BGE 142 V 271 | |||
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30. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Kanton St. Gallen, vertreten durch das Departement des Innern gegen Kanton Zürich, vertreten durch die Sicherheitsdirektion (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
8C_709/2015 vom 17. Juni 2016 | |
Regeste |
Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a ZUG; Art. 3 SuG; § 7 Abs. 3 des Gesetzes des Kantons Zürich vom 1. April 1962 über die Jugendheime und die Pflegekinderfürsorge; § 14 Abs. 1 und § 19 Abs. 1 der Verordnung des Kantons Zürich vom 4. Oktober 1962 über die Jugendheime; Unterstützungsleistungen mit Subventionscharakter. | |
Sachverhalt | |
A. A. ist in B./SG heimatberechtigt und zog mit ihrer Mutter am 4. April 2013 nach C./ZH. Die beiden wurden in der Folge von der Stadt C. mit wirtschaftlicher Sozialhilfe unterstützt. Mit Unterstützungsanzeige vom 17. Mai 2013 machte die Stadt C. Kostenersatz für die vom 4. April 2013 bis 3. April 2015 erbrachten Leistungen gegenüber dem Heimatkanton St. Gallen geltend; das Sozialamt des Kantons Zürich übermittelte diese Anzeige am 28. Mai 2013 dem Kanton St. Gallen.
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Am ... April 2014 gebar A. ihre Tochter. Am 6. Mai 2014 machte die Stadt C. Ersatz der Kosten ab 5. Mai 2014 für die - in den Akten nicht näher ausgewiesene - Platzierung von A. und ihrer Tochter in der Mutter&Kind-Wohngruppe des Zentrums D. von monatlich Fr. 10'950.- abzüglich allfälliger Einnahmen geltend, was mit Nachtragsmeldung vom 23. Mai 2014 dem Kanton St. Gallen weitergeleitet wurde. Dieser erhob dagegen am 19. Juni 2014 vorsorglich Einsprache. Nachdem das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 9. Juli 2014 über einen parallelen Fall entschieden hatte, zeigte der Kanton Zürich dies dem Kanton St. Gallen am 29. Januar 2015 an. Letzterer erhob am 6. März 2015 definitiv Einsprache, welche vom Sozialamt des Kantons Zürich am 15. April 2015 abgewiesen wurde.
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B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 20. August 2015 ab.
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C. Der Kanton St. Gallen führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid, die Verfügung vom 15. April 2015 sowie die Nachtragsmeldung vom 23. Mai 2014 aufzuheben, soweit sie nicht den monatlichen Grundbedarf von Fr. 263.- für A. und von Fr. 153.- für ihre Tochter betreffen würden. Eventualiter seien der vorinstanzliche Entscheid, die Verfügung vom 15. April 2015 sowie die Nachtragsmeldung vom 23. Mai 2014 aufzuheben, soweit sie nicht die mittleren Tagesaufwendungen für Kost und Logis einer Person in einfachen Verhältnissen gemäss Art. 22 der Interkantonalen Vereinbarung für soziale Einrichtungen vom 13. Dezember 2002 (IVSE) betreffen würden.
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Die Vorinstanz schliesst unter Verweis auf ihren Entscheid auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Der Kanton Zürich beantragt die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit darauf einzutreten ist.
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Aus den Erwägungen: | |
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Erwägung 4 | |
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4.2 Der Kanton St. Gallen bestreitet in seiner Beschwerde vor Bundesgericht nicht, dass er grundsätzlich verpflichtet sei, die für A. und ihre Tochter in der fraglichen Zeit anfallenden Sozialhilfekosten zu übernehmen; bei den geltend gemachten Mindestversorgertaxen handle es sich jedoch um nicht ersatzfähige Leistungen nach Art. 3 Abs. 2 lit. a ZUG. Selbst wenn der Subventionscharakter der Mindestversorgertaxen verneint würde, wäre ihre Übernahme in Anwendung der IVSE ausgeschlossen; denn nach Art. 22 IVSE beschränke sich die Rückerstattung von Kosten in interkantonalen Verhältnissen auf Fr. 25.- bis 30.- pro Tag.
