BGE 144 V 63 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
9. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Sammelstiftung BVG der Allianz Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_133/2017 vom 7. März 2018 | |
Regeste |
Art. 23 lit. a BVG; Art. 28 Abs. 1 lit. b und Art. 28a Abs. 3 IVG; Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge bei Teilerwerbstätigkeit. |
Für den Fall, dass die Invalidenversicherung den Invaliditätsgrad bezogen auf ein Vollzeitpensum ermittelt hat, bietet sich als klarster und einfachster Berechnungsvorgang an, dass die Vorsorgeeinrichtung das von der Invalidenversicherung festgesetzte Valideneinkommen, an das sie grundsätzlich gebunden ist, auf das ausgeübte Teilzeitpensum herunterrechnet und gestützt darauf (sowie auf die übrigen grundsätzlich bindenden Parameter) einen neuerlichen Einkommensvergleich durchführt (E. 6.3.2). | |
Sachverhalt | |
A. Der 1970 geborene A. arbeitete vom 8. September 2005 bis zur Kündigung per 30. April 2011 als Verkäufer in einem Tankstellenshop. In dieser Eigenschaft war er bei der Sammelstiftung BVG der Allianz Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Alianz) berufsvorsorgeversichert. Im August 2011 meldete er sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Basel-Stadt sprach ihm mit Verfügung vom 19. Juni 2013 eine Viertelsrente ab dem 1. April 2012 zu (Invaliditätsgrad 47 %). Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 16. Dezember 2013 gut, hob die angefochtene Verfügung auf und sprach A. eine halbe Rente zu (Invaliditätsgrad 55 %).
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B. Die am 14. April 2016 eingereichte Klage gegen die Allianz wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 24. Oktober 2016 ab.
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C. A. führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, es seien ihm unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids rückwirkend ab dem 1. April 2012 die gesetzlichen und reglementarischen Invalidenleistungen im Rahmen einer Viertelsrente von jährlich Fr. 3'000.- zuzüglich Zins zu 5 % ab Fälligkeit jeder Teilforderung zuzusprechen.
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Während die Allianz und das kantonale Gericht je auf Abweisung der Beschwerde schliessen, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Stellungnahme.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
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Erwägung 4 | |
Erwägung 4.1 | |
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4.2 Der Beschwerdeführer hatte in seiner Klage vom 14. April 2016 vorgebracht, sein Beschäftigungsgrad habe vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit 80 % betragen. Daran hielt er in seiner Beschwerde ans Bundesgericht fest. Auch die Beschwerdegegnerin ging und geht - im Grundsatz - nach wie vor von einer Teilzeittätigkeit vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit aus, stellt jedoch den Umfang in Frage. Die Vorinstanz hat dazu, anders als die Beschwerdegegnerin glauben zu machen versucht, keine Feststellungen getroffen. Der Vorsorgeeinrichtung ist insoweit zuzustimmen, dass den Angaben (Beschäftigungsgrad 80 %) auf dem Vorsorgeausweis per 1. Januar 2011 reiner Informationscharakter zukommt (Urteil 9C_871/2011 vom 7. Mai 2012 E. 4.2) und nicht als direkter Beweis - aber immerhin als Indiz - zu dienen vermögen. Auf jeden Fall gaben beide ehemaligen Arbeitgeber (vgl. Sachverhalt lit. A) als betriebsübliche Arbeitszeit 41 Stunden pro Woche an, wobei aus den Lohnabrechnungen für das Jahr 2011 (Januar bis April) erhellt, dass der Beschwerdeführer im Durchschnitt 138,9 Stunden pro Monat resp. durchschnittlich 34,7 Stunden pro Woche (138,9 : 4) arbeitete, was das behauptete Pensum untermauert (41 x 0,8 = 32,8 Stunden); insbesondere auch wenn von einer 42-Stunden-Woche ausgegangen wird, wofür die Beschwerdegegnerin plädiert (42 x 0,8 = 33,6 Stunden). Dass der Beschwerdeführer in den einzelnen Monaten in zeitlicher Hinsicht sehr unterschiedlich tätig war (im Januar 118 Stunden, im Februar 131 Stunden, im März 137,75 Stunden, im April 169 Stunden) ist im Rahmen der konkreten Beschäftigung an einer Tankstelle mit Shop, die rund ums Jahr von morgens früh bis abends spät geöffnet ist, nicht aussergewöhnlich. So oder anders: Aus prozessrechtlichen Gründen verbietet sich an dieser Stelle eine abschliessende Beurteilung. Bei den Lohnblättern betreffend die Monate Januar bis April 2011 handelt es sich um unzulässige Noven, da sie ohne weitere Begründung erst vor Bundesgericht aufgelegt wurden. Sie haben daher im vorliegenden Verfahren unbeachtlich zu bleiben (vgl. nicht publ. E. 1.2).
