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32. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Pensionskasse des Bundes PUBLICA gegen B. und viceversa (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_687/2012 / 9C_691/2012 vom 1. Mai 2013 | |
Regeste |
Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz; Art. 39 Abs. 1 und Art. 40 VRAB; Art. 35 Abs. 1 PKBV 1 (in Kraft gestanden bis 30. Juni 2008); Besitzstandsgarantie bei (teilweisem) Kapitalbezug. | |
Sachverhalt | |
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B. Am 20. Juli 2011 liess B. beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern Klage gegen die Publica einreichen mit dem hauptsächlichen Rechtsbegehren, die Beklagte sei zu verpflichten, ihr eine zusätzliche Kapitalauszahlung in der Höhe von Fr. 84'378.20, eventualiter von Fr. 44'385.10 auszurichten und diese mit Wirkung ab dem heutigen Datum mit 5 % zu verzinsen.
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Die Publica beantragte in ihrer Antwort die Abweisung der Klage. Im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels hielten die Parteien an ihren Standpunkten fest.
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Mit Entscheid vom 5. Juli 2012 hiess die Sozialversicherungsrechtliche Abteilung des bernischen Verwaltungsgerichts die Klage teilweise gut. Es wies die Publica an, der Klägerin eine zusätzliche Kapitalabfindung von Fr. 21'285.60 zuzüglich Zins von 3 % vom 5. März 2009 bis 31. Dezember 2011 und von 2,5 % ab 1. Januar 2012 auszurichten. Im Übrigen wies es die Klage ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Publica, der Entscheid vom 5. Juli 2012 sei aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen; eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
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B. (im Verfahren 9C_687/2012) und die Publica (im Verfahren 9C_691/2012) beantragen jeweils die Abweisung der Beschwerde der Gegenpartei. Das kantonale Verwaltungsgericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen haben auf eine Stellungnahme bzw. auf eine Vernehmlassung verzichtet.
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In einer weiteren Eingabe hat sich B. zur Vernehmlassung der Publica geäussert.
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Aus den Erwägungen: | |
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B. gehört der Übergangsgeneration im Sinne von Art. 25 PUBLICA-Gesetz an, was unbestritten ist.
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Erwägung 4 | |
4.1 Die Vorinstanz ist aufgrund des Wortlauts (Anspruch auf "Besitzstandsgarantie" nicht auf "Altersrente") sowie der Materialien (Botschaft vom 23. September 2005 über die Pensionskasse des Bundes [PUBLICA-Gesetz und Änderung des PKB-Gesetzes]; BBl 2005 5829 ff.) zum Ergebnis gelangt, Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz bezwecke die Wahrung des leistungsmässigen Status der Übergangsgeneration und beschränke sich damit nicht auf eine Garantie der altrechtlichen Rente. Die Garantie komme unabhängig davon zum ![]() | 11 |
Das Auslegungsergebnis hat die Vorinstanz rechnerisch wie folgt umgesetzt:
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(1) Nach bisherigem Recht berechnete jährliche Altersrente bei Rücktritt im Alter 62 (62 Jahre und 0 Monate [62/0]): Fr. 56'371.30 (95 % von Fr. 59'317.- [zuzüglich Fr. 20.15 aus dem Ergänzungsplan])
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(2) Altersguthaben im Zeitpunkt der vorzeitigen Pensionierung Ende Februar 2009 im Alter 60/2 (Eintritt Versicherungsfall am 1. März 2009; Urteil 9C_769/2009 vom 9. April 2010 E. 3.2): Fr. 811'879.50
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Berechnung:
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- Reglementarisch mögliches bzw. effektiv vorhandenes Altersguthaben im Alter 60/2 (gemäss Schreiben der Publica vom 7. Oktober 2010, ausgehend vom Altersguthaben von Fr. 720'809.60 am 1. Juli 2008; inkl. Ergänzungsplan): Fr. 754'273.10;
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- Reglementarisch mögliches Altersguthaben im Alter 62/0 am 1. Januar 2011: Fr. 864'275.50;
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- Zur Finanzierung der statisch garantierten altrechtlichen Altersrente im Alter 62/0 benötigtes Altersguthaben: Fr. 925'637.10;
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- Differenzbetrag (Fr. 61'361.60) diskontiert mit technischem Zinssatz 3,5 % auf den Rücktrittszeitpunkt 60/2 (Garantiekapital): Fr. 57'606.40; Altersguthaben im Rücktrittszeitpunkt (Fr. 754'273.10 + Fr. 57'606.40).
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(3) Höhe der Kapitalabfindung bei einer ausbezahlten jährlichen Altersrente von Fr. 30'005.40: Fr. 299'989.50
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Berechnung:
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- Mit dem Altersguthaben im Zeitpunkt der vorzeitigen Pensionierung Ende Februar 2009 von Fr. 811'879.50 finanzierbare (volle) Altersrente (bei einem Umwandlungssatz von 5,861666 % [Anhang 3 VRAB]): Fr. 47'589.65;
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- Einmalig auszubezahlendes Kapital ([(Fr. 47'589.65 - Fr. 30'005.40)/ Fr. 47'589.65] x Fr. 811'879.50).
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4.2 Die Berechnung der Höhe der einmaligen Kapitalabfindung der Publica unterscheidet sich in einem einzigen Punkt von derjenigen der Vorinstanz: In Schritt (3) wird an Stelle des Altersguthabens im ![]() | 24 |
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(1) Garantierte jährliche Altersrente bei Pensionierung im Alter 62/0: Fr. 56'371.30.
