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19. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Ausgleichskasse Luzern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_515/2015 vom 1. März 2016 | |
Regeste |
Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG; Abzug von Einlagen in die berufliche Vorsorge bei Selbständigerwerbenden. | |
Sachverhalt | |
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B. Die Beschwerde des A. wies das Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, mit Entscheid vom 17. Juni 2015 ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A. zur Hauptsache, der Entscheid vom 17. Juni 2015 sei aufzuheben und ihm für die Beitragsperiode vom 1. Januar bis 31. Dezember 2009 der hälftige Einkauf in die berufliche Vorsorge als Abzug zu gewähren und ein AHV-pflichtiges Einkommen von Minus Fr. 432'411.- festzusetzen.
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Die Ausgleichskasse Luzern und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) ersuchen um Abweisung der Beschwerde.
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A. hat sich im Rahmen des Replikrechts zu den Vernehmlassungen von Ausgleichskasse und BSV geäussert (Eingabe vom 11. Januar 2016).
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Erwägung 2 | |
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2.2 Nach der Rechtsprechung ist bei Selbständigerwerbenden mit oder ohne Arbeitnehmer ein in den Statuten oder im Reglement der Vorsorgeeinrichtung vorgesehener Einkauf von Beitragsjahren im Rahmen der freiwilligen beruflichen Vorsorge (Art. 4 und 44 BVG) in analoger Anwendung von Art. 66 Abs. 1 BVG im Umfang von maximal 50 Prozent der tatsächlich geleisteten Summe grundsätzlich abzugsfähig. Schranken bilden die Begrenzung für den Einkauf auf die Höhe der reglementarischen Leistungen sowie die Beschränkung des versicherbaren Einkommens der Selbständigerwerbenden auf den zehnfachen oberen Grenzbetrag nach Art. 8 Abs. 1 BVG (84'240 Franken) gemäss Art. 79b und 79c BVG, welche auch im weitergehenden Vorsorgebereich gelten (Art. 49 Abs. 2 Ziff. 24 und 25 BVG), die Grundsätze der Angemessenheit (Art. 1 und 1b der Verordnung ![]() | 9 |
Laut Rz. 1116 der Wegleitung des BSV über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen in der AHV, IV und EO (WSN), in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung, ermitteln die kantonalen Steuerbehörden die nach Art. 79b BVG und dem massgebenden Reglement zulässigen Einkaufssummen und führen diese in der Steuermeldung separat auf. Die Ausgleichskasse zieht die Hälfte der von der Steuerbehörde gemeldeten Einkaufssumme vom Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit ab.
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Erwägung 3 | |
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Ausgehend von diesen nicht bestrittenen Tatsachen hat die Vorinstanz erwogen, es sei augenfällig, dass der Beschwerdeführer hohe Einkäufe in die berufliche Vorsorge kurz vor Erreichen des AHV-Alters im Jahre 2012 vorgenommen habe. Die 2009 einbezahlte Summe von Fr. 1'580'000.- sei selbst im Vergleich mit denjenigen von 2006 und 2007 sehr hoch; sie übersteige das Fünffache des in diesem Jahr erzielten Einkommens, was ungewöhnlich und unüblich sei. Die Leistung sei denn auch nicht mit dem Einkommen finanzierbar gewesen. Es bestehe ein krasses Missverhältnis, indem selbst die Hälfte der Einlage (Fr. 790'000.-) das beitragspflichtige Einkommen ![]() | 12 |
