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51. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Unia Arbeitslosenkasse (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
8C_765/2015 vom 4. März 2016 | |
Regeste |
Art. 28 Abs. 1, Art. 95 Abs. 1 AVIG in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 ATSG, Art. 95 Abs. 1bis AVIG. | |
Sachverhalt | |
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C. A. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erheben und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei festzustellen, dass keine Rückforderungsschuld bestehe. Eventualiter sei die Sache zu weiteren Abklärungen an die Unia Arbeitslosenkasse zurückzuweisen. Diese sei überdies zu verpflichten, ihm Arbeitslosenentschädigung im Betrag von Fr. 2'733.05 brutto nachzuzahlen. Ferner sei ihm für das kantonale Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 3'229.95 zuzusprechen.
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Die Unia Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) auf eine Stellungnahme verzichtet hat.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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Nach Art. 95 Abs. 1bis AVIG ist eine versicherte Person, die Arbeitslosenentschädigung bezogen hat und später für denselben Zeitraum Renten oder Taggelder der Invalidenversicherung, der beruflichen Vorsorge, aufgrund des Erwerbsersatzgesetzes vom 25. September 1952, der Militärversicherung, der obligatorischen Unfallversicherung, der Krankenversicherung oder gesetzliche Familienzulagen erhält, zur Rückerstattung der in diesem Zeitraum bezogenen Arbeitslosentaggelder verpflichtet. In Abweichung von Art. 25 Abs. 1 ATSG (SR 830.1) beschränkt sich die Rückforderungssumme auf die Höhe ![]() | 7 |
Nach Art. 69 ATSG darf das Zusammentreffen von Leistungen verschiedener Sozialversicherungen nicht zu einer Überentschädigung der berechtigten Person führen. Bei der Berechnung der Überentschädigung werden nur Leistungen gleicher Art und Zweckbestimmung berücksichtigt, die der anspruchsberechtigten Person auf Grund des schädigenden Ereignisses gewährt werden (Abs. 1). Eine Überentschädigung liegt in dem Masse vor, als die gesetzlichen Sozialversicherungsleistungen den wegen des Versicherungsfalls mutmasslich entgangenen Verdienst zuzüglich der durch den Versicherungsfall verursachten Mehrkosten und allfälliger Einkommenseinbussen von Angehörigen übersteigen (Abs. 2). Die Leistungen werden um den Betrag der Überentschädigung gekürzt. Von einer Kürzung ausgeschlossen sind die Renten der AHV und der IV sowie alle Hilflosen- und Integritätsentschädigungen. Bei Kapitalleistungen wird der Rentenwert berücksichtigt (Abs. 3).
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3.1 Nach den vorinstanzlichen Feststellungen bezog der Beschwerdeführer im hier massgeblichen Zeitraum vom 28. Januar bis 30. April 2013 nebst den Taggeldleistungen der Arbeitslosenversicherung in der Höhe von Fr. 4'765.10 ein volles Krankentaggeld gestützt auf einen Kollektiv-Krankentaggeldversicherungsvertrag nach VVG mit der Mobiliar in der Höhe von Fr. 14'459.75 (Fr. 15'718.20 + Fr. 16'000.-/204 Tage x 94 Tage). Die Vorinstanz erwog, das von der Mobiliar geleistete volle Taggeld gelte als Krankenversicherungstaggeld im Sinne von Art. 28 Abs. 2 AVIG. Die Grundlage der von der Mobiliar ausgerichteten Leistungen sei eine durch Versicherungsvertrag abgedeckte Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers, weshalb diese Taggeldleistungen Erwerbsersatz darstellten. Zur Vermeidung einer Überentschädigung seien daher die im gleichen Zeitraum ausgerichteten Krankentaggelder nach Art. 28 Abs. 2 AVIG von der Arbeitslosenentschädigung abzuziehen, weshalb der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung in der fraglichen Zeitspanne habe. Es treffe nicht zu, dass die Rückforderungsbestimmung des Art. 95 Abs. 1bis AVIG nur gegenüber andern Sozialversicherern Anwendung finde. Unter den darin verwendeten Begriff "Krankenversicherung" würden nicht nur ![]() | 10 |
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Erwägung 4 | |
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Erwägung 5 | |
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5.3 Laut Botschaft vom 28. Februar 2001 zu einem revidierten Arbeitslosenversicherungsgesetz (BBl 2001 2245) werde die Arbeitslosenkasse, wenn die Invalidenversicherung (in den Fällen, in welchen die Arbeitslosenversicherung mit Blick auf Art. 15 Abs. 3 AVIV ![]() | 17 |
Von entstehungsgeschichtlicher Warte aus lässt sich daraus entnehmen, dass bei der Einführung von Art. 95 Abs. 1bis AVIG namentlich an die gestützt auf Art. 15 Abs. 3 AVIV bestehende Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung hinsichtlich einer fraglichen Vermittlungsfähigkeit Behinderter und der damit als problematisch und allenfalls als stossend empfundenen Rückforderung von Arbeitslosenentschädigung bei nachträglicher Leistung der Invalidenversicherung gedacht wurde, weshalb die Rückforderungspflicht betragsmässig auf die Höhe der Leistungen der anderen Versicherern begrenzt wurde (vgl. NUSSBAUMER, a.a.O., S. 2294 Rz. 91 und BORIS RUBIN, Commentaire de la loi sur l'assurance-chômage, 2014, N. 31 f. zu Art. 95 Abs. 1bis AVIG). Die Bestimmung ist daher in erster Linie auf Rückforderungen in Zusammenhang mit der Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung nach Art. 15 Abs. 3 AVIV zugeschnitten. Dies schliesst jedoch grundsätzlich nicht aus, dass sich die Arbeitslosenversicherung hierauf auch zur Rückforderung von Taggeldleistungen nach Art. 28 AVIG bei nachträglich geleisteten Krankentaggeldern nach dem VVG stützen kann.
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5.4 Mit der Vorinstanz ist es nicht sachlogisch, dass die Krankentaggeldleistungen eines Versicherers nach dem VVG ebenfalls unter die Bestimmung von Art. 28 Abs. 1 AVIG fallen und von der Arbeitslosenentschädigung abgezogen werden, eine Rückforderung von Arbeitslosentaggeld bei erst nachträglich feststehender Leistungshöhe des Krankenversicherers hingegen nicht zuzulassen. Sinn und Zweck des Art. 95 Abs. 1bis AVIG ist aber primär die betragliche Begrenzung des Rückforderungsanspruchs der Arbeitslosenkasse im Zusammenhang mit ihrer Vorleistungspflicht. Ob die Interpretation unter zweckbezogenem (teleologischem) Blickwinkel damit zum Auslegungsergebnis führt, dass sich der Anwendungsbereich der Norm ![]() | 19 |
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