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62. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. IV-Stelle des Kantons St. Gallen gegen G. sowie Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
I 126/07 vom 6. August 2007 | |
Regeste |
Art. 8 Abs. 3 ATSG; Art. 28 Abs. 2bis und 2ter IVG; Art. 27bis IVV; gemischte Methode der Invaliditätsbemessung; anrechenbarer invaliditätsbedingter Ausfall im Haushaltbereich; Mithilfe der Familienangehörigen (Schadenminderungspflicht). | |
Sachverhalt | |
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B. Die von G. hiergegen mit dem Antrag auf Aufhebung des Einspracheentscheids und Zusprechung einer halben Invalidenrente erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen teilweise gut, hob den Einspracheentscheid auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung und neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die IV-Stelle zurück (Entscheid vom 22. Januar 2007).
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C. Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag auf Aufhebung des kantonalen Entscheides.
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Während G. auf Abweisung der Beschwerde schliessen lässt, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung.
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(...)
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3.1 Die IV-Stelle geht aufgrund der Angaben der Versicherten anlässlich der Haushaltabklärung vom 24. August 2004 davon aus, dass die Versicherte ohne gesundheitliche Beeinträchtigung weiterhin zu 12 % als Hauswartin und zu 88 % im Haushalt tätig wäre. Demgegenüber vertritt das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen die Auffassung, diese Gewichtung könne nur bis Ende 2005 gelten; ab 1. Januar 2006 sei der Anteil des erwerblichen Bereichs auf mindestens 50 % festzusetzen. Zur Begründung führt es an, dass gemäss Art. 8 Abs. 3 ATSG eine Invaliditätsbemessung anhand der behinderungsbedingten Einschränkung im Haushalt nur zulässig sei, wenn und soweit der betreffenden Person die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden könne. Aus diesem Grund sei entscheidend, ob es der Versicherten im Jahr 2002 (allfälliger Anspruchsbeginn) oder später zumutbar gewesen wäre, über die Arbeit als Hausfrau hinaus teil- oder sogar vollzeitlich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen: Im Jahr 2002 sei mit einem Alter von 17 Jahren höchstens das älteste Kind (die anderen Kinder waren 15, 13 und 8 Jahre alt) in der Lage gewesen, den von ihm verursachten Anteil an der Haushaltarbeit selber zu besorgen und damit die Versicherte entsprechend zu entlasten. Dies hätte nicht ausgereicht, um die - hypothetisch gesunde - Versicherte in die Lage zu versetzen, neben der Hausarbeit in einem wirtschaftlich verwertbaren Ausmass einer anderen Erwerbstätigkeit als der (durchgehend zumutbaren) Hauswarttätigkeit nachzugehen. Ab 2002 sei der gemischten Methode der Invaliditätsbemessung deshalb ein Anteil von 88 % Haushalt und ein solcher von 12 % Hauswarttätigkeit ![]() | 8 |
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3.3 Der Feststellung des kantonalen Gerichts, wonach es der Versicherten ohne gesundheitliche Beeinträchtigung zumutbar gewesen wäre, neben der Haushaltbesorgung zu wenigstens 50 % einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, liegt ein unzutreffender Rechtsbegriff der Invalidität und ein unrichtiges Verständnis der gemischten Methode zugrunde. Die gemischte Methode ergibt sich aus Art. 28 Abs. 2ter IVG, welche Bestimmung der allgemeinen Regelung von Art. 8 Abs. 3 ATSG vorgeht und die vorher bereits auf Verordnungsebene bestehende Normierung auf Gesetzesstufe gehoben hat (Botschaft vom 21. Februar 2001 über die 4. Revision des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung, BBl 2001 S. 3205 ff., 3287; BGE 130 V 393 E. 3.2 S. 394; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 389/03 vom 8. März 2005, E. 3.2.3 nicht publ. in BGE 131 V 51, aber publ. in: SVR 2006 IV Nr. 6 S. 23). Zudem bezieht sich das ![]() | 10 |