3.2 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG i.V.m. Art. 66 Abs. 1 BVG sowie des Rechtsgleichheitsgebots nach Art. 8 Abs. 1 BV. Er bringt im Wesentlichen vor, die 2009 getätigte Einlage über Fr. 1'580'000.- sei von der Steuerbehörde zum Abzug zugelassen worden. Es seien keine Gründe ersichtlich, weshalb die steuerrechtliche Beurteilung nicht auch für die AHV massgebend sein sollte. Seine Vorsorge sei nicht unangemessen. Das versicherte Einkommen (Fr. 500'000.-) sei nicht höher als das Durchschnittseinkommen. Ein Einkauf könne höher sein als das in diesem Jahr erzielte Einkommen. Würden sämtliche Einkäufe gleichmässig auf die Beitragsjahre verteilt, stünden sie nicht im Missverhältnis mit den jeweiligen Einkünften. Steueroptimierungen seien zulässig und vom Gesetzgeber gewollt. Steuererleichterungen sollten gerade auch Selbständigerwerbende dazu bewegen, in ihre berufliche Vorsorge freiwillig zu investieren, um so ihre Altersvorsorge zu sichern. Die Berechnung der Einkaufsreserve der Vorsorgeeinrichtung sei gesetzes- und reglementskonform. Sämtliche ![]() | 13 |
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Erwägung 4 | |
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Erwägung 4.2 | |
4.2.1 Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kommt sodann dem Zeitpunkt, in welchem die Einkaufssummen geleistet werden, allenfalls wenige Jahre vor Erreichen des AHV-Alters bzw. des vorliegend um fünf Jahre aufgeschobenen Rücktrittsalters, für sich allein genommen keine massgebliche Bedeutung zu, wie sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte des Art. 79b BVG ergibt (vgl. dazu auch JACQUES-ANDRÉ SCHNEIDER, in: BVG und FZG, Schneider/Geiser/Gächter [Hrsg.], 2010, N. 1 ff. zu Art. 79b BVG): Der vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2005 in Kraft gestandene Art. 79a Abs. 2 BVG gestattete den Einkauf in die reglementarischen Leistungen - von einer hier nicht interessierenden Ausnahme abgesehen - höchstens bis zum oberen Grenzbetrag nach Artikel 8 Absatz 1 ![]() | 16 |
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4.2.3 In zeitlicher Hinsicht ist zu beachten, dass mit der Neuordnung des sechsten Teils erster Titel ("Umfang der Leistungen") im Rahmen der 1. BVG-Revision auf Antrag der ständerätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (vgl. AB 2002 S 1052 f.; 2003 N 630) ein neuer Art. 79b Abs. 3 Satz 1 BVG ins Gesetz ![]() | 18 |
Nach den unwidersprochen gebliebenen Vorbringen in der Beschwerde sind in Bezug auf die 2009 getätigte Einlage von Fr. 1'580'000.- die Vorgaben nach Gesetz (Art. 79b und 79c BVG und Art. 60a-d BVV 2) und Vorsorgereglement erfüllt; insbesondere sei die Dreijahresfrist des Art. 79b Abs. 3 Satz 1 BVG eingehalten worden (E. 3.2 vorne).
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4.3 Die vorstehenden Erwägungen zeigen - in erster Linie - die Zulässigkeit des Vorgehens des Beschwerdeführers aus steuerrechtlicher und berufsvorsorgerechtlicher Sicht, insbesondere die Finanzierung der 2009 getätigten Einlage von Fr. 1'580'000.- mit Mitteln, die nicht aus dem laufenden Erwerbseinkommen stammen und dieses übersteigen. Die steuerrechtliche und - daran gekoppelte - berufsvorsorgerechtliche Sichtweise steht jedoch unter dem Vorbehalt der AHV-rechtlichen, welche in Bezug auf den hier interessierenden Abzug gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG die Gleichbehandlung ![]() | 20 |
Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, die Ausgleichskasse habe mit ihrer Praxisänderung den Vertrauensgrundsatz verletzt, so ist weder ersichtlich noch dargetan, dass und inwieweit die Verwaltung effektiv "über Jahre" Sachverhalte, wie ein solcher vorliegend zur Beurteilung ansteht, anders behandelt hat. Allein aufgrund der Tatsache, dass die Ausgleichskasse in den Jahren 2006 und 2007 die Einlagen vollumfänglich zum Abzug zugelassen hatte, konnte keine rechtlich geschützte Position im Sinne eines Anspruchs darauf entstehen, dass auch in Zukunft so verfahren werde (Urteil 9C_583/2009 vom 14. Januar 2010 E. 4). Masslich wird der vorinstanzliche Entscheid - abgesehen von der hier streitigen Abzugshöhe - nicht angefochten. Er verletzt demnach im Ergebnis (Art. 106 Abs. 1 BGG) kein Bundesrecht. (...)
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