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18. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
8C_752/2016 vom 3. Februar 2017 | |
Regeste |
Art. 8 Abs. 1 lit. f, Art. 11, Art. 15 Abs. 1 AVIG; Art. 35b Abs. 1 und 2 ArG; Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 5 Abs. 2 und 4 GIG. |
Die gegenteilige Sicht des kantonalen Gerichts unterstellt den in Frage kommenden Arbeitgebern eine Haltung, die als Anstellungsdiskriminierung ihrerseits in den Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 und 2 GIG fiele und zu Entschädigungsansprüchen in Höhe von bis zu drei Monatslöhnen (Art. 5 Abs. 2 und 4 GIG) führen würde (E. 5.1). | |
Sachverhalt | |
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B. Hiergegen erhob die Versicherte beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Beschwerde. Mit Schreiben vom 22. Juli 2016 stellte dieses eine reformatio in peius in Aussicht und gab ihr Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen oder die Beschwerde zurückzuziehen. Am 1. September 2016 beantragte die Versicherte, die Vorinstanz habe ihren Anspruch mit Ausnahme der sich aus dem 8-wöchigen Arbeitsverbot ergebenden Einschränkung, gutzuheissen. Mit Entscheid vom 3. Oktober 2016 wies die Vorinstanz die Beschwerde ab und änderte den Einspracheentscheid des AWA insofern ab, als es feststellte, die Versicherte sei ab 8. April 2015 vermittlungsfähig, wobei der anrechenbare Arbeitsausfall 50 % einer Vollbeschäftigung entspreche.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei ihre Vermittlungsfähigkeit ab 9. (richtig: 10.) Februar 2015 mit einem anrechenbaren Arbeitsausfall einer Vollbeschäftigung bis 31. Mai 2015 und für Juni im Umfang von 80 % zu bejahen.
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Das AWA, die Vorinstanz und das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichten auf eine Vernehmlassung.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
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Die Vermittlungsfähigkeit beurteilt sich prospektiv, somit aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse, wie sie bis zum Erlass des Einspracheentscheides (hier 15. Oktober 2015) bestanden haben (BGE 129 V 167 E. 1 S. 169; BGE 120 V 385 E. 2 S. 387; Urteil 8C_202/2013 vom 28. Mai 2013 E. 5.2). Die Vermittlungsfähigkeit als Anspruchsvoraussetzung schliesst graduelle Abstufungen aus. Entweder ist die versicherte Person vermittlungsfähig, insbesondere bereit, eine zumutbare Arbeit (im Umfang von mindestens 20 % eines Normalarbeitspensums; vgl. Art. 5 AVIV [SR 837.02]) anzunehmen, oder nicht (BGE 136 V 95 E. 5.1 S. 97).
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Von der Vermittlungsfähigkeit ist der anrechenbare Arbeitsausfall (Art. 11 AVIG) zu unterscheiden. Dieser bestimmt sich grundsätzlich im Vergleich zum letzten Arbeitsverhältnis vor Eintritt der (Teil-) Arbeitslosigkeit (BGE 125 V 51 E. 6c/aa S. 59). Es kommt aber auch darauf an, in welchem zeitlichen Umfang die versicherte Person bereit, berechtigt und in der Lage ist, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen. Arbeitnehmer, die nach dem Verlust ihrer Vollzeitbeschäftigung, aus welchen Gründen auch immer, lediglich noch teilzeitlich erwerbstätig sein wollen oder können, die also zwar bereit sind, eine zumutbare Arbeit anzunehmen, im Unterschied zu vorher jedoch nur noch in reduziertem Umfang, erleiden einen bloss teilweisen Arbeitsausfall. Diesfalls geschieht die Kürzung des Taggeldanspruchs durch eine entsprechende Reduktion des der Entschädigungsbemessung zugrunde zu legenden versicherten Verdienstes (BGE 125 V 51 E. 6c/aa S. 59 f.; Urteil 8C_766/2015 vom 23. Februar 2016 E. 2).
