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50. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Gemeinde C. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_578/2014 vom 17. Juni 2015 | |
Regeste |
Art. 25a Abs. 5 KVG; Restfinanzierung der Pflegekosten. | |
Sachverhalt | |
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B. Die dagegen von A. erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern mit Entscheid vom 10. Juli 2014 ab.
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C. A. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides beantragen, die Gemeinde C. sei zu verpflichten, ihr Restfinanzierungsbeiträge auszurichten.
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Die Gemeinde C. verzichtet auf Vernehmlassung.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Umstritten ist die Restfinanzierungspflicht der Beschwerdegegnerin für die von der Beschwerdeführerin im Rahmen einer ![]() | 6 |
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2.2 Die Beschwerdeführerin rügt einen Verstoss gegen Art. 25a KVG. Sie habe als Pflegefachfrau auf ärztliche Anordnung hin Leistungen erbracht, welche zum einen viel mehr umfasst hätten als blosse Stillberatung und zum andern die Voraussetzungen von Art. 7 der Verordnung des EDI vom 29. September 1995 über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Krankenpflege-Leistungsverordnung, KLV; SR 832.112.31) vollumfänglich erfüllten. Leistungen bei Mutterschaft seien denjenigen bei Krankheit gleichgestellt und gingen sogar darüber hinaus; für eine von den Krankheitskosten abweichende Finanzierungsordnung fänden sich keine Hinweise. aArt. 64 Abs. 7 KVG regle die von den Krankenkassen zu vergütende Taxe nicht, sondern verbiete den Kassen nur, eine Kostenbeteiligung zu erheben. Dies bedeute aber nicht, dass die Kasse sämtliche Kosten bei Mutterschaft vollumfänglich zu übernehmen habe; eine solche Lösung wäre mit Art. 25a Abs. 5 KVG unvereinbar. Auch gesetzessystematische Überlegungen sprächen für eine Beteiligung der Kantone bei der Finanzierung der Wochenbettpflege. So habe sich der Kanton gemäss Art. 49a KVG an den Kosten von komplikationslosen stationären oder in Geburtshäusern erfolgenden Geburten zu beteiligen, weshalb es systemfremd wäre, wenn dies bei ambulanter Wochenbettpflege nicht gälte. Ziel des ![]() | 8 |
Erwägung 3 | |
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3.2 Das Bundesgericht differenzierte in Anwendung des bis Ende Februar 2014 gültig gewesenen Art. 64 Abs. 7 KVG zwischen Behandlungskosten für Schwangerschaftskomplikationen und Kosten einer normal verlaufenden Schwangerschaft. Nur die erstgenannten qualifizierte es als Krankheitskosten, die einer Kostenbeteiligungspflicht der Versicherten unterlagen (BGE 127 V 268). Seit dem 1. März 2014 sind sämtliche Leistungen nach den Art. 25 und 25a KVG, die ab der 13. Schwangerschaftswoche, während der Niederkunft und bis acht Wochen nach der Niederkunft erbracht werden, gegenüber dem Versicherer von der Kostenbeteiligung befreit (Art. 64 Abs. 7 KVG in der aktuellen Fassung; Art. 104 Abs. 2 lit. c und Art. 105 KVV). Diese Gesetzesänderung spielt hier insofern keine Rolle, als die streitigen Leistungen im Rahmen einer ![]() | 10 |
Erwägung 4 | |
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Erwägung 5 | |
5.1 Die Neuordnung der Pflegefinanzierung löste per 1. Januar 2011 das im Jahr 1998 als zeitlich befristete Massnahme eingeführte System mit Rahmentarifen auf Verordnungsebene ab (vgl. Botschaft vom 16. Februar 2005 zum Bundesgesetz über die Neuordnung der ![]() | 13 |
5.2 Die Neuordnung der Pflegefinanzierung stellt den bis Ende 2010 gültig gewesenen Leistungsumfang nicht in Frage, sondern regelt im dargelegten Sinn (vorangehende E. 5.1) die Aufteilung der Pflegekosten auf verschiedene Kostenträger. Unverändert blieb insbesondere der Begriff der Pflegeleistungen (Art. 25a Abs. 3 KVG; EUGSTER, a.a.O., N. 7 zu Art. 25a). Der Bundesrat übertrug (unter anderem) die Bezeichnung des in Art. 25a Abs. 1 und 4 KVG vorgesehenen Beitrags der Kassen an die von anerkannten Pflegefachpersonen erbrachten Pflegeleistungen in Art. 33 lit. i KVV dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI). Dieses legte die von der sozialen Krankenpflegeversicherung zu übernehmenden Leistungen in Art. 7 KLV und deren Kostenbeiträge für die von Pflegefachleuten ![]() | 14 |
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7.3 Darüber hinaus zählen nach dem klaren Gesetzeswortlaut Leistungen während des Aufenthaltes bei Entbindung in einem Geburtshaus ohne weiteres zu den allgemeinen Leistungen bei Krankheit (Art. 25 Abs. 2 lit. fbis KVG; E. 3.1 hievor). Offensichtlich ging der ![]() | 19 |
7.4 Zu beachten gilt es darüber hinaus Folgendes: Wären die Pflegeleistungen, welche nicht bei Krankheit, sondern im Wochenbett durch als Leistungserbringer anerkannte Pflegefachleute erbracht werden, von der Restfinanzierungspflicht der öffentlichen Hand ausgenommen, hätte dies zur Folge, dass jedenfalls in Kantonen, welche die Kostenbeteiligung der Versicherten nicht zu den ungedeckten Pflegekosten rechnen (wobei auf die diesbezügliche, kantonal unterschiedlich geregelte Praxis hier nicht näher einzugehen ist), lediglich der Beitrag der Sozialversicherung entschädigt würde, der in aller Regel nicht kostendeckend sein dürfte (vgl. vorangehende E. 5). Eine solche Praxis widerspräche klar den Intentionen des Gesetzgebers. Eine nicht kostendeckende Entschädigung der freiberuflichen Pflegefachleute würde einem Versorgungsengpass in der ambulanten Wochenbettbetreuung Vorschub leisten und damit die gesetzgeberisch verfolgte (allgemeine) Strategie "ambulant vor stationär" gefährden. Sodann entspricht es einem - unlängst mit der Neufassung von Art. 64 Abs. 7 KVG erneut bekräftigten - gesetzgeberischen Ziel, Leistungen bei Mutterschaft aus gesellschafts- und sozialpolitischen Gründen auszubauen (vgl. z.B. den in E. 7.1 hievor zitierten Bericht der SGKS [BBl, a.a.O., 2464 Ziff. 4.1]). Die zu befürchtende Abwanderung qualifizierter freiberuflicher Pflegefachleute aus der ambulanten Wochenbettpflege bei einer Unterbezahlung führte aber zu einer entsprechend schlechteren Versorgungslage der ![]() | 20 |
7.5 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Wochenbettpflegeleistungen der Beschwerdeführerin der Restfinanzierungspflicht gemäss Art. 25a Abs. 5 KVG unterliegen. Die Beschwerdegegnerin hat somit für die entsprechenden ungedeckten Kosten aufzukommen (Art. 25a Abs. 5 KVG). Die Beschwerde ist gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Die Sache ist an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit es über die Höhe des offenen Restbetrages befinde.
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