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Unter dem Titel C. Staatsbeiträge werden in §§ 7 ff. Jugendheimgesetz die staatlichen Beiträge an die Kosten der anerkannten Jugendheime geregelt (so auch der Entscheid VB.2014.00054 vom 9. Juli 2014 E. 5.3); von Beiträgen, welche Private resp. die Eltern zu leisten haben, ist im Jugendheimgesetz hingegen nicht die Rede. Nach § 7 Abs. 3 Jugendheimgesetz kann die Bildungsdirektion Pauschalen, Höchst- und Mindestbeiträge festsetzen. Nach § 14 Abs. 1 Jugendheimverordnung leistet das Amt für Jugend und Berufsberatung den Jugendheimen Kostenanteile für den Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen mit Wohnsitz im Kanton Zürich bis zum vollendeten 18. Altersjahr. § 7 Abs. 3 Jugendheimgesetz ist gesetzliche Grundlage für § 19 Jugendheimverordnung, wonach die Bildungsdirektion für Aufenthalte gemäss § 14 Abs. 1 und 2 Jugendheimverordnung eine durch die Jugendheime zu erhebende angebotsbezogene Mindestversorgertaxe festlegt; übersteigt diese die von einem Jugendheim budgetierten Kosten, senkt das Amt für Jugend und Berufsberatung die Mindestversorgertaxe. Folglich handelt es sich bei dieser Taxe um einen staatlichen Beitrag an den Heimaufenthalt von Kindern und Jugendlichen nach § 14 Jugendheimverordnung und nicht um einen von den Eltern zu übernehmenden Beitrag (insofern zutreffend die Ausführungen im Sozialhilfe-Behördenhandbuch des Kantons Zürich, Stand Dezember 2010, S. 325).
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Erwägung 6 | |
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6.2 Mit der Vorinstanz ist festzuhalten, dass hier die IVSE nicht anwendbar ist, da kein interkantonaler Sachverhalt im Sinne von Art. 1 IVSE vorliegt. Denn der Wohnkanton der unterstützten A. (Art. 4 lit. d IVSE) und der Standortkanton des Jugendheims (Art. 4 lit. e IVSE) sind identisch. Dass ein interkantonaler Sachverhalt im Sinne des ZUG gegeben ist, reicht für sich allein nicht aus, um die Massgeblichkeit der IVSE zu begründen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nicht alle Kantone der IVSE und erst recht nicht allen Teilbereichen beigetreten sind; der Begriff des Unterstützungskantons wird denn auch in Art. 4 IVSE nicht näher definiert, da im Anwendungsbereich der IVSE stillschweigend vorausgesetzt wird, dass der Wohnsitzkanton auch der Kanton ist, welcher für allfällige Sozialhilfeleistungen aufzukommen hat (vgl. dazu JUDITH WIDMER, Die Finanzierung von Aufenthalten in Kinder- und Jugendheimen [inkl. Schulheimen] im Kanton Zürich, Jusletter 13. Dezember 2010 Rz. 41, wonach die IVSE nicht mit dem Anwendungsbereich des ZUG übereinstimmt). Sachverhalte wie der vorliegende werden künftig denn auch kaum mehr Anlass zu Rechtsstreitigkeiten geben, ist doch die Rückerstattungspflicht der Heimatkantone nach Art. 16 ZUG per 8. April 2017 aufgehoben (vgl. dazu BGE 139 V 433 E. 3.2.1 S. 435).
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Erwägung 7 | |
7.1 Nach Art. 16 Abs. 1 ZUG hat der Heimatkanton dem Wohnkanton die Kosten der Unterstützung, die dieser selber ausgerichtet oder einem Aufenthaltskanton nach Art. 14 ZUG vergütet hat, zu erstatten, sofern die unterstützte Person noch nicht zwei Jahre lang ununterbrochen in einem andern Kanton Wohnsitz hat. Nach Art. 3 Abs. 1 ZUG gelten als Unterstützungen im Sinne des ZUG Geld- und Naturalleistungen eines Gemeinwesens, die nach kantonalem Recht an bedürftige Personen ausgerichtet und nach den Bedürfnissen bemessen wurden. Art. 3 Abs. 2 ZUG enthält einen abschliessenden Negativkatalog von Leistungen, welche nicht der Koordination nach dem ZUG unterliegen (WERNER THOMET, Kommentar zum Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger [ZUG], 2. Aufl. 1994, S. 56 Rz. 78). Dazu gehören etwa Sozialleistungen, auf welche ein Rechtsanspruch besteht und deren Betrag nicht nach behördlichem Ermessen festgesetzt, sondern nach Vorschriften berechnet wird, reglementarisch geordnete Staats- und Gemeindebeiträge an Wohnungs-, Ausbildungs- und Versicherungskosten Minderbemittelter sowie andere Beiträge mit Subventionscharakter (Art. 3 Abs. 2 lit. a ZUG). Weder aus der Botschaft vom 17. November 1976 zu einem Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (BBl 1976 III 1193, 1202 Ziff. 222) noch aus den parlamentarischen Beratungen (AB 1977 S 125 und 338; AB 1977 N 655) ergeben sich nähere Erkenntnisse zur Frage des Subventionscharakters von Beiträgen (vgl. auch Urteil 1P.481/1998 vom 11. März 1999 E. 2d). Nach der Rechtsprechung gehören etwa Heimdefizitbeiträge zu den Subventionen im Sinne von Art. 3 Abs. 2 lit. a ZUG, da diese Beiträge nicht nach dem individuellen Bedürfnis der Heimbewohner, sondern pauschal erbracht werden (Urteil 1P.481/1998 vom 11. März 1999 E. 2d; vgl. auch THOMET, a.a.O., S. 57 Rz. 82). Wie es sich mit den strittigen Mindestversorgertaxen verhält, wurde bis anhin nicht entschieden. Somit ist zu prüfen, ob ihnen Subventionscharakter zukommt.
