BGE 138 V 445 | |||
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53. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Kanton Zürich gegen Schweizerische Eidgenossenschaft (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
8C_148/2012 vom 17. September 2012 | |
Regeste |
Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 21. März 1973 über die Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer (seit 1. Januar 2010: Bundesgesetz über Sozialhilfe und Darlehen an Schweizer Staatsangehörige im Ausland); Unterstützung bei Heimkehr in die Schweiz. | |
Sachverhalt | |
A. Der schweizerisch-brasilianische Doppelbürger M. kehrte am 4. Mai 2008 als Rückwanderer mit der Absicht des dauernden Verbleibens in die Schweiz zurück, wo er zunächst in einem Wohnheim in der Stadt Zürich Unterkunft fand. Da er über keine finanziellen Mittel verfügte, wurde er von den Sozialen Diensten der Stadt Zürich unterstützt. Auf den 1. Juni 2008 bezog er in Zürich eine Mietwohnung.
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Mit Unterstützungsanzeige der Sozialen Dienste Zürich vom 16. Juni 2008 zeigte der Kanton Zürich dem Bundesamt für Justiz (nachstehend: Bundesamt) am 20. Juni 2008 den Unterstützungsfall an und ersuchte um Kostenersatz des Bundes für die Zeit vom 4. Mai bis 3. August 2008. Am 2. Dezember 2008 unterbreitete er dem Bundesamt die Abrechnung vom 25. Oktober 2008 für das 3. Quartal in Höhe von insgesamt Fr. 2'727.55. Darin enthalten war unter anderem die Wohnungsmiete der Monate Juli und August von je Fr. 801.-.
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Mit Verfügung vom 20. März 2009 anerkannte das Bundesamt seine grundsätzliche Leistungspflicht, kürzte die Abrechnung jedoch um die darin enthaltene Miete für die Zeitspanne vom 4. bis 31. August 2008 im Umfang von Fr. 723.50, womit ein Rückerstattungsbetrag von Fr. 2'004.05 verblieb.
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B. Die vom Kanton Zürich dagegen eingereichte Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid vom 6. Januar 2012 ab.
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C. Der Kanton Zürich erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei das Bundesamt zu verpflichten, ihm die Kosten gemäss Abrechnung für das 3. Quartal 2008 im Betrag von Fr. 2'727.55 vollumfänglich zu ersetzen.
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Das Bundesamt schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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1.1 Gemäss Art. 120 Abs. 1 lit. b BGG beurteilt das Bundesgericht auf Klage hin als einzige Instanz unter anderem öffentlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen Bund und Kantonen. Nach Art. 120 Abs. 2 BGG ist die Klage jedoch unzulässig, wenn ein anderes Bundesgesetz eine Behörde zum Erlass einer Verfügung über solche Streitigkeiten ermächtigt. Gegen die Verfügung ist letztinstanzlich die Beschwerde an das Bundesgericht zulässig. Die Klage ist somit insofern subsidiär zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 BGG), als ein Spezialgesetz einer Behörde für die Erledigung der in Art. 120 BGG genannten Streitigkeiten eine Verfügungskompetenz zuweist (vgl. BGE 136 IV 44 E. 1.2 f. S. 46 ff.; ALAIN WURZBURGER, in: Commentaire de la LTF, 2009, N. 14 ff. zu Art. 120 BGG). Dasselbe hat auch zu gelten, wenn die Sachgesetzgebung ein Anfechtungsverfahren ohne Vorliegen einer Verfügung vorsieht, wie dies beispielsweise gemäss Art. 31 und 34 des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1977 über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (Zuständigkeitsgesetz, ZUG; SR 851.1) der Fall ist (vgl. BGE 136 V 351 E. 2.3 S. 353; BERNHARD WALDMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 20 zu Art. 120 BGG).
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1.3 Nach Art. 14 Abs. 1 BSDA entscheidet das Bundesamt für Justiz über die ihm unterbreiteten Gesuche und leistet für die von ihm bewilligte Hilfe Gutsprache. Ablehnende Verfügungen und Entscheide sind schriftlich zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen (Art. 14 Abs. 4 BSDA). Diese Kompetenzzuweisung bezieht sich nach dem Wortlaut und der Systematik der Gesetzesbestimmung auf Sozialhilfegesuche von Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern. Es ist daher fraglich, ob sie im Rahmen von Rückvergütungen durch den Bund den Anforderungen von Art. 120 Abs. 2 BGG ("eine Behörde zum Erlass einer Verfügung über solche Streitigkeiten ermächtigt") zu genügen vermag.