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Erwägung 4 | |
4.1 Wenn auch auf die Beschwerde, soweit die IV-Stelle damit die im angefochtenen Entscheid angeordnete Rückweisung der Sache zur Vornahme einer erneuten Haushaltabklärung anficht, nicht einzutreten ist, bleibt dennoch darauf hinzuweisen, dass die Vorinstanz im Zusammenhang mit der (anordnungsgemäss erneut abzuklärenden) Einschränkung im Haushaltbereich (ebenfalls) der Rechtsprechung zuwiderlaufende Ausführungen gemacht hat. Das kantonale Gericht warf der IV-Stelle vor, die Invalidität der Versicherten im Haushalt "manipulieren" zu wollen, indem sie den Aufgabenbereich ![]() | 12 |
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Auszugehen ist dabei vom Grundsatz, dass einem Leistungsansprecher im Rahmen der Schadenminderungspflicht Massnahmen zuzumuten sind, die ein vernünftiger Mensch in der gleichen Lage ergreifen würde, wenn er keinerlei Entschädigung zu erwarten hätte. Für die im Haushalt tätigen Versicherten bedeutet dies, dass sie Verhaltensweisen zu entwickeln haben, welche die Auswirkungen der Behinderung im hauswirtschaftlichen Bereich reduzieren und ihnen eine möglichst vollständige und unabhängige Erledigung der Haushaltarbeiten ermöglichen. Kann die versicherte Person wegen ihrer Behinderung gewisse Haushaltarbeiten nur noch mühsam und mit viel höherem Zeitaufwand erledigen, so muss sie in erster Linie ihre Arbeit einteilen und in üblichem Umfang die Mithilfe von Familienangehörigen in Anspruch nehmen. Ein invaliditätsbedingter Ausfall darf bei im Haushalt tätigen Personen nur insoweit angenommen werden, als die Aufgaben, welche nicht mehr erfüllt werden können, durch Drittpersonen gegen Entlöhnung oder durch Angehörige verrichtet werden, denen dadurch nachgewiesenermassen eine Erwerbseinbusse oder doch eine unverhältnismässige Belastung entsteht. Die im Rahmen der Invaliditätsbemessung bei einer Hausfrau zu berücksichtigende Mithilfe von Familienangehörigen geht ![]() | 14 |
Geht es um die Mitarbeit von Familienangehörigen, ist danach zu fragen, wie sich eine vernünftige Familiengemeinschaft einrichten würde, wenn keine Versicherungsleistungen zu erwarten wären (Urteile des Eidg. Versicherungsgerichts I 228/06 vom 5. Dezember 2006, E. 7.1.2; I 467/03 vom 17. November 2003, E. 3.2.2; I 407/92 vom 8. November 1993, E. 2b). Dabei darf nach der Rechtsprechung - anders als der angefochtene Entscheid unterstellt - unter dem Titel der Schadenminderungspflicht nicht etwa die Bewältigung der Haushalttätigkeit in einzelnen Funktionen oder insgesamt auf die übrigen Familienmitglieder überwälzt werden mit der Folge, dass gleichsam bei jeder festgestellten Einschränkung danach gefragt werden müsste, ob sich ein Familienmitglied finden lässt, das allenfalls für eine ersatzweise Ausführung der entsprechenden Teilfunktion in Frage kommt (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 681/02 vom 11. August 2003, E. 4.4).
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Entgegen der im angefochtenen Entscheid vertretenen Auffassung vermag schliesslich die Tatsache, dass sich die der Rechtsprechung zugrunde liegenden, in Art. 159 Abs. 2 und 3 ZGB zwischen den Ehegatten und in Art. 272 ZGB zwischen Eltern und Kindern statuierten Beistandspflichten nicht unmittelbar durchsetzen lassen (d.h. weder klagbar noch vollstreckbar sind), sondern nur freiwillig erfüllt werden können (HONSELL/VOGT/GEISER [Hrsg.], Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2006, N. 9 zu Art. 272 ZGB; BRÄM/HASENBÖHLER, Zürcher Kommentar, 3. Aufl., Zürich 1998, N. 168 zu Art. 159 ZGB), an der Schadenminderungspflicht der im Haushalt beschäftigten Versicherten nichts zu ändern (vgl. auch Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 228/06 vom 5. Dezember 2006, E. 7.1.2). Denn wie auch im Erwerbsbereich darauf abzustellen ist, ob die ![]() | 16 |
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