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20. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Ausgleichskasse Zug (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_377/2017 vom 11. Juni 2018 | |
Regeste |
Art. 29septies Abs. 1 erster Satz AHVG; Art. 52g AHVV; Betreuungsgutschriften. | |
Sachverhalt | |
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B. Die gegen die Verweigerung einer Betreuungsgutschrift vor dem 1. Januar 2016 erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug mit Entscheid vom 30. März 2017 ab.
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C. A. führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag, es seien ihr auch für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2015 Betreuungsgutschriften zuzuerkennen.
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Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
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Aus den Erwägungen: | |
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Betreuungsgutschriften werden immer für ganze Kalenderjahre angerechnet; während des Jahres, in dem der Anspruch entsteht, werden keine Gutschriften angerechnet (Art. 29 septies Abs. 3 lit. c AHVG in Verbindung mit Art. 52f Abs. 1 und Art. 52k AHVV).
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3. Der Wortlaut der genannten Norm ist mit Bezug auf die hier zu beantwortende Rechtsfrage nicht ganz klar, und es sind verschiedene Auslegungen möglich. Auf der einen Seite werden die ![]() | 9 |
Erwägung 4 | |
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4.2 Nach den von Anfang 1997 bis Ende 2011 gültig gewesenen Fassungen von Art. 29 septies Abs. 1 erster Satz AHVG und Art. 52g AHVV mussten die betreuende und die betreute Person für die ![]() | 11 |
4.3 Fälle wie der angeführte und die sowohl in der Literatur als auch von der Praxis gegenüber dem zu engen Abgrenzungskriterium erhobene Kritik (UELI KIESER, Alters- und Hinterlassenenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 1269 Rz. 186; LINUS DERMONT, Erste Erfahrungen mit den Betreuungsgutschriften in der AHV, CHSS 1999 S. 84) führten im Rahmen der AHVG-Revision vom 17. Juni 2011 (Verbesserung der Durchführung) zur Neufassung von Art. 29 septies Abs. 1 erster Satz AHVG und Art. 52g AHVV. In seiner diesbezüglichen Botschaft vom 3. Dezember 2010 hatte der Bundesrat ausgeführt, die Erfahrung zeige, dass das Erfordernis einer praktisch gleichen Wohnadresse der Realität zu wenig Rechnung trage und deshalb den Kreis der Anspruchsberechtigten zu sehr einschränke. Angesichts der heutigen Mobilität sei es möglich, auch etwas weiter weg wohnende Personen intensiv zu betreuen. Betreuungsgutschriften sollten deshalb auch ![]() | 12 |
4.4 Die dargelegte Entstehungsgeschichte der streitigen Norm zeigt, dass es dem Gesetzgeber allein darum ging, das als zu eng erkannte Unterscheidungsmerkmal des Wohnens in unmittelbarer Nachbarschaft durch ein weitläufigeres, nämlich die in örtlicher Hinsicht leichte Erreichbarkeit zu ersetzen. Am Kriterium der mindestens mittelschweren Hilflosigkeit, welche ihrerseits das Ausmass der Pflegebedürftigkeit und gleichzeitig den zu leistenden Betreuungsaufwand definiert (SVR 2005 AHV Nr. 14 S. 45, H 60/02 E. 6.3), wurde nichts geändert. Dies ergibt sich bereits aus der Wortwahl in den Materialien: Während der Gesetzgeber bei Einführung der 10. AHV-Revision von einer "zeitlich aufwendig(en)" Betreuung sprach (AB 1993 N 209), bezeichnete er diese in der hiervor erwähnten Vorlage zur Verbesserung der Durchführung als "intensiv" (BBl 2011 558). Mit Blick auf Sinn und Zweck der streitigen Gutschriften (E. 4.1 hiervor am Anfang) ist diese intensive Betreuung von der Person (oder den Personen [vgl. Art. 52i AHVV]) zu leisten, welche die Anrechnung für sich beansprucht. Durch Gutschriften im Hinblick auf die Rentenermittlung soll die mit der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger verbundene Arbeit auf angemessene Weise Berücksichtigung finden, damit die betreuende Person, welche durch die Übernahme von Pflegeleistungen ihre Erwerbsmöglichkeiten einschränkt, keine Renteneinbusse in Kauf nehmen muss (SVR 2005 AHV Nr. 14 S. 45, H 60/02 E. 6.3 in fine). Mit dieser sich aus den Materialien ergebenden Regelungsabsicht des Gesetzgebers wäre grundsätzlich nicht vereinbar, Betreuungsgutschriften Versicherten zuzuerkennen, deren mindestens in mittlerem Grade hilflose Angehörige in einem Pflegeheim leben. Denn dort werden Pflege und Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner in erster Linie durch das Heimpersonal erbracht, womit eine Beeinträchtigung der Erwerbsmöglichkeiten von Angehörigen entfällt. Eine andere Sichtweise wäre nur in jenen ausgesprochenen Ausnahmefällen einzunehmen, in ![]() | 13 |
Die am Sinn und Zweck (teleologisch) und an der Entstehungsgeschichte (historisch) orientierte Interpretation von Art. 29 septies Abs. 1 erster Satz AHVG zeitigt nach dem Gesagten ein eindeutiges Ergebnis (aus systematischer Warte lässt sich für die Auslegung nichts gewinnen).
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5. Dem BSV ist darin beizupflichten, dass die von der Beschwerdeführerin früher im Pflegeheim ihrer Mutter erbrachte zusätzliche familiäre Hilfestellung wie auch ihre Anwesenheit und Empathie wertvoll war (BARBEN/GURTNER/STOCKER, Care-Arbeit unter Druck, CHSS 2/2016 S. 45). Ein Ausnahmefall in der Art des hiervor erwähnten kann jedoch mit Sicherheit ausgeschlossen werden, weshalb nicht näher auf die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Versäumnisse des Heimpersonals einzugehen ist. Die Ausgleichskasse hat den Anspruch auf Betreuungsgutschriften für den Zeitraum bis Ende Dezember 2015 zu Recht verneint.
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