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1.7 Der Kanton Zürich hat am vorinstanzlichen Verfahren als Partei teilgenommen und wurde als Adressat des seine Ersatzforderung teilweise ablehnenden angefochtenen Erlasses verpflichtet, finanzielle Leistungen zu erbringen. Er ist daher zur Beschwerde ans Bundesgericht legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG).
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(...)
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Erwägung 3 | |
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Erwägung 4 | |
4.1 Das Bundesverwaltungsgericht hält im angefochtenen Entscheid dafür, der Bund habe dem Aufenthaltskanton bei angebrochenen Monaten nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 ASFG die Wohnungsmieten pro rata temporis zu vergüten. Zu diesem Ergebnis kommt es hauptsächlich aufgrund der teleologischen Überlegung, wonach die Bestimmung einerseits ein Entgegenkommen gegenüber den Kantonen bezwecke und anderseits einen reibungslosen Übergang der Sozialhilfe auf die zuständigen Organe in der Schweiz ermöglichen solle. Damit stelle sie eine Sonderregelung gegenüber dem in Art. 115 BV verankerten Grundsatz der Unterstützung Bedürftiger durch den Wohnkanton dar und sei folglich eng auszulegen. Da die dreimonatige Frist mit dem Tag der Einreise in die Schweiz zu laufen beginne und erfahrungsgemäss die wenigsten Heimkehrenden auf den Monatsbeginn oder dessen Ende einreisten, würde ein Abstellen auf sämtliche vom Kanton während dieser Zeitspanne bezahlten Dauerleistungen zu einer mit Sinn und Zweck von Art. 3 Abs. 1 Satz 1 ASFG nicht vereinbaren zeitlichen Ausweitung der Kostenersatzpflicht des Bundes führen, indem dieser auch angebrochene Monate voll zu vergüten hätte. Zum selben Ergebnis führt laut Vorinstanz auch eine systematische Betrachtungsweise, indem sich eine anteilsmässige Verrechnung dem Grundsatz nach mit den Abrechnungsmodalitäten gemäss ZUG decke.
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4.2 Nach dem Beschwerdeführer deutet die historische Auslegung darauf hin, dass bei Dauerrechtsverhältnissen jene Kosten vom Bund zu erstatten seien, welche während der Weiterverrechnungsperiode fällig würden. Gemäss den Ausführungen des Bundesrates in der Botschaft vom 6. September 1972 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer (BBl 1972 II 548 Ziff. 32) trage der Bund den Aufwand aus Verpflichtungen, welche der Kanton nach fürsorgerischen Grundsätzen für den Klienten eingegangen sei. Mit der Fälligkeit und entsprechenden Zahlung würden die Kosten im Sinne des Weiterverrechnungstatbestandes nach Art. 3 ASFG entstehen. Da für die Bemessung des Anspruchs auf öffentliche Sozialhilfe grundsätzlich die aktuelle wirtschaftliche Situation der bedürftigen Person massgebend sei, gehören nach Ansicht des Beschwerdeführers die üblicherweise auf den 1. des Monats im Voraus fällig werdenden Mietzinsforderungen zu den vom Bund rückerstattungspflichtigen Kosten. Mit der vertragsgemässen Vorauszahlung der Wohnungsmiete für den Monat August am 21. Juli 2008 seien die zur Rückerstattung geltend gemachten Kosten somit entstanden. Seine Auffassung sieht der Beschwerdeführer zudem darin bestätigt, dass gemäss der von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe eingesetzten "Kommission ZUG/Rechtsfragen" bei Arztrechnungen vom Zeitpunkt der Fälligkeit der Rechnung auszugehen sei (49. Sitzung vom 18. Januar 2007) und Versicherungsprämien nach gängiger interkantonaler Weiterverrechnungspraxis nicht pro rata temporis abgerechnet würden.
