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9. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Ausgleichskasse des Kantons Aargau gegen Ausgleichskasse der Aargauischen Industrie- und Handelskammer (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_883/2012 vom 12. Februar 2013 | |
Regeste |
Art. 64 Abs. 1 und 2 AHVG; Art. 121 Abs. 2 AHVV; Kassenwechsel. | |
Sachverhalt | |
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B. Mit Entscheid vom 21. September 2012 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau ab (Dispositiv-Ziff. 1) und stellte fest, dass die Kantonsspital X. AG mit Wirkung ab 1. Januar 2013 der Ausgleichskasse der AIHK angeschlossen ist (Dispositiv-Ziff. 2).
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C. Die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau hat Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben mit den Rechtsbegehren, der Entscheid vom 21. September 2012 sei aufzuheben und der beantragte Kassenwechsel zu verweigern, eventualiter erst ab dem Jahr nach dem Urteil des Bundesgerichts für zulässig zu erklären; dem Rechtsmittel sei aufschiebende Wirkung zu erteilen.
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Die Ausgleichskasse der AIHK beantragt die Abweisung der Beschwerde und des Gesuchs um aufschiebende Wirkung, soweit darauf einzutreten sei. Bundesverwaltungsgericht und BSV verzichten auf eine Stellungnahme. Die Kantonsspital X. AG hat keine Vernehmlassung eingereicht.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 1 | |
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1.2 Das Gesetz regelt den Wechsel von einer Ausgleichskasse zu einer anderen (Zulässigkeit, Voraussetzungen, Verfahren) nicht. Es ![]() | 7 |
1.3 Der Verordnungsgeber hat daher (in Annahme einer echten Gesetzeslücke; BGE 132 III 707 E. 2 S. 711) eine Regelung getroffen. Dazu war er aufgrund seiner Kompetenz zum Erlass der Vollzugsvorschriften nach Art. 154 Abs. 2 AHVG - in Ausführung des Gesetzes (BGE 136 I 29 E. 3.3 S. 33) - befugt. Der massgebliche Art. 121 AHVV bestimmt, dass ein Wechsel der Ausgleichskasse nur zulässig ist, wenn die Voraussetzungen für den Anschluss an die bisherige Ausgleichskasse dahinfallen (Abs. 1). Der Erwerb der Mitgliedschaft eines Gründerverbandes vermag den Anschluss an die betreffende Verbandsausgleichskasse nicht zu begründen, wenn er ausschliesslich zu diesem Zweck erfolgt ist und kein anderes wesentliches Interesse an der Verbandsmitgliedschaft nachgewiesen wird (Abs. 2).
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Die Rechtsprechung hat Art. 121 Abs. 2 AHVV konkretisiert. Danach ist der Anschluss an eine Verbandsausgleichskasse nur zu verweigern, wenn es objektiv unmöglich ist, ein anderes wesentliches Interesse an der Verbandsmitgliedschaft als die Kassenzugehörigkeit nachzuweisen, wie dies etwa beim Erwerb der Verbandsmitgliedschaft einer fremden Berufsgruppe der Fall sein kann. Objektive Gesichtspunkte lassen sich dabei durch die Berücksichtigung der Interessenlage und der statutenmässigen Zwecksetzung des betreffenden Gründerverbandes gewinnen. Wird ein Arbeitgeber Mitglied des eigenen Berufsverbandes, kann das für einen Kassenwechsel vorausgesetzte wesentliche Interesse als gegeben gelten, sodass für die Anwendung von Art. 121 Abs. 2 AHVV kein Raum bleibt. Eine extensive Auslegung dieser Bestimmung würde die kantonalen Ausgleichskassen gegenüber den Verbandsausgleichskassen bevorzugen, was Art. 64 AHVG nicht zulässt (Urteile des Eidg. ![]() | 9 |
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Diese Argumentation verkennt, dass es von Gesetzes wegen zulässig ist, wenn mehrere Arbeitgeberverbände - gemäss Art. 84 AHVV schweizerische Berufsverbände oder zwischenberufliche Verbände - gemeinsam eine einzige Ausgleichskasse gründen (Art. 53 AHVG). ![]() | 13 |
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Die Statuten der AIHK vom 31. Mai 2001 sehen nicht ausdrücklich vor, dass der Verein sich in irgendeiner Weise politisch betätigt. Zweck ist, für die wirtschaftliche Tätigkeit der Mitglieder im Rahmen ihrer Gesamtverantwortung die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen und zu erhalten, sie in der Erfüllung ihrer Aufgaben als Unternehmer und Arbeitgeber zu unterstützen und das Verständnis für die Wirtschaft in Staat und Gesellschaft sowie bei den Sozialpartnern zu fördern (Art. 1 Abs. 3-5). Gemäss Beschwerdegegnerin fällt darunter auch, die gemeinsamen Interessen im politischen System zu vertreten und sich für optimale Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln einzusetzen. Es kann offenbleiben, inwiefern sich solche Aktivitäten nicht mit der gemeinnützigen Zweckbestimmung der Kantonsspital X. AG (u.a. Sicherstellung einer angemessenen medizinisch-pflegerischen Versorgung der Wohnbevölkerung des Kantons zusammen mit den anderen Listenspitälern; vgl. §§ 1 ff. des aargauischen Spitalgesetzes vom 25. Februar 2003 [SpiG; SAR 331.200]) vereinbaren lassen. Gemäss § 11 Abs. 1 SpiG hält der Kanton mindestens 70 % des Aktienkapitals und der Aktienstimmen der Kantonsspital X. AG. Er hat somit die Möglichkeit, im Gesetz oder auch in den Statuten, politische Aktivitäten des Spitals zu untersagen oder den Beitritt zu einer politisch (zu) aktiven Vereinigung zu verbieten, wenn diesbezüglich mit Interessenkonflikten zu rechnen ist. Das hat er indessen nicht getan, weshalb die Vorbringen der Beschwerdeführerin von vornherein ins Leere stossen. Im Übrigen macht sie nicht geltend, die Mitgliedschaft in der AIHK setze voraus, dass man sich selber aktiv politisch betätige, ![]() | 17 |
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Die Beschwerdegegnerin bringt richtig vor, dass die gemeinnützige Zweckbestimmung die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung nicht nur im Sinne von Art. 32 Abs. 1 KVG, sondern auch im betriebswirtschaftlichen Sinne nicht ausschliesst. Die Beschwerdeführerin erwähnt keine Bestimmung aus dem Spitalgesetz oder den Statuten der Kantonsspital X. AG, der sich etwas anderes entnehmen liesse. Ebenfalls macht sie nicht geltend, Art. 120 Abs. 2 AHVV sei auch auf Fälle wie den vorliegenden anwendbar. Diese Bestimmung lautet wie folgt: Bildet ein kantonaler oder kommunaler Betrieb, der Mitglied eines Gründerverbandes ist, einen Teil der kantonalen oder kommunalen Verwaltung, ohne rechtlich verselbständigt zu sein, so kann der Kanton oder die Gemeinde wählen, ob der Betrieb der kantonalen Ausgleichskasse oder der Verbandsausgleichskasse anzuschliessen ist. Aus dieser Verordnungsvorschrift ergibt sich im Umkehrschluss, dass aufgrund der rechtlichen Verselbständigung der Kantonsspital X. AG im Zuge der am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen neuen Spitalgesetzgebung kein - durch das Organisationssystem bzw. politisch bedingtes (BGE 101 V 22 E. II/3 S. 30) - Wahlrecht des Kantons in Bezug auf die Kassenzugehörigkeit besteht.
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