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3. Die Vorinstanz erwog, unbestritten sei, dass die Beschwerdeführerin während des 8-wöchigen Arbeitsverbots nach der Niederkunft ![]() ![]() | 9 |
Erwägung 4 | |
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Es kann offenbleiben, ob die Vorinstanz in dieser Hinsicht Bundesrecht verletzt hat. Denn die von ihr vorgenommene reformatio in peius für den Zeitraum vom 10. Februar bis 7. April 2015 ist ohnehin zu annullieren (vgl. E. 5.2 hiernach).
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Erwägung 5 | |
5.1 Der Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, dass entgegen der Vorinstanz nicht gesagt werden kann, in der Zeit vom 10. Februar bis 7. April 2015 wäre ein potenzieller Arbeitgeber überwiegend wahrscheinlich nicht bereit gewesen, mit ihr einen Arbeitsvertrag für Nachtschicht abzuschliessen, nur weil sie nach Stellenantritt ![]() | 13 |
Der Beschwerdeführerin allein wegen dieses Schutzes und einer darin gründenden Abwehrhaltung der um eine Stelle angegangenen Arbeitgeber die Vermittlungsfähigkeit abzusprechen, geht jedoch nicht an. Zum einen gilt die Personalnachfrage im Pflegebereich als notorisch hoch, weshalb nicht auszuschliessen ist, dass ein Arbeitgeber im vollen Wissen um die im Rahmen des Art. 35b ArG bestehenden Unwägbarkeiten Hand zur Anstellung bieten könnte. Vor allem aber erweist sich als entscheidend, dass die Vorinstanz mit ihrer Sicht den in Frage kommenden Arbeitgebern eine Haltung unterstellt, die als Anstellungsdiskriminierung ihrerseits in den Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG; SR 151.1) fiele und zu Entschädigungsansprüchen in Höhe von bis zu drei Monatslöhnen (vgl. Art. 5 Abs. 2 und 4 GlG) führen würde (vgl. FREIVOGEL, in: Kommentar zum Gleichstellungsgesetz, Kaufmann/Steiger-Sackmann [Hrsg.], 2. Aufl. 2009, N. 22 zu Art. 3 GlG; DUNAND, L'interdiction de la discrimination à l'embauche dans la loi fédérale sur l'égalité [LEg], in: Die Gleichstellung von Frau und Mann in der Arbeitswelt, Dunand/Lempen/Mahon ![]() | 14 |
Erwägung 5.2 | |
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Denn nach dem in E. 5.2.2 hiervor Gesagten ist es weder bundesrechtswidrig noch beruht es auf einer qualifiziert falschen Sachverhaltsfeststellung, wenn das kantonale Gericht für den Zeitraum vom 8. April bis 30. Juni 2015 die vom AWA ermittelte Vermittlungsfähigkeit - auch angesichts der Möglichkeit für Wochenendarbeit - bei einem anrechenbaren Arbeitsausfall von 50 % bestätigte (vgl. E. 3 hiervor). Nichts anderes ergibt sich aufgrund der Aktenlage für die Zeit vom 10. Februar bis 7. April 2015. Die Beschwerdeführerin bringt keine substanziierten Einwände vor, die an diesem Ergebnis etwas zu ändern vermöchten. Soweit sie betreffend die Kinderbetreuung auf ihre Ausführungen in der Einsprache vom 9. Juli 2015 verweist, ist dies unzulässig (BGE 134 II 244; SVR 2016 UV Nr. 42 S. 140 E. 3.2 [8C_405/2016]; Urteil 8C_836/2015 vom 26. Februar 2016 E. 3.2). Somit ist die vorinstanzliche reformatio in peius für die Zeit vom 10. Februar bis 7. April 2015 aufzuheben. Im Übrigen bleibt es beim angefochtenen Entscheid. (...)
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