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40. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Bundesamt für Sozialversicherungen gegen B. AG und Ausgleichskasse X. (Beschwerde in öffentlich- rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_650/2011 vom 18. Juni 2012 | |
Regeste |
Art. 1a Abs. 3 EOG und Art. 23 BZG; Anspruch auf Erwerbsausfallentschädigung bei Zivilschutzeinsätzen zu Gunsten der Gemeinschaft. | |
Sachverhalt | |
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B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hiess die Beschwerde der B. AG mit Entscheid vom 30. Juni 2011 gut und hob den Einspracheentscheid vom 22. Dezember 2010 auf.
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C. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt sinngemäss, der Entscheid vom 30. Juni 2011 sei aufzuheben.
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Die B. AG und das kantonale Gericht beantragen die Abweisung der Beschwerde. Die Ausgleichskasse verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
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Gemäss aArt. 27 Abs. 2 lit. c BZG (in der hier anwendbaren, bis 31. Dezember 2011 geltenden Fassung; heute Art. 27a Abs. 1 lit. b BZG) können die Kantone Schutzdienstpflichtige u.a. für Einsätze zu Gunsten der Gemeinschaft aufbieten. Die Kantone regeln das Aufgebotsverfahren (aArt. 27 Abs. 3 BZG; heute Art. 27a Abs. 4 BZG) sowie die Bewilligungserteilung für die Gemeinschaftseinsätze auf kantonaler und kommunaler Ebene (Art. 8 Abs. 1 der auf den 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Verordnung über Einsätze des Zivilschutzes zugunsten der Gemeinschaft [VEZG; SR 520.14]; die Bestimmung ist ![]() | 7 |
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Gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. h der kantonalen Verordnung vom 27. Oktober 2004 über den Zivilschutz (KZSV/BE; BSG 521.11; in der bis am 31. Dezember 2011 gültig gewesenen Fassung) überprüft das Amt für Bevölkerungsschutz, Sport und Militär (BSM) des Kantons Bern die Bewilligungen der Einsätze der Zivilschutzorganisation zu Gunsten der Gemeinschaft anhand der VEZG. Weiter bestimmt Art. 17 KZSV/BE, dass die Einsätze zu Gunsten der Gemeinschaft die Vorgaben des VEZG erfüllen und vom BSM des Kantons Bern überprüft werden. Auch wenn in den dargelegten Bestimmungen von einer "Überprüfung" (resp. in der französischen Fassung "vérifier" und "contrôler") der Einsätze die Rede ist, steht ausser Frage, dass das BSM des Kantons Bern letztlich die zuständige Behörde für die Bewilligungserteilung im Sinne von Art. 8 VEZG resp. Art. 7 aVEZG ist. Nichts anderes ergibt sich aus dem vorinstanzlichen Entscheid und auch von den Parteien wird nichts Gegenteiliges vorgebracht. Die jeweilige Zivilschutzorganisation hat die Gemeinschaftseinsätze also vom BSM des Kantons Bern bewilligen zu lassen. Diese Bewilligung stellt eine Verfügung dar, da sie die Aufgebote für die ![]() | 9 |
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Erwägung 3 | |
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3.2 Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen gemäss Art. 53 Abs. 1 ATSG in prozessuale Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder ![]() | 12 |
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Das BSV macht geltend, für die Einsätze zu Gunsten der Gemeinschaft liege keine gültige Bewilligung vor, da die zuständige kantonale Behörde im Zeitpunkt der Bewilligungserteilung die materiellen Voraussetzungen gemäss Art. 2 VEZG (E. 2.1) nicht lediglich aufgrund des Dienstkalenders habe beurteilen können.
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Erwägung 5 | |
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5.2.4 In systematischer Hinsicht ist die Zusammenarbeit zwischen der Ausgleichskasse und der Zivilschutzbehörde (Art. 62 Abs. 3 BZG) ![]() | 20 |
Erwägung 5.3 | |
5.3.1 Fraglich ist, ob eine ungenügende oder gar fehlende Bewilligung des Gemeinschaftseinsatzes der Soldberechtigung und damit dem Anspruch auf Entschädigung des Erwerbsausfalls entgegensteht. Eine Bewilligung dient im Allgemeinen dazu, eine private Tätigkeit präventiv auf ihre Übereinstimmung mit dem anwendbaren Recht hin zu überprüfen. Wird eine bestimmte Tätigkeit einer Bewilligungspflicht unterstellt, darf sie nur unter der Bedingung aufgenommen werden, dass die Behörde vorweg die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen geprüft hat (TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., § 44 Rz. 2). Die Bewilligungspflicht für Einsätze des Zivilschutzes zu Gunsten der Gemeinschaft (Art. 8 Abs. 1 VEZG) dient - auch wenn sie für die aufbietende Behörde gilt und keine private Tätigkeit betrifft - der Sicherstellung, dass solche Einsätze den materiellen Anforderungen von Art. 2 VEZG (E. 2.2) genügen. Zwar hat die aufbietende Stelle vor dem Aufgebot eine Bewilligung für die Gemeinschaftseinsätze einzuholen und ist sie verpflichtet, die Schutzdienstpflichtigen nur im Rahmen der erteilten Bewilligung einzusetzen (vgl. Art. 8 VEZG). Jedoch ändert selbst das Fehlen der erforderlichen Dienstbewilligung grundsätzlich nichts am Soldanspruch ![]() | 21 |
In anderen, ähnlich gelagerten Fällen verwies das Bundesgericht auf die Missbrauchsgefahr bei Einsätzen zu Gunsten der Gemeinschaft und hielt diesbezüglich eine erhöhte Aufmerksamkeit der Ausgleichskasse für geboten (Urteile 9C_534/2009 vom 4. Februar 2010 E. 3.4.2 und 9C_1057/2008 vom 4. Mai 2009 E. 4.4.2). Diese Erwägungen stehen im Kontext der Frage nach der Verwirkung der Rückforderung und es lässt sich auch daraus nicht folgern, dass eine fehlende Dienstbewilligung den Soldanspruch ausschliesst.
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5.4 Im konkreten Fall wurde und wird die Soldberechtigung des Z. für die 2008 geleisteten Schutzdiensteinsätze nicht in Abrede gestellt; insbesondere waren für ihn als Kaderangehöriger die umstrittenen ![]() | 25 |
5.5 Dieses Ergebnis bedeutet indessen nicht, dass die Ausgleichskassen in jedem Fall die finanziellen Folgen von unbewilligten und somit rechtswidrigen Einsätzen zu Gunsten der Gemeinschaft zu tragen hätten. Ein entsprechender Anspruch auf Schadenersatz lässt sich gegebenenfalls mit der Staatshaftung begründen (vgl. Art. 100 ff. des kantonalen Personalgesetzes vom 16. September 2004 [PG/BE; BSG 153.01]).
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