![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
10. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. N. gegen Ausgleichskasse Schwyz (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_473/2008 vom 19. Dezember 2008 | |
Regeste |
Art. 52 Abs. 3 und 4 AHVG; Art. 60 und 135 ff. OR; Unterbrechung der Verjährung des Schadenersatzanspruchs. | |
Sachverhalt | |
![]() ![]() | 1 |
B. Die Beschwerde des N. wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit Entscheid vom 17. April 2008 ab.
| 2 |
C. N. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 17. April 2008 und demzufolge die Schadenersatzverfügung vom 20. September 2004 seien aufzuheben.
| 3 |
Die Ausgleichskasse beantragt die Abweisung der Beschwerde. Kantonales Gericht und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
| 4 |
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
| 5 |
Aus den Erwägungen: | |
6 | |
Der Beschwerdeführer bestreitet eine Schadenersatzpflicht. Die geltend gemachte Forderung sei verjährt, weil die Ausgleichskasse über die Einsprache gegen die Schadenersatzverfügung vom 20. September 2004 erst am 28. Januar 2008 entschieden habe. In dieser Zeit habe die Verwaltung keine verjährungsunterbrechende Handlung unternommen, sodass der Schadenersatzanspruch spätestens zwei Jahre nach Einspracheerhebung erloschen sei. Sodann entfalle eine Schadenersatzpflicht u.a. auch, weil es sich, wie in BGE 121 V 243, lediglich um Ausstände von kurzer Dauer gehandelt und ohnehin keine Schädigungsabsicht bestanden habe.
| 7 |
3. Die Vorinstanz hat, wie die Ausgleichskasse im Einspracheentscheid, nicht danach unterschieden, ob die Forderung entgangene Sozialversicherungsbeiträge des Bundes oder FAK-Beiträge betrifft. Gemäss § 30 Abs. 2 des schwyzerischen Gesetzes vom 11. September 1991 über die Familienzulagen (in der bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassung) hat ein Arbeitgeber den durch ![]() | 8 |
9 | |
4.1 Gemäss Art. 52 AHVG macht die zuständige Ausgleichskasse den Schadenersatzanspruch durch Verfügung geltend (Abs. 2). Der Schadenersatzanspruch verjährt zwei Jahre, nachdem die zuständige Ausgleichskasse vom Schaden Kenntnis erhalten hat, jedenfalls fünf Jahre nach Eintritt des Schadens. Diese Fristen können ![]() | 10 |
Bei den Fristen nach Art. 52 Abs. 3 und 4 AHVG handelt es sich um Verjährungsfristen, die unterbrochen werden können (BGE 131 V 425 E. 3.1 S. 427 mit Hinweis; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts H 136/05 vom 23. November 2006 E. 4.1; UELI KIESER, Alters- und Hinterlassenenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 1308 Rz. 322; MARCO REICHMUTH, Die Haftung des Arbeitgebers und seiner Organe nach Art. 52 AHVG, 2008, S. 194 Rz. 813).
| 11 |
Erwägung 4.2 | |
12 | |
Die Verjährung wird unterbrochen u.a. durch Klage oder Einrede vor einem Gerichte (Art. 135 Ziff. 2 OR). Mit der Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem (Art. 137 Abs. 1 OR). Wird die Verjährung durch eine Klage oder Einrede unterbrochen, so beginnt im Verlaufe des Rechtsstreites mit jeder gerichtlichen Handlung der Parteien und mit jeder Verfügung oder Entscheidung des Richters die Verjährung von neuem (Art. 138 Abs. 1 OR). Bei einer gerichtlich angeordneten Sistierung des Verfahrens steht jedoch - analog zu Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR - die Verjährung bis zum Wegfall des Sistierungsgrundes still (BGE 130 III 202 E. 3.2 S. 206). Diese ![]() | 13 |
4.2.2 Geht es um die Haftung im Sinne von Art. 52 Abs. 1 AHVG, stellt die Schadenersatzverfügung eine, in der Regel die erste, verjährungsunterbrechende Handlung dar. Ergeht sie rechtzeitig innert der relativen zweijährigen Verjährungsfrist seit Kenntnis des Schadens, beginnt mit Erhebung von Einsprache eine neue zweijährige Verjährungsfrist zu laufen. Entgegen der Auffassung von kantonalem Gericht und Ausgleichskasse wird mit der Schadenersatzverfügung die Verjährungsfrist nicht ein für allemal gewahrt, sodass die Forderung nicht wegen Zeitablaufs während des Einspracheverfahrens oder des nachgelagerten verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens nicht mehr klagbar werden kann. Dies entspräche der Rechtslage bei einer Verwirkungsfrist, namentlich auch derjenigen vor der Änderung von Art. 52 AHVG im Rahmen der Schaffung des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (Urteil H 99/06 vom 11. September 2007 E. 5; Urteile des Eidg. Versicherungsgerichts H 260/03 vom 19. Februar 2004 E. 3; H 183/01 vom 5. Februar 2003 E. 3.2 sowie ZAK 1991 S. 125, H 116/85 E. 2c; THOMAS NUSSBAUMER, Das Schadenersatzverfahren nach Art. 52 AHVG, in: Aktuelle Fragen aus dem Beitragsrecht der AHV, 1998, S. 115). Nach dem klaren Wortlaut von Art. 52 Abs. 3 AHVG können aber die relative zweijährige und die absolute fünfjährige Verjährungsfrist unterbrochen werden. Dabei ist für die Beantwortung der damit zusammenhängenden Fragen, insbesondere welchen Handlungen der Ausgleichskasse und der Beschwerdeinstanzen verjährungsunterbrechende Wirkung zukommt, sinngemäss die Regelung für Forderungen aus unerlaubter Handlung (Art. 60 und Art. 135 ff. OR) anwendbar, was auch dem Willen des Gesetzgebers entspricht ![]() | 14 |
15 | |
Die von Amtes wegen vorfrageweise zu prüfende Frage, ob die Schadenersatzforderung für entgangene Beiträge im Zusammenhang mit einem strafrechtlich relevanten Verhalten steht (BGE 113 V 256 E. 4a S. 258) - zu denken ist in erster Linie an den Tatbestand der Zweckentfremdung vom Lohn abgezogener Arbeitnehmerbeiträge (Art. 87 AHVG) - und daher nach Art. 52 Abs. 4 AHVG eine längere - fünfjährige (aArt. 70 StGB; BGE 112 V 161) - Verjährungsfrist gelten würde, ist zu verneinen. Weder hat die Ausgleichskasse diese Frage aufgeworfen und dazu Unterlagen eingereicht (BGE 113 V 256 E. 4a in fine S. 259), noch enthalten die Akten diesbezügliche Hinweise. Im Gegenteil wird dem Beschwerdeführer gerade vorgeworfen, die Firma habe Löhne ausgerichtet, ohne die Sozialversicherungsbeiträge bezahlen zu können.
| 16 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |