BGE 142 V 12 | |||
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2. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Ausgleichskasse des Kantons Zug gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_347/2015 vom 14. Januar 2016 | |
Regeste |
Art. 9 Abs. 2, Art. 11 Abs. 1 lit. a und g ELG; Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens der nicht invaliden Ehefrau eines AHV-altersrentenberechtigten EL-Ansprechers; Anpassungsfrist. | |
Sachverhalt | |
A. Der 1947 geborene A. bezieht seit 1. Juli 2012 eine AHV-Rente. Im Januar 2014 meldete er sich, nachdem er seine Erwerbstätigkeit Ende 2013 aufgegeben hatte, zum Bezug von Ergänzungsleistungen (EL) an. Mit Verfügung vom 25. März 2014 lehnte die Ausgleichskasse des Kantons Zug einen Anspruch auf EL ab; sie rechnete dabei der Ehefrau des Gesuchstellers, geboren 1961, ein hypothetisches Einkommen an, sodass insgesamt ein Einnahmenüberschuss resultierte. Daran wurde auf Einsprache hin festgehalten (Einspracheentscheid vom 12. September 2014).
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B. Die hiergegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zug insoweit teilweise gut, als es die Verfügung vom 25. März 2014 und den Einspracheentscheid vom 12. September 2014 aufhob und die Sache zum Neuentscheid im Sinne der Erwägungen an die Ausgleichskasse zurückwies. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen (Entscheid vom 16. April 2015 [samt Berichtigung vom 28. April 2015]).
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C. Die Ausgleichskasse führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei der Einspracheentscheid vom 12. September 2014 zu bestätigen.
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Während die Vorinstanz und A. auf Abweisung der Beschwerde schliessen (lassen), verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 3 | |
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3.2 Unter dem Titel des Verzichtseinkommens (Art. 11 Abs. 1 lit. a und g ELG) ist auch ein hypothetisches Einkommen des Ehegatten eines EL-Ansprechers anzurechnen (vgl. Art. 9 Abs. 2 ELG), sofern auf eine zumutbare Erwerbstätigkeit oder deren zumutbare Ausdehnung verzichtet wird (BGE 117 V 287 E. 3b S. 290 ff.; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts P 18/99 vom 22. September 2000 E. 1b, in: AHI 2001 S. 132; vgl. auch RALPH JÖHL, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 1758 f. Rz. 178). Bei der Ermittlung einer allfälligen zumutbaren Erwerbstätigkeit der Ehefrau oder des Ehemannes ist der konkrete Einzelfall unter Anwendung familienrechtlicher Grundsätze (vgl. Art. 163 ZGB) zu berücksichtigen (BGE 117 V 287 E. 3c S. 292). Dementsprechend ist auf das Alter, den Gesundheitszustand, die Sprachkenntnisse, die Ausbildung, die bisherige Tätigkeit, die konkrete Arbeitsmarktlage sowie gegebenenfalls auf die Dauer der Abwesenheit vom Berufsleben abzustellen (BGE 134 V 53 E. 4.1 S. 61; BGE 117 V 287 E. 3a S. 290; Urteile 8C_589/2007 vom 14. April 2008 E. 5.1 und des Eidg. Versicherungsgerichts P 40/03 vom 9. Februar 2005 E. 2, in: SVR 2007 EL Nr. 1 S. 1, sowie P 18/99 vom 22. September 2000 E. 1b, in: AHI 2001 S. 132; je mit weiteren Hinweisen). Ferner ist bei der Festlegung eines hypothetischen Einkommens zu berücksichtigen, dass für die Aufnahme und Ausdehnung der Erwerbstätigkeit eine gewisse Anpassungsperiode erforderlich und nach einer langen Abwesenheit vom Berufsleben die volle Integration in den Arbeitsmarkt in einem gewissen Alter nicht mehr möglich ist. Dem wird im Rahmen der Ergänzungsleistung dadurch Rechnung getragen, dass der betreffenden Person allenfalls eine realistische Übergangsfrist für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder Erhöhung des Arbeitspensums zuzugestehen ist, bevor ein hypothetisches Erwerbseinkommen angerechnet wird (Urteile 9C_265/2015 vom 12. Oktober 2015 E. 3.4.1 und 9C_630/2013 vom 29. September 2014 E. 3 mit Hinweis, in: SZS 2015 S. 61).
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Erwägung 5 | |
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5.2 Unter den Parteien ist zu Recht unbestritten, dass Art. 25 Abs. 4 ELV in Fällen wie dem hier zu beurteilenden nicht zur Anwendung gelangt, auch nicht analogieweise (Urteil 9C_630/2013 vom 29. September 2014 E. 5.1 mit Hinweisen, in: SZS 2015 S. 61). In der WEL wird die Einräumung einer Anpassungsfrist jedoch für zwei weitere Konstellationen ausdrücklich bejaht: Zum einen für den Fall, dass die laufende EL auf Grund der Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens für den nicht invaliden Ehegatten eines invaliden EL-Bezügers reduziert werden muss (Rz. 3482.06 WEL). Eine Übergangszeit von sechs Monaten zur Aufnahme einer nicht qualifizierten, mit Fr. 1'500.- monatlich entschädigten Teilerwerbstätigkeit wurde dabei als grosszügig bemessen betrachtet (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts P 40/03 vom 9. Februar 2005, in: SVR 2007 EL Nr. 1 S. 1). In Rz. 3482.07 WEL hält das BSV ferner fest, dass, falls das Einkommen aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit wesentlich tiefer ausfällt als ein Einkommen, welches die EL-beziehende Person als Arbeitnehmerin zumutbarerweise erzielen könnte, letzteres als Erwerbseinkommen anzurechnen ist. Die Anpassung ist der Person diesfalls anzukündigen und es ist ihr eine Frist von höchstens zwölf Monaten zu gewähren.
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Die Beschwerdeführerin bringt dagegen im Wesentlichen vor, die Rechtsauffassung der Vorinstanz, wonach vorliegend hinsichtlich der als grundsätzlich zumutbar erklärten Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ebenfalls eine Übergangszeit zu beachten sei, treffe nicht zu. Wenn das kantonale Gericht sich auf das Urteil 8C_172/2007 vom 6. Februar 2008 sowie auf die in der WEL erwähnten Fallbeispiele beziehe und die Übergangszeit "per analogiam" auch hier für zur Einhaltung angezeigt erachte, halte dies rechtlich nicht stand. Es sei nicht ersichtlich, weshalb eine Übergangszeit, welche bei laufenden EL im Rahmen einer Revision oder bei Aufforderung, die selbstständige Erwerbstätigkeit aufzugeben, einzuhalten sei, auch gewährt werden solle, wenn bei einer Neuanmeldung grundsätzlich bewusst und ohne Anpassungsgründe auf das Erzielen eines Einkommens verzichtet werde. Gegenstand des Urteils 8C_172/2007 sei nicht die Frage gewesen, ob eine Übergangsfrist zu Recht oder Unrecht eingeräumt worden sei oder nicht. Vielmehr habe das Bundesgericht einzig die Zumutbarkeit der Erwerbsaufnahme der Ehefrau eines invaliden EL-Ansprechers beurteilen müssen. Auch dem im genannten Urteil zitierten Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts P 18/02 vom 9. Juli 2002 lasse sich sodann nichts Genaueres über den zugrunde liegenden Sachverhalt entnehmen. Die übrigen im Urteil 8C_172/2007 in diesem Zusammenhang erwähnten Urteile beträfen ferner Fälle, in welchen laufende EL-Ansprüche revidiert worden seien und auf Grund des Alters der Kinder neu die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch die Ehefrau zu prüfen gewesen sei.
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5.4.1 Der Beschwerdegegner bezieht seit 1. Juli 2012 eine AHV-Altersrente. Er arbeitete in der Folge noch bis Ende 2013 in unselbstständiger Stellung. Hat es sich dabei um ein befristetes Arbeitsverhältnis gehandelt, verfügte die Ehefrau zweifellos über genügend Zeit, sich um eine eigene Tätigkeit zu kümmern. Soweit er aber unbefristet angestellt war, stellt sich die Frage nach der Kündigungsfrist (Art. 335c OR). Je nach deren Länge ist - je nach Integrationsmöglichkeit der Ehefrau in den Arbeitsmarkt - nur, aber immerhin, eine "zusätzliche" Anpassungsfrist zu gewähren (vgl. Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts P 18/99 vom 22. September 2000, in: SVR 2001 EL Nr. 5 S. 13, in welchem Fall es ebenfalls um AHV und EL ging). Der "Stichtag" der Kündigung erweist sich dabei als praktikabler Anknüpfungspunkt. Anders als danach zu fragen, wann der Entschluss zur Erwerbsaufgabe gefasst worden ist, stellt die Kündigung eine in Bezug auf die Absehbarkeit des künftigen EL-Bezugs fixe und nicht manipulierbare und damit objektive Richtgrösse dar.
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Der Vorinstanz ist vor diesem Hintergrund keine zu sanktionierende Bundesrechtsverletzung vorzuwerfen, wenn sie die Angelegenheit an die Beschwerdeführerin zurückgewiesen hat, damit sie die (allenfalls) zu gewährende Anpassungszeit in Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse festsetze. Zu präzisieren ist jedoch, dass die Ausgleichskasse in erster Linie die hiervor genannten Aspekte zu klären und je nach Ergebnis, in einem zweiten Schritt, zusätzlich den kantonalgerichtlichen Vorgaben Rechnung zu tragen haben wird. Anzufügen ist ferner, dass im Falle einer rückwirkenden EL-Zusprechung die realistische Übergangsfrist für die zumutbare Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht erst ab Verfügungserlass zu laufen beginnt, sondern bereits ab allfälligem EL-Anspruchsbeginn (Urteil 9C_630/2013 vom 29. September 2014 E. 5.2, in: SZS 2015 S. 61).
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5.5 Die in der Beschwerde dagegen erhobenen Einwände vermögen keine offensichtliche Unrichtigkeit der diesbezüglichen Feststellung des kantonalen Gerichts zu begründen. Den Argumenten, wonach es der aus Asien stammenden Ehefrau des Beschwerdegegners, welche sich vom 14. Mai 2008 bis 30. November 2010 und hernach wiederum ab 15. Dezember 2011 in der Schweiz aufgehalten hat, zumutbar gewesen wäre, sich hier mit Blick auf die zukünftige Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in sprachlicher und anderweitiger Hinsicht zu assimilieren, wurde im vorinstanzlichen Entscheid bereits durch die Bejahung der generellen Zumutbarkeit der arbeitsmarktlichen Integration Beachtung geschenkt. Dies gilt insbesondere auch bezüglich der Hinweise auf den guten Bildungsstand der Betroffenen, ihre Kenntnisse der englischen Sprache sowie die fehlenden Betreuungs- und Erziehungsaufgaben. Dem Vorwurf, dass die Ehefrau des EL-Ansprechers es trotz verwertbarer erwerblicher Leistungsfähigkeit auch angesichts des sich nach Aufgabe der Erwerbstätigkeit ihres Ehegatten Ende Dezember 2013 abzeichnenden finanziellen Engpasses unterlassen habe, sich um eine Anstellung zu bemühen, und damit der ihr auf Grund der ehelichen Unterhaltspflicht ebenfalls obliegenden Schadenminderungspflicht nur ungenügend nachgekommen sei (vgl. Urteil 9C_630/2013 vom 29. September 2014 E. 5.2 mit weiteren Hinweisen, in: SZS 2015 S. 61), wird die Beschwerdeführerin, wie hiervor aufgezeigt, im Rahmen der Rückweisung nachgehen. (...)
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