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Erwägung 5 | |
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Erwägung 6 | |
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Erwägung 6.2 | |
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6.2.3 Laut Art. 27 Abs. 1 VSDA (die ASFV enthielt keine gleichlautende Bestimmung) vergütet der Bund dem Aufenthaltskanton die Kosten für die Sozialhilfe nach Art. 3 BSDA ab dem Tag der Einreise in die Schweiz. Gemäss den Erläuterungen VSDA vom Dezember 2009 (http://www.bj.admin.ch unter Themen/Migration/Sozialhilfe Auslandschweizer/Auslandschweizer/in/Erläuterungen) zu Art. 27 Abs. 1 VSDA werden dem Aufenthaltskanton die Sozialhilfekosten für Heimkehrende vergütet, die ihm in den ersten drei Monaten entstanden sind. Die dreimonatige Frist beginne wie bisher mit dem Tag der Einreise in die Schweiz. Eine bestimmte Praxis zur Rückvergütung der Kosten von Dauerleistungen ergibt sich somit weder aufgrund der Verordnung noch der Erläuterungen.
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Erwägung 6.3 | |
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6.3.3 In einem an die kantonalen Sozialämter gerichteten Orientierungsschreiben vom Februar 2008 hielt das Bundesamt im Zusammenhang mit der Heimkehr von Auslandschweizer/innen fest, bei der Verrechnung der ausgelegten Sozialhilfe sei - analog der gängigen interkantonalen Praxis - zu beachten, dass die vom Kanton erbrachten Leistungen, die über drei Monate hinausgehen, in der Regel "pro rata temporis" abzurechnen seien. Als Beispiele wurden Auslagen für lang dauernde Sprachkurse und Ausbildungen erwähnt. Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, müssten die nicht ausdrücklich erwähnten Mietzinse grundsätzlich ebenfalls in diese Kategorie fallen.
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6.4.2 Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, dass, einem Grundsatz der öffentlichen Sozialhilfe entsprechend, bei der Bemessung des Anspruchs auf die aktuelle wirtschaftliche Situation der bedürftigen Person abzustellen ist und die Hilfeleistung rechtzeitig zu erfolgen hat. Für eine fällige Forderung sind dieser die nötigen Mittel gegebenenfalls sofort zur Verfügung zu stellen. Im Verhältnis zwischen der Sozialhilfebehörde und der unterstützungsberechtigten Person spielt die Fälligkeit einer Forderung somit eine entscheidende Rolle. Anders verhält es sich bei der Beziehung zwischen Kanton und Bund. Hier ist die Fälligkeit einer Forderung insofern unerheblich, als der Kanton durchaus jene Unterstützungsleistungen ausscheiden kann, welche die ersten drei Monate betreffen. Daran ändert nichts, dass Dauerrechtsverhältnisse, wie beispielsweise die Wohnungsmieten, normalerweise nicht tageweise, sondern für einen längeren Zeitraum (z.B. für einen Monat, eventuell sogar für ein Jahr) im Voraus zu begleichen sind. Der Einwand des Beschwerdeführers führt somit nicht ohne Weiteres zu einer Interpretation von Art. 3 ASFG dahin gehend, dass der Bund alle Kosten zu übernehmen habe, die für einen Sozialhilfebezüger in den ersten drei Monaten nach seiner Rückkehr von der Fürsorgebehörde bezahlt werden. Eine formelle Betrachtungsweise mit der Anknüpfung an das Datum der Zahlung hat nämlich unter Umständen zur Folge, dass der Bund Rückvergütungen leisten muss für Zahlungen, welche den Sozialhilfebedarf für einen weit grösseren Zeitraum abdecken. Mit Blick auf Mieten würde dies konkret bedeuten, dass bei einer Einreise der bedürftigen Person in die Schweiz im Laufe der ersten Woche eines Monats der Bund Wohnkosten für jeweils praktisch vier Monate übernehmen müsste. Dies kann jedoch nicht Sinn und Zweck der zur Diskussion stehenden Norm sein, welche die Kostenvergütung des Bundes ausdrücklich auf "längstens" drei Monate beschränkt. Zudem würde damit ohne hinreichend klare gesetzliche Grundlage und ohne sachlich zwingenden Grund eine systemfremde Ausdehnung der finanziellen Verantwortung des Bundes in den Bereich der grundsätzlich den Kantonen überlassenen Sozialhilfe einhergehen. Eine materielle Betrachtungsweise, welche auf die Kosten für effektive Sozialhilfeleistungen der ersten drei Monate abstellt, steht demgegenüber mit Sinn und Zweck der interessierenden Bestimmung im Einklang.
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