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14. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. B. gegen Unia Arbeitslosenkasse (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
8C_678/2013 vom 31. März 2014 | |
Regeste |
Art. 15 und 23 AVIG; Art. 40b AVIV; versicherter Verdienst von Behinderten. | |
Sachverhalt | |
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B. meldete sich am 7. März 2011 zur Arbeitsvermittlung an und stellte am 4. April 2011 Antrag auf Arbeitslosenentschädigung ab 1. April 2011, wobei er angab, er sei bereit und in der Lage, Vollzeit zu arbeiten. Die Unia Arbeitslosenkasse eröffnete eine Rahmenfrist für den Leistungsbezug vom 1. April 2011 bis 31. März 2013 und richtete in der Folge Taggelder, basierend auf einem versicherten Verdienst von Fr. 5'515.-, aus. Nachdem die SUVA einen Rentenanspruch mit Verfügung vom 7. April 2011 unter Hinweis auf eine Erwerbsunfähigkeit von "maximal 7,89 %" abgelehnt hatte, ![]() | 2 |
B. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 28. Juni 2013).
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C. B. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, die Arbeitslosentaggelder seien gestützt auf einen ungekürzten versicherten Verdienst von Fr. 5'515.- auszurichten. Ferner lässt er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung ersuchen. Dieses Begehren wurde am 9. Januar 2014 wieder zurückgezogen.
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Die Arbeitslosenkasse und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) verzichten auf eine Vernehmlassung.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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3. Als versicherter Verdienst gilt der im Sinne der AHV-Gesetzgebung massgebende Lohn, der während eines Bemessungszeitraumes aus einem oder mehreren Arbeitsverhältnissen normalerweise erzielt wurde; eingeschlossen sind die vertraglich vereinbarten regelmässigen Zulagen, soweit sie nicht Entschädigung für arbeitsbedingte Inkonvenienzen darstellen (Art. 23 Abs. 1 Satz 1 AVIG [SR 837.0]). Bei Versicherten, die unmittelbar vor oder während der Arbeitslosigkeit eine gesundheitsbedingte Beeinträchtigung ihrer Erwerbsfähigkeit erleiden, ist gemäss Art. 40b AVIV (SR 837.02) der Verdienst massgebend, welcher der verbleibenden Erwerbsfähigkeit entspricht. Die ratio legis des Art. 40b AVIV besteht darin, über die Korrektur des versicherten Verdienstes die Koordination zur ![]() | 8 |
Erwägung 4 | |
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Erwägung 5 | |
5.1 Art. 40b AVIV betrifft nicht allein die Leistungskoordination zwischen Arbeitslosen- und Invalidenversicherung, sondern - in allgemeinerer Weise - die Abgrenzung der Zuständigkeit der Arbeitslosenversicherung gegenüber anderen Versicherungsträgern nach Massgabe der Erwerbsfähigkeit. Nach Sinn und Zweck der Verordnungsbestimmung soll die Leistungspflicht der Arbeitslosenversicherung auf einen Umfang beschränkt werden, welcher sich nach der verbleibenden Erwerbsfähigkeit der versicherten Person während der Dauer der Arbeitslosigkeit auszurichten hat. Da die Arbeitslosenversicherung nur für den Lohnausfall einzustehen hat, welcher sich aus der Arbeitslosigkeit ergibt, kann für die Berechnung der Arbeitslosenentschädigung keine Rolle spielen, ob ein anderer Versicherungsträger Invalidenleistungen erbringt (BGE 133 V 524 E. 5.2 S. 527). Durch das Abstellen auf die verbleibende Erwerbsfähigkeit soll verhindert werden, dass die Arbeitslosenentschädigung auf ![]() | 11 |
