BGE 133 V 161 | |||
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23. Auszug aus dem Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt gegen Winterthur Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft sowie Bundesamt für Gesundheit, betreffend H., und Eidgenössisches Departement des Innern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
U 486/05 vom 15. Dezember 2006 | |
Regeste |
Art. 2 und 6 Abs. 1 UVAL; Art. 22a Abs. 4 und Art. 24 Abs. 3 AVIG; Art. 1a Abs. 1 und 2 UVG; Art. 1 und 1a Abs. 1 UVV: Zuständiger Unfallversicherer. | |
Sachverhalt | |
A. Der 1976 geborene H. bezog ab 18. April 2001 (Beginn der Leistungsrahmenfrist) Taggelder der Arbeitslosenversicherung. Am 18. Mai 2001 meldete die Firma X. der Winterthur Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Winterthur), welcher sie für die Durchführung der obligatorischen Unfallversicherung angeschlossen war, H. sei am Vortag bei der mit "Schnuppertage" bezeichneten Tätigkeit beim Abladen eines Lieferwagens auf einer Baustelle von der Ladefläche gefallen und habe sich am Rücken verletzt. Auf entsprechende Anfrage teilte die Firma mit Schreiben vom 5. Juni 2001 mit, der Verunfallte habe vom 14. bis 17. Mai 2001 im Betrieb geschnuppert. Für diese Tage habe er keinen Lohn erhalten. Die Winterthur kam für die Heilungskosten auf und richtete Taggelder aus. Nach Korrespondenz mit der zuständigen Arbeitslosenkasse überwies die Winterthur am 29. November 2001 die Unterlagen zur Weiterbehandlung an die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA). Gleichzeitig ersuchte sie um Rückerstattung der bisher erbrachten Leistungen (Heilbehandlung, Taggeld) von insgesamt Fr. 34'345.20. Zur Begründung führte sie aus, H. habe die Schnuppertage bei der Firma X. selbst organisiert. Er habe keinen entsprechenden Lohn erhalten und somit keinen Zwischenverdienst erzielt. Er sei zum Zeitpunkt des Unfalles jedoch noch arbeitslos gemeldet und somit bei der SUVA versichert gewesen.
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Mit Verfügung vom 18. April 2003 stellte die Winterthur die Taggeldleistungen zum 1. März 2003 ein und sprach H. eine Integritätsentschädigung von 20 % zu.
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Da die SUVA die Übernahme des Falles ablehnte, ersuchte die Winterthur am 6. Juni 2003 das Bundesamt für Sozialversicherungen, die Zuständigkeit abzuklären und allenfalls eine entsprechende Verfügung zu erlassen. Die Aufsichtsbehörde führte am 19. September 2003 ein Vermittlungsgespräch durch und gab den Parteien nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme. Am 16. Juli 2004 erliess das mittlerweile zuständige Bundesamt für Gesundheit, Abteilung Kranken- und Unfallversicherung, folgende Verfügung:
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"1. Die SUVA ist für den Unfall für H. vom 17. Mai 2001 zuständig und wird verpflichtet, für die UVG-Leistungen aus dem Ereignis aufzukommen und der Winterthur die bereits geleisteten Aufwendungen zurückzuerstatten.
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2. - 4. (...)."
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B. Die Verwaltungsbeschwerde der SUVA wies das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) mit Entscheid vom 9. November 2005 im Sinne der Erwägungen ab.
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Das EDI und die Winterthur beantragen die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. In gleichem Sinne lässt sich H. vernehmen. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Stellungnahme.
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Die als Mitinteressierte zum Verfahren beigeladene Firma X. hat keine Vernehmlassung eingereicht.
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Aus den Erwägungen: | |
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Erwägung 2 | |
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Erwägung 2.2 | |
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Die Versicherung nach Art. 2 UVAL ist eine Nichtberufsunfallversicherung (vgl. Art. 22a Abs. 4 AVIG sowie Art. 6 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 2 UVAL; ferner BGE 127 V 462 unten sowie AB 1994 N 1587 f., BGE 127 V 1995 S 106).