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Erwägung 5 | |
5.1 Ein Anspruch auf Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge ist nur gegeben, sofern eine entsprechende Versicherungsdeckung vorhanden ist. Deren Umfang bemisst sich nach dem Beschäftigungsgrad bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, unter Berücksichtigung einer allfälligen vorbestandenen gesundheitlich bedingten Arbeitsunfähigkeit (BGE 141 V 127 E. 5.3.2 S. 134 f.). Die Höhe der konkreten Salarierung spielt diesbezüglich keine Rolle (MARKUS MOSER, Teilzeitarbeitsbedingte Anwendungsprobleme im Leistungsbereich der beruflichen Vorsorge, AJP 2001 S. 1182). Versah die versicherte Person ein Teilzeitpensum, besteht kein Anspruch auf Leistungen, wenn und jedenfalls solange sie trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung im bisherigen Umfang weiterarbeiten kann oder könnte; das Risiko Invalidität hat sich lediglich in dem berufsvorsorgerechtlich nicht versicherten Anteil einer Vollzeitbeschäftigung (100 % - Beschäftigungsgrad) verwirklicht (BGE 141 V 127 E. 5.3.2 S. 135 mit weiteren Hinweisen). Demgemäss lässt sich nicht in jedem Fall folgern, eine Leistung sei bei Eintritt eines Versicherungsfalles nicht geschuldet, wenn der Lohn unverändert weiter fliesst (vgl. BGE 129 V 132 E. 4.3.1 S. 141 f.).
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5.3 Davon zu unterscheiden ist derjenige Sachverhalt, bei dem das von der IV-Stelle festgesetzte (hypothetische) erwerbliche Arbeitspensum nicht mit demjenigen übereinstimmt, das die versicherte Person bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, ausübte. Dieser Sachverhalt liegt dem vorliegenden Fall (vgl. E. 4.1.2 vorne) wie auch dem Urteil 9C_403/2015 vom 23. September 2015 zugrunde. Dort ermittelte die IV-Stelle den Invaliditätsgrad bezogen auf ein Vollzeitpensum (IV-Grad von 50 % [bei verbleibender 50%iger Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit]), während sich die berufsvorsorgerechtliche Deckung resp. das Arbeitspensum bei Eintritt des Gesundheitsschadens auf 75 % belief. Gemäss Bundesgericht ist auch diesfalls nicht die Invalidität im Rahmen einer Vollzeit- resp. Mehrzeitbeschäftigung relevant, sondern die Invalidität im zeitlichen Rahmen der Erwerbstätigkeit, die im massgebenden Zeitpunkt nach Art. 23 lit. a BVG ausgeübt wurde (Urteil 9C_403/2015 E. 5.2). Entsprechend setzte es den Invaliditätsgrad bezogen auf ein Arbeitspensum von 75 % fest, was 33 % (25 : 75 x 100) ergab (a.a.O., E. 5.3).