5.2 Soweit der Versicherte geltend macht, der Begriff der Erwerbsunfähigkeit gemäss Art. 40b AVIV sei nicht im Sinne der Definition in Art. 7 ATSG (SR 830.1), sondern als Arbeitsunfähigkeit in einer Verweistätigkeit zu verstehen, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Unter Erwerbsunfähigkeit nach Art. 40b AVIV ist die als dauernde Erwerbsunfähigkeit umschriebene Invalidität im Sinne des Art. 8 ATSG zu verstehen (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts C 140/05 vom 1. Februar 2006 E. 3.2.2). Die im ATSG enthaltenen Formulierungen der Erwerbsunfähigkeit und der Invalidität entsprechen den bisherigen von der Rechtsprechung dazu entwickelten Begriffen (BGE 130 V 343). Deshalb ist die Behauptung des Beschwerdeführers, Art. 40b AVIV sei schon vor Inkrafttreten des ATSG in Kraft gestanden, weshalb dieses Gesetz für die Auslegung des Begriffs Erwerbsfähigkeit in Art. 40b AVIV nicht massgebend sein könne, nicht stichhaltig. Aus dem Umstand, dass der versicherte Verdienst beim Zusammentreffen von Arbeitslosenentschädigung und Krankentaggeldern nicht verändert wird, lässt sich ebenfalls nichts ableiten, da Art. 40b AVIV nicht die vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, sondern allein die Erwerbs(un)fähigkeit betrifft. Der Versicherte verkennt sodann, dass es im Anwendungsbereich des Art. 40b AVIV nicht um Zweifel über die Vermittlungsfähigkeit geht. Die gesetzliche Vermutung der grundsätzlich gegebenen Vermittlungsfähigkeit von Behinderten (Art. 70 Abs. 2 lit. b ATSG und Art. 15 Abs. 2 AVIG in Verbindung mit Art. 15 Abs. 3 AVIV) führt für die Zeit, in welcher der Anspruch auf Leistungen einer anderen Versicherung abgeklärt wird und somit noch nicht ![]() | 12 |
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Inwieweit zudem mit einer Anpassung des versicherten Verdienstes an die aktuelle Erwerbsfähigkeit im Sinne von Art. 40b AVIV der Integrationsgedanke in der Invaliden- und der Unfallversicherung verletzt sein soll, wie der Versicherte weiter geltend macht, ist nicht nachvollziehbar. Aus dem Hinweis, wonach Betroffene mit einer Senkung des versicherten Verdienstes von ihren berechtigten ALV-Leistungen ausgeschlossen würden, wenn sie sich auf Integrationsmassnahmen der Invaliden- oder Unfallversicherung einliessen ![]() | 14 |
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5.4.1 Art. 18 Abs. 1 UVG sah in seiner ursprünglichen Fassung (ab Inkrafttreten des hier interessierenden Teils des UVG am 1. Januar 1984) keinen Mindestinvaliditätsgrad für den Rentenanspruch vor. Es wurde auch keine "erhebliche" Verminderung der Erwerbsfähigkeit verlangt (AS 1982 1681). Das Eidg. Versicherungsgericht (heute: I. und II. sozialrechtliche Abteilungen des Bundesgerichts) hatte jedoch in seiner früheren Praxis, welche zuletzt in RKUV 1988 S. 230, U 99/86, veröffentlicht wurde (vgl. BGE 122 V 335 E. 4d S. 337), einen Mindestinvaliditätsgrad von 10 % gefordert. In BGE 122 V 335 änderte es diese Rechtsprechung. In der Folge nahm der Gesetzgeber auf die Parlamentarische Initiative von Nationalrat Raggenbass hin die Praxisänderung zum Anlass, den Mindestinvaliditätsgrad von 10 % in Art. 18 Abs. 1 UVG nunmehr gesetzlich ![]() | 16 |
5.4.2 Gemäss der Marginalie zu Art. 40b AVIV soll in dieser Verordnungsbestimmung der versicherte Verdienst von "Behinderten" geregelt werden. Er wird an die verbleibende Erwerbsfähigkeit angepasst. Art. 40b AVIV schreibt zwar für die Notwendigkeit einer Korrektur des versicherten Verdienstes nicht ausdrücklich eine "erhebliche" gesundheitsbedingte Beeinträchtigung vor. Die Gründe, welche gemäss den Befürwortern der Parlamentarischen Initiative Raggenbass Anlass zur Einführung der Erheblichkeitsschwelle für eine Rente der Unfallversicherung führten, sind allerdings auch im Zusammenhang mit dem versicherten Verdienst in der Arbeitslosenversicherung zu berücksichtigen, stellt doch die Korrekturnorm des Art. 40b AVIV auf die verbleibende Erwerbsfähigkeit ab (vgl. dazu E. 5.2 hiervor). Wenn nämlich im Unfallversicherungsbereich davon ausgegangen wird, dass bei einer Einschränkung der ![]() | 17 |
6. Mit Blick auf die in casu von der Unfallversicherung festgestellte Erwerbsunfähigkeit von 8 % erweist sich die mit Einsprache- und vorinstanzlichem Entscheid bestätigte Kürzung des versicherten Verdienstes von Fr. 5'515.- auf Fr. 5'080.- als nicht rechtens. Es muss beim ursprünglich auf Fr. 5'515.- festgesetzten versicherten Verdienst sein Bewenden haben, da dieser der verbleibenden Erwerbsfähigkeit entspricht.
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