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Der Arbeitslose im Zwischenverdienst hat Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls (Art. 24 Abs. 1 Satz 2 AVIG). Als Verdienstausfall gilt die Differenz zwischen dem in der Kontrollperiode erzielten Zwischenverdienst, mindestens aber dem berufs- und ortsüblichen Ansatz für die betreffende Arbeit, und dem versicherten Verdienst (Art. 24 Abs. 3 Satz 1 AVIG). Sinn und Zweck der Entschädigung des Verdienstausfalles ist es, Anreiz für die Annahme schlechter entlöhnter Arbeiten zu schaffen (BGE 129 V 103 E. 3.3; BGE 125 V 490 E. 4c/cc).
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3. In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass der viertägige Einsatz in der Firma X. vom 14. bis 17. Mai 2001 auf eigene Initiative des H. zustande gekommen war. Je nach Verlauf war offenbar eine Festanstellung beabsichtigt oder zumindest in Aussicht gestellt. Dabei ging es nicht nur darum, Einblick in den Betrieb und die betrieblichen Abläufe zu gewinnen. Vielmehr wollte der Arbeitgeber während der in der Unfallmeldung UVG vom 18. Mai 2001 als "Schnuppertage" bezeichneten Art der Tätigkeit Leistungsbereitschaft und Eignung des H. im Hinblick auf eine allfällige feste Anstellung testen. In diesem Sinne äusserte sich der Firmeninhaber beim Beratungsgespräch vom 20. Februar 2002 mit dem zuständigen Sachbearbeiter der Winterthur (Protokoll vom 25. Februar 2002). Zu diesem Zweck hatte H. regelmässig im Betrieb anfallende Arbeiten zu verrichten. So war er mit Abladen von 10-20 kg schweren Steinen von einem Lieferwagen auf einer Baustelle beschäftigt, als sich der Unfall (Sturz rücklings von der Ladefläche) ereignete. Für die vom 14. bis 17. Mai 2001 geleistete Arbeit wurde vereinbarungsgemäss kein Lohn ausbezahlt. Hingegen wurden H. für die vier Tage vom 14. bis 17. Mai 2001 (volle) Taggelder ausgerichtet. Unbestrittenermassen erfüllte er die Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 8 AVIG. Er war somit im Zeitpunkt des Unfalles nach Art. 2 UVAL obligatorisch versichert.
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Erwägung 4 | |
4.1 Das Departement hat die vom Bundesamt verfügte Zuständigkeit der SUVA für den Unfall des H. vom 17. Mai 2001 bestätigt. Es hat erwogen, der rechtserhebliche Sachverhalt lasse sich nicht unter Art. 1a Abs. 1 UVG subsumieren. Der Begriff des Arbeitnehmers und der Arbeitnehmerin nach Art. 1 UVV und Art. 10 ATSG setze den Bezug von Lohn für geleistete Arbeit voraus. Für den probeweise geleisteten Einsatz des H. sei jedoch keine Entschädigung entrichtet worden. Eine allfällige zukünftige und somit hypothetische Anstellung könne nicht bereits als Entgelt gewertet werden. Sodann regle Art. 1a Abs. 1 UVV die arbeitsvertragsähnlichen Verhältnisse im Sinne von Art. 1a Abs. 2 UVG abschliessend. Die zu beurteilende Situation falle nicht darunter. Der fragliche Einsatz vom 14. bis 17. Mai 2001 könne auch nicht als Arbeitsantritt im Sinne von Art. 3 Abs. 1 UVG aufgefasst werden. Er sei zwar im Hinblick auf eine allfällige feste Anstellung erfolgt. Ob es effektiv zum Abschluss eines Arbeitsvertrages gekommen wäre und H. die Stelle tatsächlich auch angetreten hätte, sei indessen im Zeitpunkt des Unfalles offen gewesen. Aufgrund von Art. 2 UVAL habe jedoch Versicherungsschutz bestanden. H. habe die Voraussetzungen des Art. 8 AVIG erfüllt und während des viertägigen probeweisen Arbeitseinsatzes in der Firma X. entsprechende Taggelder bezogen. Zuständiger Unfallversicherer sei somit die SUVA. Die Bestimmungen über den Zwischenverdienst und die Teilarbeitslosigkeit (Art. 6-8 UVAL) seien vorliegend nicht massgebend. H. habe während des befristeten und probeweisen Arbeitseinsatzes in der Gärtnerei unbestrittenermassen keinen Lohn und auch sonst keine Entschädigung erhalten, noch sei er für einen anderen Arbeitgeber tätig gewesen. Die auch hier zum Zuge kommende Regelung, wonach bei Arbeitslosigkeit grundsätzlich die SUVA für den Versicherungsschutz zuständig sei, sei im Übrigen sinnvoll und zweckmässig. Sie garantiere eine eindeutige, klare und transparente Situation im Hinblick auf die Versicherungsverhältnisse und die Rechtssicherheit. Sie trage dem Grundsatz Rechnung, dass bestehende Verhältnisse möglichst konstant und effizient sein sollen. Dem widerspräche ein Versicherungswechsel für die Dauer des viertägigen Arbeitseinsatzes. Somit seien die Voraussetzungen für die Versicherungsdeckung der SUVA nach Art. 2 UVAL gegeben.
