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33. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich gegen M. und i. S. M. gegen Amt für Wirtschaft und Arbeit sowie Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
C 36/06 / C 39/06 vom 16. April 2007 | |
Regeste |
Art. 27 ATSG: Aufklärung und Beratung. | |
Sachverhalt | |
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B. In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde hob das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich den Einspracheentscheid auf und stellte fest, die Anspruchsberechtigung für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 21. Januar 2004 könne nicht in ![]() | 2 |
C. M. lässt dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, es sei festzustellen, dass er ab 1. Dezember 2000 zum Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung berechtigt sei, und die Verwaltung sei zu verpflichten, ihm die ausstehenden Arbeitslosentaggelder auszurichten.
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Das AWA reicht seinerseits Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Gerichtsentscheid sei insoweit aufzuheben, als die Sache an die Verwaltung zurückgewiesen werde, damit sie über die Vermittlungsfähigkeit des Versicherten für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 21. Januar 2004 entscheide, und die Verwaltung verpflichtet werde, dem Versicherten eine Prozessentschädigung von Fr. 900.- zu bezahlen.
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M. (nachfolgend: Beschwerdeführer 1) lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde des AWA schliessen. Das AWA (nachfolgend: Beschwerdeführer 2) reicht keine Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde des M. ein. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf eine Stellungnahme zu beiden Verwaltungsgerichtsbeschwerden.
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D. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde des AWA hebt das Bundesgericht den Entscheid des kantonalen Gerichts vom 20. Dezember 2005 auf; die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des M. weist das Bundesgericht ab.
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Aus den Erwägungen: | |
4. Der Versicherte ist Genossenschafter der Gärtnerei und hält 25 der insgesamt 185 Anteilscheine. Die Genossenschaft bezweckt den Betrieb der Gärtnerei als Selbstbewirtschafterin und auf Selbsthilfebasis; jeder Genossenschafter ist verpflichtet, voll oder teilzeitlich im Gärtnereibetrieb mitzuarbeiten. Der Beschwerdeführer 1 war zudem Mitglied (vom 30. Juni 1998 bis 29. März 1999) und anschliessend (vom 30. März 1999 bis 4. Juli 2002 sowie vom 28. November 2003 bis 8. Januar 2007) Präsident des Verwaltungsrates der Firma R. AG. Diese Gesellschaft befindet sich seit 18. Januar 2007 in Liquidation. Sie konzentrierte sich auf den Handel mit ![]() | 7 |
5. Für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 21. Januar 2004 geht das kantonale Gericht davon aus, dass die Anspruchsberechtigung nicht unter Verweis auf die arbeitgeberähnliche Stellung des Versicherten verneint werden könne. Die Verwaltung habe ihre Auskunftspflicht verletzt, indem sie es unterlassen habe, den Beschwerdeführer 1 über die mit der arbeitgeberähnlichen Stellung verbundenen Risiken hinsichtlich seines Leistungsanspruchs aufzuklären. Die Sache sei daher an das AWA zurückzuweisen, damit es die Vermittlungsfähigkeit prüfe und hernach über die Anspruchsberechtigung in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 21. Januar 2004 neu entscheide. Fest stehe hingegen schon jetzt, dass die ![]() | 8 |
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Nach der gleichzeitig mit dem ATSG am 1. Januar 2003 in Kraft gesetzten Ausführungsbestimmung des Artikels 19a AVIV klären die in Art. 76 Abs. 1 lit. a-d AVIG genannten Durchführungsstellen die Versicherten über ihre Rechte und Pflichten auf, insbesondere über das Verfahren der Anmeldung und über die Pflicht, Arbeitslosigkeit zu vermeiden und zu verkürzen (Abs. 1). Die Kassen klären die Versicherten über die Rechte und Pflichten auf, die sich aus dem Aufgabenbereich der Kassen ergeben ([Art. 81 AVIG]; Abs. 2). Die kantonalen Amtsstellen und die regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) klären die Versicherten über die Rechte und Pflichten auf, die sich aus den jeweiligen Aufgabenbereichen ergeben ([Art. 85 und 85b AVIG]; Abs. 3).
