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60. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. IV-Stelle des Kantons Zürich gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_56/2016 vom 24. Oktober 2016 | |
Regeste |
Art. 28 Abs. 1 lit. b und Art. 29 Abs. 1 IVG; Art. 29bis IVV; Wartezeit bei Neuanmeldung innerhalb von 3 Jahren nach Aufhebung einer Invalidenrente, wenn die rentenbegründende Invalidität wiederum auf dasselbe Leiden wie die frühere Invalidität zurückzuführen ist. | |
Sachverhalt | |
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B. Die hiergegen eingereichte Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich teilweise gut. Es stellte fest, dass der Versicherte vom 1. Juni 2011 bis 31. Mai 2012 sowie vom ![]() | 2 |
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die IV-Stelle, der vorinstanzliche Entscheid sei dahin zu ändern, dass die befristete Invalidenrente statt ab 1. Juni 2011 erst ab 1. Dezember 2011 zuzusprechen sei. Ferner ersucht sie um die Gewährung der aufschiebenden Wirkung.
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A. lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Ferner ersucht er um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Das Bundesamt für Sozialversicherungen lässt sich vernehmen, ohne einen Antrag zu stellen.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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a. ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wiederherstellen, erhalten oder verbessern können;
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b. während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 % arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) gewesen sind; und
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c. nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 % invalid (Art. 8 ATSG) sind.
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Wurde die Rente nach Verminderung des Invaliditätsgrades aufgehoben, erreicht dieser jedoch in den folgenden drei Jahren wegen einer auf dasselbe Leiden zurückzuführenden Arbeitsunfähigkeit erneut ein rentenbegründendes Ausmass, so werden gemäss Art. 29bis IVV (SR 831.201) bei der Berechnung der Wartezeit nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG früher zurückgelegte Zeiten angerechnet.
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Laut Art. 29 Abs. 1 IVG (in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung) entsteht der Rentenanspruch frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Art. 29 Abs. 1 ATSG (SR 830.1), jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt.
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3.2 Ausgangspunkt ist der Umstand, dass das IVG in den Art. 28 Abs. 1 lit. b und Art. 29 Abs. 1 zwei unterschiedliche Arten von Wartezeiten statuiert. Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG betrifft die materielle Seite des Rentenanspruchs, indem für den Beginn der Invalidenrente u.a. eine im Wesentlichen ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit von durchschnittlich mindestens 40 % während eines Jahres vorausgesetzt wird. Es handelt sich somit um eine materielle Anspruchsvoraussetzung für die Rentenberechtigung. Demgegenüber stellt die Frist von sechs Monaten nach Art. 29 Abs. 1 IVG zwar auch eine Anspruchsvoraussetzung dar (vgl. BGE 140 V 470 E. 3.3.1 in fine S. 474), jedoch eine verfahrensmässiger Natur, indem sie an die Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Art. 29 Abs. 1 ATSG anknüpft. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Person, die eine Versicherungsleistung beansprucht, sich beim zuständigen Versicherungsträger in der für die jeweilige Sozialversicherung gültigen Form anzumelden hat. Die Wartezeiten von Art. 28 Abs. 1 lit. b und Art. 29 Abs. 1 IVG haben somit völlig unterschiedliche Funktionen - als materielle Anspruchsvoraussetzung (ein Jahr dauernde Arbeitsunfähigkeit) und als formelle Karenzfrist, die mit Blick auf den frühest möglichen Rentenbeginn einzuhalten ist. Es besteht daher kein Grund, Art. 29bis IVV, der das Wiederaufleben der Invalidität ![]() | 15 |
3.3 Zum gleichen Ergebnis führt die Normenhierarchie. Als lex superior (höherstufige Norm; Urteil 9C_921/2008 vom 23. April 2009 E. 3.3) und lex posterior (neuere Bestimmung; BGE 138 V 2 E. 4.3.1 S. 7; BGE 136 I 149 E. 7.4 S. 157; BGE 135 V 353 E. 5.3.1 S. 357) hat Art. 29 Abs. 1 IVG als Gesetzesbestimmung (in der Fassung vom 6. Oktober 2006 [5. IV-Revision], in Kraft seit 1. Januar 2008) Vorrang vor der älteren, seit 1. Januar 1977 in Kraft stehenden, tieferrangigen Verordnungsbestimmung des Art. 29bis IVV. Soweit das kantonale Gericht dem Beschwerdegegner die Invalidenrente entgegen Art. 29 Abs. 1 IVG bereits ab dem Zeitpunkt der Neuanmeldung (Juni 2011) zugesprochen hat, hat es Bundesrecht verletzt. Die (befristete) Invalidenrente steht dem Versicherten entsprechend den Ausführungen der IV-Stelle erst ab 1. Dezember 2011 zu. (...)
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