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Die Winterthur und das verfügende Bundesamt bejahen aus den im Wesentlichen gleichen Gründen wie die Vorinstanz die Zuständigkeit der SUVA für den Unfall des H. vom 17. Mai 2001.
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Erwägung 5 | |
5.1 H. erfüllte im Zeitpunkt des Unfalles vom 17. Mai 2001 die Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 8 AVIG. Er war somit nach Art. 2 UVAL obligatorisch versichert, und zwar bei der SUVA. Als Arbeitsloser konnte er nicht gleichzeitig zu dem im Unfallversicherungsgesetz und in der Unfallversicherungsverordnung genannten Kreis obligatorisch Versicherter gehören. Die allfällige Zuständigkeit der Winterthur für den Unfall vom 17. Mai 2001 kann sich somit nur aus der Verordnung über die Unfallversicherung von arbeitslosen Personen selber, insbesondere aus Art. 6 Abs. 1 UVAL ergeben, nicht hingegen - zumindest nicht direkt - aus Art. 1a Abs. 1 UVG, Art. 1 UVV und Art. 1a Abs. 1 UVV (vgl. auch Art. 1 UVAL). In diesem Zusammenhang hat die Vorinstanz übersehen, dass Art. 10 ATSG, welcher den Arbeitnehmerbegriff umschreibt, vorliegend ohnehin nicht anwendbar ist. Der Unfall vom 17. Mai 2001 ereignete sich vor Inkrafttreten des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts am 1. Januar 2003 (BGE 130 V 261 E. 3.9; BGE 127 V 467 E. 1).
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Erwägung 5.2 | |
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Dass H. mit seinem Einverständnis für seine Arbeit in der Firma X. nicht entschädigt wurde, stellt einen Lohnverzicht dar. Arbeitslosenversicherungsrechtlich hat die fehlende Entlöhnung zur Folge, dass H. für die geleistete Arbeit ein Zwischenverdienst nach berufs- und ortsüblichen Ansätzen anzurechnen ist (vgl. zu Sinn und Zweck dieser Regelung BGE 129 V 103 E. 3.3; BGE 120 V 245 E. 3c) und er Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung nicht in Höhe des vollen Taggeldes, sondern lediglich der mit dem Entschädigungssatz gekürzten Differenz zum versicherten Verdienst hat (Art. 24 Abs. 1 und 3 AVIG sowie Art. 22 AVIG). Er wird somit so gestellt, wie wenn er tatsächlich (berufs- und ortsüblich) entlöhnt worden wäre. Damit ist aber auch das Tatbestandselement des Erzielens eines Zwischenverdienstes nach Art. 6 Abs. 1 UVAL gleichsam kraft Gesetz gegeben und diese Bestimmung grundsätzlich anwendbar.
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Wie es sich verhielte, wenn H. nicht arbeitslos im Sinne von Art. 2 UVAL gewesen wäre, braucht hier nicht entschieden zu werden.
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