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(2) Garantierte jährliche Altersrente bei Rücktritt mit Alter 60/2: Fr. 51'283.85
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(berechnet unter Berücksichtigung der Kürzung wegen vorzeitigem Rücktritt um 4,4 % [Art. 33 Abs. 4 der Verordnung vom 25. April 2001 über die Versicherung im Kernplan der Pensionskasse des Bundes (PKBV 1; AS 2001 2327), in Kraft gestanden bis Ende Juni 2008] und der statischen Besitzstandsgarantie von 95 %).
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(3) Höhe des Kapitalbezugs bei einer ausbezahlten jährlichen Altersrente von Fr. 30'005.40: Fr. 363'081.70
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([Fr. 51'283.85 - Fr. 30'005.40] x 1/0,05861666 [Umwandlungssatz gemäss Anhang 3 VRAB]).
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Für den Fall, dass die versicherungsmathematische Kürzung nach Art. 25 Satz 2 PUBLICA-Gesetz nicht nach dem alten Recht vorzunehmen sei, ist nach Auffassung von B. die vorinstanzliche Berechnung zu modifizieren, sodass sich ein Kapital von Fr. 323'088.61 (ausgegangen von einer garantierten jährlichen Altersrente von Fr. 48'939.45) ergebe.
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Erwägung 5 | |
5.1 PUBLICA-Gesetz, PKBV 1 und VRAB sind öffentlich-rechtliche Erlasse. Deren Bestimmungen, insbesondere Art. 25 PUBLICA-Gesetz, sind somit nach den Regeln der Gesetzesauslegung zu interpretieren (BGE 138 V 98 E. 5.1 S. 102; BGE 133 V 314 E. 4.1 S. 316 mit Hinweisen). Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Deutungen möglich, sind weitere ![]() | 32 |
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5.3 Aus dem Vorstehenden kann indessen nicht gefolgert werden, dass die Besitzstandsgarantie nach Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz nur und so weit gilt, als eine Altersrente bezogen wird, die (altrechtliche) einmalige Kapitalabfindung gemäss Art. 35 Abs. 1 PKBV 1 mithin nicht darunter fällt. Gegenteils widerspräche es dem Grundgedanken der Garantie (Schutz der Erwartungshaltung insbesondere ![]() | 34 |
Schliesslich fehlen Anhaltspunkte, dass die bereits nach bisherigem Recht bestehende Möglichkeit eines Kapitalbezugs (bis höchstens die Hälfte der Altersrente; Art. 35 Abs. 1 PKBV 1) im Rahmen von Art. 25 PUBLICA-Gesetz eingeschränkt werden sollte, wie auch die Vorinstanz festgestellt hat. Nach dem Berechnungsmodell der Publica führt nun aber jeder Kapitalbezug wertmässig zu einer Verschlechterung in dem Sinne, dass das Garantiekapital bei der Ermittlung der garantierten Altersrente, nicht aber bei der Bestimmung der Höhe des Kapitals berücksichtigt wird. Dieses bemisst sich nach dem effektiv vorhandenen Altersguthaben im Zeitpunkt der (vorzeitigen) Pensionierung und kann selbst bei einem Rücktritt im Alter 62 nicht mehr betragen (vorne E. 4.1 und 4.2). Damit werden die Versicherten der Übergangsgeneration in ihrer Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Bezugsform der Altersleistungen (Altersrente, Kapitalabfindung) eingeschränkt, was nicht dem gesetzgeberischen Willen entspricht. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Kosten der Besitzstandsgarantie nach Art. 25 PUBLICA-Gesetz, welche gemäss Satz 3 von der Publica zu tragen sind, ein ständiges Thema im ![]() | 35 |
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Im Weitern verweist die Publica auf Art. 107 VRAB ("Wiederbeschäftigung von Bezügerinnen und Bezügern einer überführten Altersrente") und Art. 108 VRAB ("Garantie nach Artikel 25 PUBLICA-Gesetz"). Indessen vermag sie nicht überzeugend darzutun, inwiefern unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Auslegung von Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz eine (möglichst) rechtsgleiche Behandlung der weiterbeschäftigten Bezüger einer Altersrente und der Personen, welche ein Kapital mit Garantie bezogen haben, soweit ![]() | 37 |
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Erwägung 6 | |
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6.1.3 B. vertritt den Standpunkt, die Kürzung sei nach bisherigem Recht, d.h. nach Massgabe von Art. 33 Abs. 4 PBKV 1 vorzunehmen (offengelassen im Urteil 9C_769/2009 vom 9. April 2010 E. 4.2). Nach dieser Bestimmung wird die Altersrente bzw. der Betrag der erworbenen Altersrente im Zeitpunkt der Pensionierung um 0,2 ![]() | 42 |
6.2 In BGE 139 V 230 hat das Bundesgericht entschieden, dass (auch) die versicherungsmathematische Kürzung des garantierten Anspruchs (von 95 Prozent der nach bisherigem Recht im Alter von 62 Jahren erreichbaren Altersrente) gemäss Art. 25 Satz 2 PUBLICA-Gesetz nach dem bisherigem Recht vorzunehmen ist. Anwendbar ist somit Art. 33 Abs. 4 PBKV 1. Nach dieser bis 30. Juni 2008 in Kraft gestandenen Vorschrift ist die Altersrente bzw. der Betrag der erworbenen Altersrente bei Pensionierung vor dem vollendeten 62. Altersjahr um 0,2 Prozent pro Monat vor Alter 62 zu kürzen. Es kann an dieser Stelle auf die bundesgerichtlichen Ausführungen in BGE 139 V 230 E. 5 verwiesen werden. Es besteht aufgrund der Vorbringen der Parteien kein Anlass zu Ergänzungen oder Präzisierungen.
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