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Erwägung 6 | |
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Anzufügen ist, dass das neue Modell der gemischten Methode (vgl. Art. 27 bis Abs. 2 bis 4 IVV, in Kraft seit 1. Januar 2018) wohl insoweit eine Änderung mit sich bringt, als das Teilzeit-Valideneinkommen nunmehr auf eine (hypothetische) Vollerwerbstätigkeit hochgerechnet wird (Abs. 3 lit. a). Es ändert indessen nichts daran, dass die berufliche Vorsorge abweichend von Invaliden- und Unfallversicherung konzeptioniert ist. Abgesehen davon, dass die berufliche Vorsorge nur den erwerblichen Bereich umfasst, ist sie - gerade hinsichtlich nachträglicher Pensen- und (regelmässig) damit einhergehenden Lohnänderungen - weit individualistischer ausgestaltet (vgl. Art. 11 BVV 2 sowie Art. 79b BVG und Art. 20 FZG). Sich nicht deckende Invaliditätsgrade und entsprechend unterschiedliche Entwicklungen finden sich auch zwischen der Invaliden- und Unfallversicherung. Im Übrigen sind rechnerische Anpassungen vom Aufwand her vertretbar.
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Erwägung 6.3 | |
6.3.1 Hat die Invalidenversicherung den Invaliditätsgrad bezogen auf ein Vollzeitpensum ermittelt, bieten sich mehrere Möglichkeiten der "Umrechnung" an, womit der erste Kritikpunkt in den Vordergrund rückt. Dazu ist festzuhalten, dass nicht die Wahl des Faktors (Berücksichtigung des [erwerblichen] Invaliditätsgrades gemäss IV oder der Arbeitsunfähigkeit) entscheidend ist. Massgebend ist, dass die in den vorsorgerechtlich versicherten Anteil fallende Grösse dem zeitlichen Moment des ausgeübten Pensums Rechnung trägt: Erzielt eine zu 80 % erwerbstätige Person mit diesem Teilzeitpensum ein jährliches Einkommen von Fr. 80'000.- und ist sie in der bisherigen Tätigkeit noch im Umfange von 40 % arbeitsfähig (verdient also noch Fr. 40'000.-), resultiert nach dem (bis Ende 2017 gültigen) Modell der gemischten Methode ein erwerblicher Invaliditätsgrad von 50 % (die Geldrelation beinhaltet bereits die Zeitrelation). Basiert die IV-Berechnung auf einer (hypothetischen) Vollzeittätigkeit (jährliches Einkommen also Fr. 100'000.-) ergibt sich ein Invaliditätsgrad von 60 %. Davon fallen 20 % in den vorsorglich nicht versicherten und 40 % in den vorsorglich versicherten Anteil (vgl. E. 5.1 vorne). Bezogen auf das effektiv ausgeübte Teilzeitpensum von 80 % (die Zeitrelation ist in der Geldrelation nicht einkalkuliert) ergibt dies einen Invaliditätsgrad von 50 % (40 : 80 x 100). Zu keinem anderen Ergebnis führt das Abstellen auf die verbliebene Arbeitsfähigkeit. (Lediglich) 40 % der Arbeitsunfähigkeit fallen in den versicherten Anteil, was in Bezug auf das 80 %-Pensum einen Invaliditätsgrad von 50 % gibt (40 : 80 x 100). Dass mit dem Urteil 9C_403/2015 (vgl. E. 5.3 vorne) eine Berechnungsgrundlage eingeführt wurde, die verschiedene Resultate zur Folge hat, kann daher nicht gesagt werden. Ebenso wenig kann davon gesprochen werden, dass mit dem Urteil 9C_403/2015 eine Invaliditätsbemessung eingeführt wurde, in der der Teilzeitfaktor doppelt durchschlägt.
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Basiert die Invaliditätsberechnung der Invalidenversicherung trotzdem auf einer (hypothetischen) Vollzeitbeschäftigung, ist gleichermassen wie in E. 6.3.2 beschrieben vorzugehen.
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7. In concreto bedeutet dies, dass das (hypothetische) Valideneinkommen in der Höhe von Fr. 77'108.55, dessen Ermittlung res iudicata darstellt (vgl. E. 4.1.1 vorne), auf das von der Vorinstanz noch festzusetzende Arbeitspensum (vgl. E. 4.2 vorne) herunterzurechnen und der Invaliditätsgrad bezogen darauf, unter Heranziehung des ebenfalls rechtskräftig festgesetzten Invalideneinkommens von Fr. 34'739.-, neu zu bemessen ist. Die Sache ist in diesem Sinne zur neuen Entscheidung an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
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