als klassische Dauerleistungen gelten namentlich die auf unbestimmte Zeit zugesprochenen Invalidenrenten (für die Unfallversicherung: RKUV 2006 Nr. U 570 S. 80 E. 2.1 [Urteil vom 22. September 2005, U 357/04]; vgl. auch MAURER, Bundessozialversicherungsrecht, Basel 1993, S. 59; PETER OMLIN, Dauerrenten - Zeitrenten - Terminierte Renten, in: Schaffhauser/Schlauri ![]() | 17 |
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Auch die Rechtsprechung ist, soweit ersichtlich, stets vom vorübergehenden Charakter der Heilbehandlung ausgegangen (RKUV 1992 Nr. U 142 S. 78; vgl. auch BGE 127 V 104 E. 5c und 105 E. 5e). Das gleiche Verständnis ergibt sich weitestgehend auch für das Taggeld der Unfallversicherung (RKUV 2004 Nr. U 501 S. 182 E. 2.4 [Urteil vom 1. Oktober 2003, U 301/02], 2002 Nr. U 451 S. 64 [in BGE 127 V 456 nicht veröffentlichte] E. 3c in fine [Urteil vom 10. Dezember 2001, U 427/99], 1995 Nr. U 232 S. 208 E. 3c, 1992 Nr. U 142 S. 78; gleicher Meinung: MAURER, a.a.O., S. 59, welcher für die Taggelder den Begriff Übergangsleistungen verwendet, und LOCHER, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 2. Aufl., Bern 1997, S. 5 f. Rz.17, S. 194 Rz. 24; 3. Aufl., Bern 2003, S. 52 Rz. 20, S. 246 Rz. 5, S. 287 Rz. 1). Eine abweichende Auffassung in Bezug auf das Taggeld der Unfallversicherung lässt sich einzig zumindest sinngemäss BGE 130 V 385 oben entnehmen. Dies wird im betreffenden Urteil aber nicht näher begründet.
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Soweit die Vorinstanz zur Stützung ihres gegenteiligen Standpunktes weiter anführt, der Unfallversicherer habe mit dem Erlass der Verfügung zu lange zugewartet, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Einem verspäteten Verfügungserlass käme allenfalls unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes Bedeutung zu, wenn es um die Frage einer Rückerstattung zu Unrecht bezogener Leistungen ginge. Dies ist hier nicht der Fall, sind doch über den 31. Juli resp. 7. August 2003 hinaus keine Heilbehandlungs- und Taggeldleistungen geflossen.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der "Zürich" ist somit gutzuheissen, ohne dass zwei weitere von der Vorinstanz aufgeworfene Fragen abschliessend zu beantworten sind. Die erste Frage lautet, ob die Dauerleistungen nach Art. 17 Abs. 2 ATSG tatsächlich nur mit Wirkung für die Zukunft angepasst werden können, obwohl der Wortlaut der Bestimmung dies, anders als Art. 17 Abs. 1 ATSG für die Invalidenrente, nicht vorsieht. Das kantonale Gericht hat dies mit Hinweis auf KIESER (ATSG-Kommentar, N. 27 ![]() | 23 |
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