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Zur Klärung dieser Frage ist demnach auf die Verwendung des Begriffs in anderen Bundesgesetzen Rückgriff zu nehmen. Als erstes bietet sich dazu der grundsätzliche Erlass zu allen in den einzelnen bundesrechtlichen Spezialgesetzen geregelten Finanzhilfen und Abgeltungen, das Bundesgesetz vom 5. Oktober 1990 über Finanzhilfen und Abgeltungen (Subventionsgesetz, SuG; SR 616.1) an (vgl. dazu dessen Art. 1 Zweck). Es enthält keine Legaldefinition der Subvention, umschreibt aber in Art. 3 die Finanzhilfen und Abgeltungen und geht von der Subvention als deren Oberbegriff aus (Urteil 2C_735/2014 vom 7. August 2015 E. 1.2.1; vgl. auch den Subventionsbericht 2008 des Bundesrates vom 30. Mai 2008, BBl 2008 6229, 6241 Ziff. 2.1.1, sowie AUGUST MÄCHLER, Subventionsrecht, in: Verwaltungsrecht, Biaggini/Häner/Saxer/Schott [Hrsg.], 2015, Rz. 21.17; a.M. HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, Rz. 2515, wonach Abgeltungen im Sinne von Art. 3 Abs. 2 SuG nicht unter den Begriff der Subvention fallen würden). Mit Finanzhilfen wird eine im öffentlichen Interesse liegende Tätigkeit gefördert, die ohne Unterstützung nicht in ausreichendem Mass ausgeübt würde; bei Abgeltungen wird demgegenüber eine finanzielle Belastung des Empfängers, der eine staatliche Aufgabe erfüllt, auf ein zumutbares Mass reduziert (MÄCHLER, a.a.O., Rz. 21.1).
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Erwägung 8 | |
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Diese Schlussfolgerung ist bundesrechtswidrig. Denn staatliche Beiträge wie die Mindestversorgertaxe werden, selbst für den Fall, dass sich eine öffentlich-rechtliche Norm als ungenügende gesetzliche Grundlage zur Überwälzung dieser Kosten auf die Gemeinden erweisen sollte, nicht einfach zu Kosten, die dem Bürger (hier den Eltern nach Art. 276 ZGB) auferlegt werden können. Besteht nach kantonalem Recht keine genügende gesetzliche Grundlage für die Zuteilung staatlicher Kosten an ein anderes Gemeinwesen, verbleiben diese vielmehr beim für die Erfüllung dieser Aufgabe zuständigen Kanton (vgl. hier Art. 112 der Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 2005 [SR 131.211]). Demnach hält die Begründung des Entscheids VB.2014.00054 vom 9. Juli 2014 und damit auch jene des Entscheids VB.2015.00294 vom 20. August 2015 vor Bundesrecht nicht stand.
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8.4 Nach dem Gesagten sind die gestützt auf § 7 Abs. 3 Jugendheimgesetz von der Bildungsdirektion festgesetzten Mindestversorgertaxen als Subventionen im Sinne von Art. 3 Abs. 2 lit. a ZUG zu qualifizieren. Der angefochtene Entscheid VB.2015.00294 vom 20. August 2015 verstösst damit gegen Bundesrecht. Folglich ist er aufzuheben, soweit er den Kanton St. Gallen dazu verpflichtet, die Mindestversorgertaxen resp. die geltend gemachten Tagespauschalen für A. und ihre Tochter als ersatzfähige Unterstützungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 ZUG zu übernehmen. (...)
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