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Die Kasse kann einen Fall der kantonalen Amtsstelle zum Entscheid unterbreiten, wenn Zweifel bestehen, ob der Versicherte anspruchsberechtigt ist (Art. 81 Abs. 2 lit. a AVIG). Im Kanton Zürich ist ![]() | 11 |
(...)
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Erwägung 7 | |
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7.2 Die Verwaltung hatte folglich bei Inkrafttreten des ATSG am 1. Januar 2003 keine Kenntnis von einer Situation, welche ![]() | 14 |
Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ATSG, am 1. Januar 2003, hatte die Verwaltung bei dieser Sachlage keinen Anlass, die Anspruchsberechtigung des Versicherten in Frage zu stellen. Sie war noch nicht darüber informiert, dass er sich in einem Firmenkonglomerat engagierte. Wie sich seine Einsätze gestalteten, wusste sie ebenfalls noch nicht. Zu Nachforschungen nach allfälligen Umständen, welche die Anspruchsberechtigung in Frage hätten stellen können, war sie demgemäss nicht verpflichtet.
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Die Vorinstanz ist gegenteiliger Auffassung. Indem sie in Nachachtung des Vertrauensschutzes annimmt, die arbeitgeberähnliche Stellung wirke in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 21. Januar 2004 nicht anspruchsaufhebend, geht sie implizit davon aus, die Verwaltung hätte auf den 1. Januar 2003 hin das Dossier des Versicherten nach allfälligen Gründen, welche einer Anspruchsberechtigung hätten entgegenstehen können, durchsuchen, allfällige zusätzliche Abklärungen treffen und den Versicherten unverzüglich informieren müssen.
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Dieser Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Im Februar 2002, als die Verwaltung einen ersten, allerdings nicht eindeutigen Hinweis auf eine mögliche arbeitgeberähnliche Stellung des Versicherten erhielt, bestand noch keine umfassende Auskunfts- und Beratungspflicht der Behörden. Am Tag der Einführung der allgemeinen Aufklärungs- und Beratungspflicht musste den involvierten Behörden auf Grund der gegebenen Umstände weder bewusst sein, dass der Anspruch des Versicherten auf Arbeitslosenentschädigung gefährdet war, noch konnte von ihnen erwartet werden, dass sie - ohne konkreten Anlass - Nachforschungen in die Wege ![]() | 17 |
7.3 Im vorliegenden Fall geht es - im Unterschied zum Sachverhalt, wie er BGE 131 V 472 zu Grunde liegt - nicht um ein künftiges Verhalten der versicherten Person, sondern um ihre bisherigen Funktionen in verschiedenen Gesellschaften. Ein Hinweis der Verwaltung, eine beabsichtigte, den Leistungsanspruch gefährdende Handlung zu überdenken, war darum nicht möglich. Das AWA hatte die Aufgabe, über die Anspruchsberechtigung des Versicherten zu entscheiden. Dabei stellte es zu Recht auf die Sachlage ab, wie sie sich nach seinen zusätzlichen Abklärungen im Januar 2004 präsentierte. Aus der Aufklärungs- und Beratungspflicht gemäss Art. 27 ATSG kann nicht abgeleitet werden, dass der versicherten Person vorgängig einer ablehnenden Verfügung Gelegenheit zur Änderung der angetroffenen Situation eingeräumt wird, falls die bisherigen Verhältnisse auf das Fehlen einer Anspruchsvoraussetzung zum Bezug von Arbeitslosentaggeldern schliessen lassen (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts C 9/05 vom 21. Dezember 2005, E. 5.2). Der angefochtene Gerichtsentscheid orientiert sich am Urteil C 157/05 vom 28. Oktober 2005. Die Rahmenfrist für den Leistungsbezug begann für die versicherte Person in jenem Fall allerdings erst am 1. Januar 2003, am Tag als auch das ATSG in Kraft trat. Im Unterschied dazu hatte der Versicherungsträger vorliegend keine Veranlassung, die Anspruchsberechtigung auf das Inkrafttreten des ATSG erneut zu überprüfen, nachdem die zweite Rahmenfrist für den Leistungsbezug bereits am 1. Dezember 2002 begonnen hatte und sich an der Situation des Beschwerdeführers 1 seit dem Leistungsbezug in der ersten Rahmenfrist keine erkennbaren Änderungen ergeben haben.
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